SNB dürfte laut Analysten Negativzinspolitik kommende Woche beenden

SNB dürfte laut Analysten Negativzinspolitik kommende Woche beenden
Sitz der Schweizerischen Nationalbank in Zürich. (Foto: SNB)

Zürich – Weltweit erreicht die Inflation neue Höchststände. Dies hat letzte Woche die Europäische Zentralbank (EZB) dazu veranlasst, ihr zögerliches Verhalten abzulegen und die Leitzinsen kräftig zu erhöhen. Dies gibt nun auch der Schweizerischen Nationalbank (SNB) mehr Spielraum für höhere Zinsen. Doch bis diese bei den Sparkonten ankommen, dürfte noch einige Zeit vergehen.

Die lange Phase negativer Leitzinsen der SNB dürfte nach Ansicht von Analysten in der kommenden Woche Geschichte sein. Die SNB wird nämlich an der Lagebeurteilung am 22. September zu positiven Leitzinsen zurückkehren, sind sich Ökonomen sicher. Im Juni hatte die SNB erstmals seit 2007 die Leitzinsen angehoben, nämlich um 50 BP auf noch -0,25 Prozent. Erwartet wird nun ein weiterer Zinsschritt von 50 bis 75 Basispunkten (BP).

Möglich wird dies nicht zuletzt dank der EZB. Diese hatte im Juli erstmals seit Jahren den Leitzins um 50 BP erhöht und vergangene Woche mit weiteren 75 BP nachgedoppelt. Da die EZB zudem ihre Inflationsprognosen deutlich erhöht hat, dürfte es in den kommenden Monaten zu weiteren aggressiven Zinsanhebungen kommen, schreibt UBS-Ökonom Alessandro Bee in einer kürzlich veröffentlichten Studie.

SNB dürfte Spielraum nützen
Die Zinserhöhung der EZB verschaffe nun der SNB weiteren Spielraum, auf die steigende Schweizer Inflationsrate zu reagieren, heisst es bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Mit aktuell 3,5 Prozent Inflation sei der Handlungsbedarf allerdings bei weitem nicht so akut wie in der Eurozone. Dort sind die Preise im August um 9,1 Prozent gestiegen.

Die ZKB geht davon aus, dass die SNB in den nächsten Monaten ihre Geldpolitik «der ruhigen Hand» fortführen wird und rechnet mit einer Zinserhöhung am 22. September um 50 BP. Die ZKB geht neu aber davon aus, dass die SNB im Dezember mit weiteren 50 BP nachdoppelt. Bisher erwartete die ZKB 25 BP.

Es sei im September sogar ein Schritt von 0,75 Prozentpunkten möglich, meint derweil UBS-Ökonom Bee. Denn wegen der hohen Inflationsdifferenz zwischen der Eurozone und der Schweiz sei der Franken kaum mehr überbewertet. Die SNB sieht im starken Franken eine wirksame Massnahme im Kampf gegen die hohe Inflation.

Zinspause im Frühling
Während die ZKB bis im Frühling einen SNB-Leitzins von 1,0 Prozent erwartet, sieht die UBS den Satz bei 1,25 Prozent. Dann aber erwarten UBS und ZKB wie in der Eurozone auch eine Zinspause in der Schweiz. Bis dahin sollte die SNB die Inflationsrisiken auch massgebend gemindert haben, so Bee.

Weniger konkret ist Thomas Stucki, CIO der St. Galler Kantonalbank. Der Schritt der EZB habe Erwartungen geweckt, dass sich die SNB in zwei Wochen auch nicht lumpen lasse. Eine Zinserhöhung von 50 BP scheine gegeben, auf eine solche von 75 BP oder gar einem Prozentpunkt werde spekuliert.

Da SNB werde den Leitzins bis im nächsten Sommer zügig in den Bereich von 1,5 Prozent erhöhen, meint auch Stucki. «Wie hoch die einzelnen Zinsschritte auf diesem Weg ausfallen, ist dabei nicht so wichtig.» Dadurch sollte die Inflation mittelfristig wieder unter die Marke von 2 Prozent sinken. Neben Basiseffekten dürften ihr dabei auch die globale Abschwächung der Konjunktur und der damit verbundene Rückgang der Nachfrage von Gütern und Dienstleistungen helfen, so der Ökonom.

Trotz höherer Leitzinsen müssen sich Sparer noch gedulden
Doch auch wenn die Leitzinsen nun demnächst wieder im positiven Bereich stehen, bis dies auch bei den Sparern angekommen ist, dürfte noch einige Zeit ins Land ziehen. Das Potenzial für höhere Zinsen auf dem Bankkonto sei gering, sagt Bee. Ein rascher Anstieg der Zinsen auf Einlageguthaben sei nicht zu erwarten. Während der letzten beiden Zyklen habe eine Anhebung der Leitzinsen um 2,5 Prozentpunkte zu einer Erhöhung der Sparzinsen um lediglich 0,5 Prozentpunkte geführt.

Zudem seien seit der Finanzkrise zusätzlich neue Liquiditätsvorschriften und schärfere Eigenmittelanforderungen hinzugekommen, die die Kosten für die Banken erhöhten. «Deshalb dürfte auch eine allfällige Verzinsung von Kontoprodukten für Unternehmen und institutionelle Anleger nicht so rasch zu erwarten sein», sagt Bee voraus. (awp/mc/pg)

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