Zürich – Die Corona-Krise und die deutliche eingetrübten Wirtschaftsaussichten stellen die Schweizer Inlandbanken vor grosse Herausforderungen. Die auf den Binnenmarkt fokussierten Institute dürften nach Auffassung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) jedoch auch diesen Sturm mehrheitlich überstehen.
Die Kapitalpolster der Inlandsbanken seien ein entscheidendes Element für deren Widerstandskraft, betonte die SNB in ihrem am Donnerstag veröffentlichten «Bericht zur Finanzstabilität 2019». Denn die Kapitalpolster bestimmten nicht nur, wie viele Kredite eine Bank vergeben könne. Sie helfen den Instituten auch, möglich Verluste zu verkraften, sollten die Auswirkungen der Pandemie noch schlimmer ausfallen als erwartet.
Eine Szenarioanalyse der SNB gebe nun Hinweise darauf, dass die Widerstandsfähigkeit der inländischen Banken «angemessen» sei, erklärten die Währungshüter. Gleichwohl sei das Ausmass der Corona-Auswirkungen auf Inlandbanken noch sehr unsicher.
Aber trotz einem erneut steigenden Margendruck dürften die inländischen Institute insgesamt profitabel bleiben, erklärte die SNB. Aber eine «gewisse Zahl» an Instituten werde wohl in die Verlustzone rutschen.
Risiko Immobilienmarkt
Ein besonderes Schlaglicht wirft die SNB einmal mehr auf den heimischen Immobilienmarkt. Die Ungleichgewichte im Schweizer Hypothekarmarkt seien weiterhin präsent und stellten ein Risiko dar.
Und eine längere und tiefere Rezession als im Basisszenario angenommen könnte eine Preiskorrektur auf dem Wohnimmobilienmarkt auslösen. Zudem dürfte eine steigende Arbeitslosigkeit die Erschwinglichkeitsrisiken für Hauskäufer zusätzlich erhöhen.
Die SNB hatte im Zuge der Corona-Krise vor rund drei Monaten den sogenannten antizyklischen Kapitalpuffer aufgehoben, damit die hiesigen Banken mehr Liquidität erhalten und die hiesige Wirtschaft besser mit Krediten versorgen können. Das Instrument war vor rund acht Jahren eingeführt worden und sollte die Risiken einer Immobilienblase eindämmen.
UBS und Credit Suisse im aktuell schwierigen Umfeld gut aufgestellt
Die SNB sieht die beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse im aktuellen Umfeld gut aufgestellt. Der Konjunkturabschwung und die Corona-Pandemie seien aber Herausforderungen.
«Die gleichzeitige Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in allen Regionen der Welt, zusammen mit dem ungewöhnlich hohen Mass an Unsicherheit, stellt erhebliche Herausforderungen für die beiden global tätigen Schweizer Banken», schreibt die SNB weiter. Aufgrund ihrer soliden Kapitalbasis seien sie jedoch in einer günstigen Position, um diese Herausforderungen zu meistern.
Obwohl beide Banken im ersten Quartal 2020 weiterhin starke Gewinne ausgewiesen hätten, habe die Corona-Pandemie aber ihre Spuren in den Ergebnissen hinterlassen, schreibt die SNB weiter. Darüber hinaus seien bei beiden Institutionen die risikogewichteten Aktiva (RWA) gestiegen, was zu einer Verringerung ihrer Kapitalquoten geführt habe.
Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie – und damit die Auswirkungen auf die beiden Banken – bleiben derweil gemäss SNB höchst unsicher. Je länger und tiefer der Abschwung sei, desto negativer seien die Auswirkungen auf die Qualität der Kreditportfolios der Banken. Eine noch tiefere Rezession als gegenwärtig erwartet – in Kombination mit erneuten Turbulenzen auf den Finanzmärkten – würde die Banken jedenfalls weiter belasten. Die Entwicklung habe sich auch in den Aktienkursen der beiden Institute gezeigt. Zwar habe es zuletzt eine Erholung gegeben, die Volatilität bleibe aber hoch.
Too-Big-To-Fail-Regulierungen haben geholfen
Dass die beiden global tätigen Schweizer Banken im aktuellen Umfeld gut aufgestellt seien und sie die Realwirtschaft weiter unterstützen könnten, sei auf die Risikominderung und insbesondere auf den Aufbau von Kapitalpuffern in den letzten Jahren im Rahmen der «Too big to fail»-Regulierung zurückzuführen, heisst es weiter.
Die SNB prüft regelmässig verschiedene Szenarien und beurteilt deren Auswirkungen auf die Banken. Diese Analyse zeige gegenwärtig, dass die beiden Banken dank der gebildeten Kapitalpuffer in der Lage seien, mit deutlich schlechteren Entwicklungen beim wirtschaftlichen Umfeld auszukommen als im Basisszenario angenommen würden.
Gleichzeitig zeige diese Analyse aber auch, dass die derzeitige Kalibrierung der TBTF-Kapitalanforderungen notwendig sei, um eine angemessene Widerstandsfähigkeit der beiden Banken zu gewährleisten. «Perioden erhöhter Unsicherheit, wie diejenige, mit der die Banken derzeit konfrontiert sind, zeigen den Wert robuster regulatorischer Anforderungen», schreibt die SNB. (awp/mc/ps)