SNB-Direktor: «CS-Lösung war Beste unter verschiedenen schlechten»
Zürich – Eine Verstaatlichung der Credit Suisse (CS) hätte im Urteil der Schweizerischen Nationalbank (SNB) keine Vorteile gebracht. «Der Bundesrat, die Finma und die SNB prüften in den vergangenen Monaten alle möglichen Lösungen», sagte SNB-Vizepräsident Martin Schlegel am Donnerstag in einem Interview mit der «NZZ».
Da sich nicht abgezeichnet habe, dass die Credit Suisse den Turnaround aus eigener Kraft schaffe, musste laut Schlegel «die zu diesem Zeitpunkt beste Lösung unter verschiedenen schlechten Lösungen gewählt werden.» Dabei habe sich gezeigt, dass eine temporäre Verstaatlichung nachteiliger gewesen wäre als ein Verkauf an die UBS.
«Die Risiken für den Steuerzahler und die Schweiz wären in den Augen der Regierung deutlich grösser gewesen», sagte Schlegel.
Lösung bis zum Wochenende gefragt
Dass die Lage sehr kritisch gewesen sei, hat sich laut Schlegel am vorletzten Mittwochabend gezeigt. «Es brauchte eine Lösung bis zum Wochenende, sonst wären die Risiken zu gross geworden für das internationale Finanzsystem und die Schweiz.»
Mit der Gewährung ausserordentlicher Liquiditätshilfe ohne entsprechende Sicherheiten sei die SNB «tatsächlich an ihre Grenzen gegangen», räumte Schlegel ein, der gleichzeitig auf den grösseren Kontext hinweist: «Am vorletzten Mittwoch zeichnete sich ab, dass die CS in Liquiditätsschwierigkeiten geraten würde. Ohne Bereitschaft der SNB, ELA-Plus-Hilfe zu gewähren, wäre es zu einem Zusammenbruch der CS gekommen. Wir brauchten genügend Feuerkraft, um es bis ins Wochenende zu schaffen.»
Auf die Frage, ob die Behörden zu spät reagiert hätten, antwortete er: «Die Behörden waren bereits lange aktiv. Schon meine erste Sitzung als SNB-Vizepräsident im August 2022 drehte sich um die CS. Doch es war ein zeitlicher Balanceakt.» Denn einerseits dürfe der Staat nicht in ein Unternehmen eingreifen, das noch funktioniere, andererseits dürfe man nicht so lange zuwarten, bis Massnahmen nichts mehr brächten.
Aus Schlegels Sicht ist dieser Balanceakt gelungen, denn ein Verkauf an die UBS sei noch möglich gewesen und die Lage habe damit beruhigt werden können.
«Wir kaufen keine Bank»
Vorschlägen wie etwa jenem des früheren UBS- und CS-Chefs Oswald Grübel, die SNB hätte die Aktien der CS kaufen und einen valablen CEO einsetzen können, erteilte Schlegel eine Absage. «Es ist nicht vorgesehen, dass eine Zentralbank eine Bank kauft. Wir sind die Bank der Banken. Wenn wir eine Bank übernähmen, ergäben sich unüberwindbare Interessenkonflikte.»
Schlegel sieht durch die Geschehnisse auch die Unabhängigkeit der SNB nicht in Frage gestellt. «Wir haben keine Weisungen vom Bund entgegengenommen. Die SNB hat ihre Rolle im Rahmen des Mandats wahrgenommen.»
Hinsichtlich der faktischen Staatsgarantie für die neue UBS und möglichen Fehlanreizen, erklärte Schlegel: «Es ist zentral, dass die Regulierung dafür sorgt, dass die neue Bank sämtliche Vorgaben tadellos einhält. (awp/mc/ps)