SNB-Chef Thomas Jordan tritt nach zwölf Jahren ab
Zürich – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) muss einen neuen Chef oder eine neue Chefin suchen. Der langjährige Direktoriumspräsidenten Thomas Jordan tritt per Ende September 2024 von seinem Posten zurück.
«Nach der Bewältigung der verschiedenen Herausforderungen der letzten Jahre ist nun der richtige Zeitpunkt von meinem Amt zurückzutreten», sagte Jordan am Freitag vor den Medien. So sei die Wiederherstellung der Preisstabilität und der Finanzstabilität gelungen.
Kein Grund für den Rücktritt sei seine Gesundheit, sagte Jordan auf entsprechende Fragen: Es gehe ihm gesundheitlich gut. Im Sommer 2021 hatte sich der SNB-Direktoriumspräsident einer Herzoperation unterziehen müssen.
Krise um Krise
Jordan ist seit 1997 bei der SNB tätig. 2012 übernahm der damalige Vizepräsident die Führung der Nationalbank vom zurücktretenden Philipp Hildebrand. Eigentlich habe es in seiner Amtszeit keine ruhige Phase gegeben, bilanzierte Jordan am Freitag: «Eine Krise hat die nächste abgelöst».
Für einen Paukenschlag sorgte Jordan etwa 2015, als die SNB den noch unter seinem Vorgänger eingeführten Mindestkurs zum Euro wieder aufhob: Man habe die Euro-Untergrenze solange verteidigt, wie das Sinn gemacht habe, sage der SNB-Chef im Rückblick. Erneut an vorderster Front stand die Nationalbank dann im Corona-Lockdown mit milliardenschweren Hilfspaketen.
Nachdem die Inflation nach dem Ende der Corona-Pandemie weltweit stark anzog, sei es der Nationalbank gelungen, diese wieder zurückzuführen, sagte Jordan weiter. In der CS-Krise, die sich ab dem Herbst 2022 akzentuierte, habe die SNB in Zusammenarbeit mit dem Bund und der Finanzmarktaufsicht Finma eine Finanzkrise abwenden können.
Mandatfremde Forderungen
Im Zusammenhang mit der Krise der Credit Suisse seien allerdings auch Forderungen an die SNB laut geworden, die das Mandat gar nicht zuliessen, sagte Jordan. Er verwies etwa auf Forderungen, wonach die Nationalbank der CS im Stil des berühmten «whatever it takes» des früheren EZB-Chefs Mario Draghi unbegrenzte Unterstützung hätte zusagen müssen. Die SNB habe nicht diese Rolle und es wäre «irreführend» gewesen, dies zu behaupten, betonte er.
Insgesamt sprach der abtretende SNB-Chef der Schweizer Bevölkerung und der Politik aber ein Lob aus. Die Unabhängigkeit der SNB werde insgesamt gut unterstützt. Er sei zuversichtlich, dass das Land keine «Experimente» mit der SNB wünsche, betonte er.
Pläne für die Zeit nach seinem Rücktritt habe er keine, sagte der 61-jährige weiter. Er werde nun noch sein Mandat mit vollem Einsatz zu Ende führen.
Spekulationen um Nachfolge
Zur Frage der Nachfolge gab es am Freitag noch keine Antworten. Der Bankrat und das Direktorium bedauerten in einer Medienmitteilung den Entscheid Jordans. Er selbst hielt sich diesbezüglich auch bedeckt: «Diese Entscheidung liegt nicht an mir», so Jordan.
Unter SNB-Beobachtern wurde am Freitag bereits heftig spekuliert. Favorit ist wohl Vizepräsident Martin Schlegel, der dem SNB-Direktorium seit 2022 angehört und als Intimus von Jordan gilt. Das dritte Mitglied des Dreiergremiums, Antoine Martin, war hingegen erst im September 2023 in das SNB-Direktoriums berufen worden und hat erst Anfang 2024 in seinen Amt begonnen.
Einige Beobachter können sich aber auch eine externe Lösung vorstellen, nicht zuletzt im Hinblick auf die noch relativ kurze Amtszeit von Schlegel. So könnte der Bundesrat einen «erfahrenen Banker» an die SNB-Spitze berufen, regte etwa EFG-Ökonom Stefan Gerlach an, der auch Mitglied des SNB-Observatory ist. Klar ist für Karsten Junius von der Bank J. Safra Sarasin: Für den Nachfolger werde es in jedem Fall nicht einfach, in so grosse Fussstapfen zu treten. (awp/mc/pg)