SNB greift im Kampf gegen Flucht in den Franken zu Negativzinsen

SNB greift im Kampf gegen Flucht in den Franken zu Negativzinsen

SNB-Direktoriumspräsident Thomas Jordan. (Bild: Monika Flückiger / swiss-image.ch)

Bern / Zürich – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) greift zur Verteidigung der Euro-Untergrenze von 1,20 CHF zum Instrument der Negativzinsen. Damit werden die Schweizer Banken künftig mit einem Satz von -0,25% belastet, wenn sie auf ihrem SNB-Girokonto Geld halten – wobei die Nationalbank dabei zunächst dosiert vorgeht. Kurz nach der Ankündigung am Donnerstagmorgen ist der EUR/CHF-Kurs um fast einen Rappen in Richtung 1,21 CHF gestiegen, wenige Stunden später ist aber ein Teil des Effektes bereits wieder verpufft.

SNB-Präsident Thomas Jordan begründete die neue Massnahme mit der jüngsten Erstarkung des Frankens, der im Umfeld der Turbulenzen mit der Talfahrt der Ölpreise und der Krise in Russland verstärkt als «sicherer Hafen» gesucht war. Dabei hatte die Nationalbank in den letzten Tagen auch am Devisenmarkt intervenieren müssen, wie der SNB-Präsident bestätigte. Nun werde damit die Attraktivität von Frankenanlagen zu denjenigen in Euro geschwächt.

Freibetrag
Der Negativzins von -0,25% gilt ab dem 22. Januar 2015, wobei Jordan einen Zusammenhang mit der auf dieses Datum angesetzten EZB-Sitzung in Abrede stellte. Umgesetzt wird die Massnahme vorerst zudem nur auf einem kleinen Teil der SNB-Giroguthaben: Der von den Negativzinsen ausgenommene Freibetrag für Geschäftsbanken beträgt das 20-fache ihres Mindestreserve-Solls. Insgesamt hielten die Banken heute Giroguthaben bei der SNB, die dem 24- bis 25-fachen des Mindestreserve-Solls entsprächen, sagte Jordan. «Es gibt Banken, die bereits heute unter der Freigrenze sind und solche, die darüber sind.» Inhabern von Giroguthaben, die keiner Mindestreservepflicht unterliegen, wird zudem ein Freibetrag von 10 Mio CHF eingeräumt.

Sollten die Massnahmen nicht den gewünschten Erfolg zeigen, liessen sie sich auch verschärfen, betonte Jordan vor den Medien. Insbesondere könnte der Freibetrag für die Geschäftsbanken künftig noch gesenkt werden, zudem könnte weiter am Satz der Negativzinsen geschraubt werden.

Negativer Libor angestrebt
Mit der Massnahme will die SNB den Libor-Satz, zu dem sich die Banken untereinander Geld ausleihen, in den negativen Bereich bringen. Einen konkreten Zielwert für den Libor nannte Jordan allerdings nicht. Die SNB dehnt entsprechend auch ihr Zielband für den Dreimonats-Libor auf -0,75 bis 0,25% aus und erweitert es auf seine übliche Breite von einem Prozentpunkt. Seit 2011 strebte die SNB ein Zielband beim Libor zwischen 0 bis 0,25% an.

Der Libor-Satz notiert seit längerem sehr nahe bei null. Am Donnerstag ist er entsprechend der SNB-Absicht in den negativen Bereich gesunken und notiert nun bei -0,046%.

Noch keine Negativzinsen für Kleinsparer
Inwiefern die Banken die neuen geldpolitischen Bedingungen bei der Verzinsung von Kundeneinlagen weiterreichen, stehe grundsätzlich in deren Ermessen, sagte Jordan: «Die SNB nimmt darauf keinen Einfluss». Er erwartet aber offenbar eher keine negativen Zinsen für die «Kleinsparer». «Wir gehen davon aus, dass Banken die Bedingungen vor allem an ihre Grosskunden weitergeben werden.»

Entsprechend fallen auch die ersten Reaktionen von Banken aus. So will die ZKB «vor allem im Interbankenmarkt und gegenüber professionellen Gegenparteien im Geldmarkt nicht für kurzfristige Liquiditätszuflüsse zur Verfügung stehen». «Privatkunden und KMU werden von den Massnahmen nicht betroffen sein». Für Privat- und Geschäftskunden werde es keine Negativzinsen geben, hiess es auch bei der Postfinance. Keine direkten Auswirkungen sieht die Raiffeisen-Gruppe, die mit ihren Einlagen nach eigenen Angaben unter der Freibetrags-Schwelle liegt.

Laue Kursreaktion weckt Zweifel
Am Devisenmarkt erfolgte die Reaktion im Währungspaar EUR/CHF prompt. Der Franken entfernte sich in einer ersten Reaktion gegenüber dem Euro ein ganzes Stück von der Untergrenze auf fast 1,21 CHF, kam aber bereits im Verlauf des Vormittags wieder auf ein Niveau von rund 1,2040 CHF zurück.

Die meisten Beobachter zeigten sich am Donnerstag von dem Schritt der SNB überrascht – zumindest was den Zeitpunkt anging. Ob die Negativzinsen den erhofften Befreiungsschlag für die SNB bringen, wurde allerdings teilweise bezweifelt. Der Schritt werde wohl nicht ausreichen, den Aufwertungsdruck des Franken gänzlich zu bannen, meinte etwa Niall Delventhal von DailyFX. UBS-Experte Thomas Flury ging hingegen davon aus, dass der Schritt der SNB eine nachhaltige Wirkung zeigen wird.

SNB-Präsident Jordan zeigte sich mit den ersten Erfolgen nicht unzufrieden. Er glaube allerdings, dass einige Kommentatoren die Strenge der eingeführten Massnahmen noch nicht ganz begriffen hätten, sagte der SNB-Präsident. Die SNB behält entsprechend ihre Rhetorik bei und bekräftigte erneut, den Mindestkurs «weiterhin mit aller Konsequenz durchzusetzen». (awp/mc/upd/ps)

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