Zürich – Aus der Not hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Produzentin für Sicherheitspapier Landqart AG übernommen. Ohne diesen Deal, der die SNB 25 bis 35 Mio CHF kostet, wäre die Herausgabe der neuen Schweizer Banknotenserie gefährdet gewesen.
Nach Möglichkeit werde die SNB die Landqart AG später wieder verkaufen, sagte SNB-Präsident Thomas Jordan am Donnerstag vor den Medien. Doch angesichts der drohenden Liquidation sei die Mehrheitsbeteiligung derzeit die beste Lösung.
Im Oktober habe Landqart die SNB informiert, dass ein internationaler Kunde einen Grossauftrag überraschend storniert habe. Dadurch brach der Umsatz von Landqart im vierten Quartal 16% ein. Nächstes Jahr sollen es gar 30% sein.
Landqart sei auf einen Liquiditätsengpass zugesteuert, der die Produktion der Banknoten unterbrochen hätte, so Jordan weiter. Grund für die Abhängigkeit von Landqart sei ihre Durasafe-Technologie und entsprechende Produktionskapazitäten, über die sie als einziges Unternehmen verfüge. Die neuen hohen Sicherheitsstandards der neunten Banknotenserie basieren auf dem Durasafe-Substrat.
Déjà-vue Orell-Füssli-Beteiligung
Vor diesem Hintergrund erwarb die SNB 90% der Aktien der Landqart. Die auf Sicherheitsdruck und Buchhandel ausgerichtete Firma Orell Füssli (OF) kauft die übrigen 10%. Die Bündner Firma gehörte seit 2006 einer Tochtergesellschaft der kanadischen Fortress Paper.
Die Verbindungen zwischen den beiden neuen Besitzern und Landqart sind eng: Die Sicherheitssparte von Orell Füssli verantwortet den Druck der Banknotenserie – sie ist also Kundin von Landqart und Lieferantin der SNB. Die SNB hält ausserdem einen Drittel am Zürcher Traditionsunternehmen.
Auch diese SNB-Beteiligung erfolgte ursprünglich, weil Orell Füssli finanzielle Probleme hatte und die Nationalbank die heimische Banknotenherstellung sichern wollte.
Die Übernahme von Landqart kostet insgesamt 21,5 Mio CHF. Für die «benötigte Liquidität», die die SNB der Landqart zudem zahlen will, wendet die SNB weitere 5 bis 15 Mio auf, wie Jordan ausführte. «Mit dem jetzigen Schritt bleibt die Bargeldversorgung sichergestellt und damit die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags der SNB gewährleistet», sagte der Nationalbank-Präsident.
«Kein Interessenkonflikt»
Eine Restrukturierung von Landqart mit ihren 260 Mitarbeitern sei trotzdem notwendig. Auch an der ab Dezember eingeführten Kurzarbeit, die für drei bis vier Monate vorgesehen war, wird vorerst festgehalten. Ob es zu Entlassungen kommt, wusste Jordan nicht. Vorerst werde das Geschäftsmodell analysiert. Das Management bleibe im Amt.
Zu gleichen Anteilen übernommen wurde auch die Besitzerin der Patente, die landqart management services. Die neuen Eigentümer würden alles dran setzen, neue Aufträge zu generieren, heisst es.
Neben dem Substrat für die Schweizer Banknoten stellt Landqart auch Sicherheitspapier für zehn Euroländer her. Ebenso ist der marokkanische 25-Dirham-Schein die erste Geldnote auf Basis des Durasafe-Papiers von Landqart.
Dass die SNB nun eine Lieferantin von anderen Nationalbanken besitzt, findet Jordan nicht problematisch. «Ich sehe keinen Interessenkonflikt und wir möchten, dass die Landqart weiterhin als eigenständig gilt.»
Schadenersatzklage
Die SNB stellt neu zwei Verwaltungsräte der Landqart AG, Orell Füssli einen und der vierte bleibt der Konzernchef. Die SNB konnten den Namen des fehlbaren Grosskunden nicht nennen. Auf die Frage, ob dieser auf Schadenersatz verklagt werde, sagte Jordan einzig, der Verwaltungsrat wolle alle seine Pflichten wahrnehmen.
Ein Spezialpolymer für den Kern der neuen Banknoten wird übrigens von der EMS-Gruppe geliefert. Von der neuen Serie kamen dieses Jahr die 10-er, 20-er und 50-er Note auf den Markt. Die Aktien der Orell Füssli Holding gewannen bis am Donnerstagnachmittag an Wert. (awp/mc/ps)