Nationalbank hat keinen Raum für eine Zinswende
Zürich – In der Schweiz deutet nach wie vor nichts auf ein baldiges Ende der Negativzinsen hin. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat am Donnerstag mit ihren Entscheiden und Prognosen ihren aktuellen Kurs eher noch fester zementiert.
Die Nationalbank agiert bekanntlich seit vielen Jahren – eigentlich seit Beginn der Finanzkrise – mehr oder weniger im Krisenmodus. Vor rund vier Jahren musste sie die Negativzinsen einführen, um den Franken zu schwächen. Weil sie damals den Euro-Mindestkurs nicht mehr halten konnte und aufheben musste, blieb ihr einzig diese Massnahme zur Dämpfung der Frankenaufwertung. Der starke Franken verteuerte Exporte von Schweizer Waren und schwächte damit die gesamte Wirtschaft. Seither hat die SNB Quartal für Quartal ihre Politik bestätigt. Am Donnerstag war es wieder soweit. Der Franken sei nach wie vor hoch bewertet, teilten die Währungshüter mit.
Sie verlangen daher von Banken unverändert 0,75 Prozent Negativzinsen für Sichteinlagen über einem bestimmten Freibetrag. Das Zielband für den Dreimonats-Libor beliess die SNB zwischen -1,25 und -0,25 Prozent. Dies führt unter anderem dazu, dass Sparer kaum Zinsen auf ihre Ersparnisse erhalten. Zudem will die Nationalbank weiterhin bei Bedarf im Devisenmarkt eingreifen. Dies ist der zweite Hauptpfeiler ihrer Politik, den Franken zu schwächen. Zuletzt wurden solche Interventionen aber dem Vernehmen nach kaum mehr getätigt.
Fragezeichen zur Weltwirtschaft
Seit der letzten Lagebeurteilung im September habe sich der Franken handelsgewichtet leicht abgewertet, räumte die SNB zwar ein. Doch für eine Normalisierung der Geldpolitik ist es in ihren Augen zu früh. Denn die Lage am Devisenmarkt bleibe fragil. Insbesondere könnten weltwirtschaftliche Risiken zu «starken und abrupten» Wechselkursbewegungen führen, sagte SNB-Präsident Thomas Jordan vor den Medien.
Jordan erwähnte etwa die politischen Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Brexit und Italien sowie «protektionistische Tendenzen», womit er den Handelsstreit andeutete. «Diese Risiken haben grosses Schadenspotenzial», sagte er mit Blick auf die Entwicklung der Weltwirtschaft.
Weniger Wachstum 2019
Schon im laufenden Jahr würden Unsicherheit und Sonderfaktoren das Wachstum in der Schweiz dämpfen, meinte Jordan. Die SNB senkte deshalb ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr auf «rund 2,5 Prozent». Bislang hatte die Prognose auf «2,5 bis 3,0%» gelautet.
Für 2019 rechnet die Nationalbank mit einem Wachstum von rund 1,5 Prozent. Ähnlich wie im Ausland dürfte sich hierzulande gemäss der SNB die Wirtschaftsdynamik 2019 somit leicht abkühlen. Alles in allem sprechen die Prognosen somit nicht für eine Politikänderung der SNB, welche potenziell zu einem stärkeren Franken führen könnte.
Tiefere Inflation
Hinzu kommt, dass die SNB wegen der Teuerung nicht unter Druck ist, die Zinsen anzuheben. Die Inflationsprognosen für die Schweiz wurden gegenüber September gesenkt. Zum Beispiel geht die SNB für 2019 nur noch von einem Preisanstieg von plus 0,5 Prozent aus. Dies sei unter anderem auf den tieferen Ölpreis zurückzuführen.
Die Inflationserwartungen seien nach wie vor im Bereich der Preisstabilität, resümierten die Währungshüter. Mit anderen Worten: Zinserhöhungen, die als Instrument gegen eine zu hohe Teuerung gelten, drängen sich nicht auf. Preisstabilität gilt laut der SNB bis zu einem Anstieg der Konsumentenpreise von 2 Prozent.
Kein Druck von der EZB
Auch von der europäischen Zentralbank gibt es für die SNB keinen Druck, etwas an ihrer Geldpolitik zu ändern. Diese kündigte am Donnerstagnachmittag an, frühestens nach dem Sommer 2019 die Zinsen anzuheben.
Laut den meisten Experten muss die Schweizerische Notenbank auf Zinsschritte der EZB warten, um selber die Zinswende einzuläuten. Ansonsten droht eine Aufwertung des Frankens. Die meisten Experten erwarten erste Zinsschritte der SNB somit frühestens im Jahr 2020 – zum Teil aber auch erst später. (awp/mc/upd/pg)