Bern – Die Erhaltung der Preisstabilität ist die Hauptaufgabe der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Der neue Direktionspräsident Martin Schlegel betonte dies laut Redetext am Freitag an der Generalversammlung in Bern einmal mehr. Der SNB-Leitzins sei dafür das Hauptinstrument, bei Bedarf seien auch Interventionen am Devisenmarkt möglich.
«Preisstabilität ist der zentrale Beitrag, den die Nationalbank zur Stabilität der Schweiz leisten kann. Das gilt auch im heutigen Umfeld», nahm Schlegel Bezug auf die jüngsten, durch US-Präsident Donald Trump verursachten Turbulenzen durch höhere Zölle. «Die gegenwärtige handelspolitische Situation schafft grosse Unsicherheit für alle betroffenen Länder – auch für die Schweiz.»
Die Unsicherheit betreffe dabei sowohl die konjunkturellen Aussichten als auch die längerfristigen Auswirkungen wie etwa eine mögliche Fragmentierung der Weltwirtschaft. «Als kleine, offene Volkswirtschaft spürt die Schweiz den Protektionismus besonders stark.»
Wichtiger denn je
Die SNB müsse aber auch in Zeiten wie diesen, die von Unsicherheit und Veränderungen geprägt seien, ihren geldpolitischen Auftrag erfüllen. Das heisse, sie müsse Preisstabilität gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung tragen. «Stabile und gute Rahmenbedingungen, zu denen auch die Preisstabilität gehört, sind heute wichtiger denn je», betonte Schlegel.
Preisstabilität sei eine wichtige Voraussetzung für Wachstum und Wohlstand. Sie schaffe Planungssicherheit und erleichtere damit Kauf- und Investitionsentscheide. «Stabile Preise nützen allen, schützen aber besonders einkommensschwächere Haushalte, die Kaufkraftverlusten durch die Inflation am stärksten ausgesetzt sind», sagte Schlegel an seiner ersten Generalversammlung. Er hatte letzten Herbst den langjährigen Präsidenten Thomas Jordan an der Spitze der SNB abgelöst.
Leitzins und Interventionen
Laut Schlegel bildet das geldpolitische Konzept den Rahmen dafür, wie die SNB ihren geldpolitischen Auftrag umsetzt. Es lege unter anderem fest, was die SNB unter Preisstabilität versteht und mit welchen Instrumenten sie für angemessene monetäre Bedingungen und damit für Preisstabilität sorgt. Seit vielen Jahren strebt die SNB auf die mittlere Frist eine Inflation zwischen 0 und 2 Prozent an.
«Dabei ist der SNB-Leitzins unser Hauptinstrument», betonte Schlegel. Änderungen des Leitzinses wirkten sich auf das Zinsniveau und auf den Wechselkurs des Frankens aus, also auf die monetären Bedingungen, die für die Beurteilung entscheidend seien. Bei Bedarf könne die Nationalbank aber auch andere Massnahmen wie Interventionen am Devisenmarkt einsetzen, um die Preisstabilität zu sichern.
Dabei gehe es immer um die Anpassung der monetären Bedingungen. Es gehe also nicht darum, ein bestimmtes Wechselkursziel zu erreichen, sagte er. Die Schweiz habe grundsätzlich flexible Wechselkurse. «Wenn aber Wechselkursbewegungen die monetären Bedingungen so beeinflussen, dass die Preisstabilität gefährdet ist, dann reagieren wir».
Beobachter gehen allerdings davon aus, dass die Nationalbank derzeit wenn immer möglich auf Interventionen am Devisenmarkt verzichtet, obwohl der Franken zuletzt wieder massiv von seinem Status als sicherer Hafen profitiert und zum Dollar innert kurzer Zeit mehrere Rappen zugelegt hat.
Ansonsten läuft die Schweiz nämlich Gefahr, dass sie von der Administration Trump als Währungsmanipulator an den Pranger gestellt wird. Und dies könnte die derzeitigen Verhandlungen der Schweiz mit der US-Regierung um günstige Zollkonditionen erschweren.
Bankratspräsidentin erteilt Idee eines Staatsfonds klare Absage
Bankratspräsidentin Barbara Janom Steiner erklärte an der GV, die Schaffung eines Staatsfonds aus den umfangreichen Devisenreserven der SNB sei keine gute Idee. Ein solcher Fonds würde die Geldpolitik erschweren. Der hohe Jahresgewinn 2024 der SNB habe dazu beigetragen, das Eigenkapital der Nationalbank zu stärken. Die SNB habe die Ausschüttungsreserve auffüllen und die «Hypothek der beiden schlechten Vorjahre» abtragen können. Der Bilanzgewinn habe der SNB auch ermöglicht, eine Dividende auszurichten und einen Gewinn an Bund und Kantone auszuschütten.
Die Bilanzrisiken der SNB aus den Schwankungen am Devisen-, Kapital- und Goldmarkt seien allerdings hoch und seit den US-Zollankündigungen noch unberechenbarer geworden. «Es gibt also keine Garantie für jährliche Ausschüttungen der Nationalbank», mahnte die Bankratspräsidentin. Es liege in der Verantwortung des Bundes und der Kantone, dies bei der Budgetplanung zu berücksichtigen.
Höhere Risiken
Die hohen Devisenreserven hätten immer wieder Ideen beflügelt, einen Staatsfonds zu schaffen, der die Devisenreserven bewirtschafte, erinnerte Janom Steiner. Die SNB stehe dem aber ablehnend gegenüber. Staatsfonds anderer Länder wie etwa Norwegens könnten dabei nicht als Vorbilder für die Schweiz dienen: «Denn sie finanzieren sich fast ausschliesslich durch Rohstoffeinnahmen oder Fiskalüberschüsse.»
Devisenreserven stellten dagegen keine realen Ersparnisse dar, sondern seien Ergebnis der Geldpolitik. Wenn es die Geldpolitik erfordere, müssten die Devisenreserven aber auch abgebaut werden können, sagte Janom Steiner. Dazu benötige die Nationalbank vollen Zugriff. «Ein Entzug der Devisenreserven wäre per se schon ein Eingriff in die Unabhängigkeit der SNB», so die Bankratspräsidentin.
Eine höhere Rendite, wie sich dies die Befürworter erhofften, könnte ein Staatsfonds zudem nur durch eine das Eingehen höherer Risiken erzielen. «Das bedeutet allerdings auch, dass die Gewinnschwankungen noch grösser wären als bisher bei der Nationalbank.» Die erhoffte höhere Rendite ginge deshalb mit höheren Risiken für den Staat und damit für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler einher. (awp/mc/pg)