Zürich – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) attestiert den hiesigen Grossbanken knapp zehn Jahre nach der UBS-Rettung eine klare Verbesserung der Eigenkapitalsituation und damit ihrer Widerstandskraft in Krisensituationen. Trotzdem sieht sie weiteren Handlungsbedarf: einerseits sollen UBS und Credit Suisse die Verschuldungsquote (Leverage Ratio) weiter erhöhen, andererseits möchten die Währungshüter weitere Fortschritte bei den Plänen der Banken zur Abwicklung im Krisenfall sehen.
«Im Oktober 2018 jährt sich zum zehnten Mal der Tag, an dem der Bundesrat, die Finanzmarktaufsicht Finma sowie die Nationalbank weitreichende Massnahmen zur Stärkung des Schweizer Finanzsystems beschlossen haben». Mit diesen Worten erinnerte SNB-Direktoriumsmitglied Fritz Zurbrügg am Donnerstag in Bern die Presse an das historische Ereignis.
Die damals getroffenen Massnahmen seien nötig gewesen, um eine Vertrauenskrise bei der UBS zu verhindern. «Das schweizerische Finanzsystem und die gesamte Schweizer Volkswirtschaft wären sonst massiv belastet worden», so Zurbrügg.
Fokus der Banken wieder auf Wachstum
Wie die SNB in ihrem am Morgen veröffentlichten «Financial Stability Report 2018» nun aufzeigt, haben die beiden Schweizer Grossbanken seither «zahlreiche Schritte» zur Verbesserung der Widerstandskraft unternommen. Sie hätten ihr Eigenkapital erhöht, die Risiken heruntergefahren und ihr Geschäftsmodell angepasst. Zudem hätten sich die Bedingungen bezüglich Konjunktur und Finanzmärkten in den letzten Jahren verbessert.
Nun ist aber genau dies für die Nationalbank auch ein Problem. «Angesichts der positiven Entwicklungen bei den Banken und im Umfeld verlagert sich der Fokus von UBS und CS allmählich weg von Redimensionierung und dem Abbau von Altlasten hin zu Wachstumsstrategien und neuen Geschäftsinitiativen», warnte Zurbrügg. Die beiden Institute nähmen entsprechend auch wieder mehr Risiken in Kauf und versprächen ihren Aktionären wieder höhere Ausschüttungen.
Weitere Vorkehrungen für Krisenfall
Es ist aus Sicht der Finanzstabilität aber notwendig, dass die Umsetzung der revidierten «Too big to fail»-Regulierung wie vorgesehen abgeschlossen wird. «Der Staat darf in Zukunft nicht mehr gezwungen werden, eine Bank mit staatlichen Mitteln zu retten», meinte Zurbrügg.
Vor allem bei der Leverage Ratio, also der nicht risikogewichteten Verschuldungsquote, sieht die SNB noch Handlungsbedarf. Während die beiden Institute die risikogewichteten Anforderungen an die Verlusttragfähigkeit bei laufendem Betrieb bereits erfüllten, lägen sie bei der Leverage Ratio noch unter dem geforderten Wert.
Weitere Anstrengungen fordert die SNB auch im Hinblick auf eine Abwicklung im Krisenfall. Zum Beispiel müssten weitere Massnahmen für die Liquiditätsplanung im Krisenfall getroffen werden. Auch müsse die Tragfähigkeit von Verlusten nicht nur auf Gruppenebene, sondern auch auf Basis einzelner Gruppeneinheiten sichergestellt werden. Und drittens sollten die Banken ihre internen finanziellen und operationellen Abhängigkeiten weiter reduzieren.
Pläne müssen bis Ende 2019 vorliegen
Die Erfahrung zeige, so die SNB im Stabilitätsbericht weiter, dass die Abwicklung einer grossen, international tätigen Bank hochkomplex sei. Die entsprechende Planung müsse daher auf gründliche und auf umsichtige Weise erfolgen.
Die Grossbanken werden in diesem Zusammenhang der Finanzmarktaufsicht Finma – sie ist prinzipiell für die Aufsicht der einzelnen Institute zuständig – bis Ende 2019 aufzeigen müssen, dass sie über glaubwürdige und ausführbare Notfallpläne verfügen. Aufgrund ihrer internationalen Geschäftstätigkeit werden Credit Suisse und UBS aber auch die Vorgaben ausländischer Aufsichtsbehörden, namentlich in den USA und Grossbritannien, erfüllen müssen. (awp/mc/pg)