SNB hat im ersten Semester Devisen im Gegenwert von 90 Milliarden erworben
Bern – Noch nie hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) so stark am Devisenmarkt interveniert wie im laufenden Jahr. Alleine von Januar bis Juni hat sie zur Schwächung des Schweizer Frankens 90 Milliarden Franken in die Hand genommen.
Im bisherigen «Spitzenjahr» 2015 hatte die SNB nach Aufhebung des Euromindestkurses Devisen für 86,1 Milliarden Franken gekauft. 2020 waren es nun im ersten Quartal 38,5 Milliarden Franken und im zweiten Jahresviertel 51,5 Milliarden, wie aus am Mittwoch publizierten Statistiken hervorging.
Die Beschleunigung widerspiegelt auch den Verlauf der Coronakrise. Seit März betont die Notenbank, dass sie nun «verstärkt» am Devisenmarkt eingreife. Die SNB war gezwungen, ihren Kampf gegen den starken Franken zu intensivieren, da die Anleger in der Krise den «sicheren Hafen» Franken ansteuerten. Das trieb den Franken auf den höchsten Stand zum Euro seit fünf Jahren.
Viele Milliarden
Interventionen am Devisenmarkt zählen seit September 2011 zum Arsenal der SNB, als der Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro festgelegt wurde. Vor allem in den Jahren 2015 bis 2017 nach dessen Aufhebung hatte die SNB in hohem Mass intervenieren müssen, um den Franken zu schwächen bzw. die Exportwirtschaft vor einem allzu hohen Franken zu schützen.
Nach den erwähnten 86,1 Milliarden in 2015 hatte die SNB 2016 Devisen für 67,1 Milliarden und 2017 für 48,2 Milliarden Franken Devisen gekauft. Aber auch schon 2014 hatte sie schon 25,8 Milliarden Franken springen lassen. 2018 und 2019 waren dann für die SNB in dieser Beziehung relativ ruhige Jahre mit Devisenkäufen im Gegenwert von lediglich 2,3 und 13,2 Milliarden.
Das heisst auch, dass die SNB jetzt in nur sechs Monaten mehr ausgegeben hat als in den drei Jahren zuvor zusammen.
Mehr Transparenz
In früheren Jahren wurde jeweils erst im Frühjahr bekannt, für wie viele Milliarden die SNB im Jahr davor Devisen gekauft hatte. Dazwischen versuchten Experten anhand verfügbarer Bilanzdaten und Statistiken, das Eingreifen am Devisenmarkt zu schätzen.
Neu publiziert die SNB an jedem Quartalsende das Volumen des Vorquartals. Die Währungshüter begründeten den Schritt mit dem Wunsch nach mehr Transparenz. Zudem folge man den jüngsten Empfehlungen des Internationalen Währungsfonds (IWF).
Die neuen Daten sind laut Beobachtern möglicherweise auch ein Versuch, Kritik zuvorzukommen. Das US-Finanzministerium hat die Schweiz Anfang dieses Jahres auf seine Beobachtungsliste für potenzielle Währungsmanipulatoren gesetzt und sie ermutigt, mehr Daten über ihre Transaktionen zu veröffentlichen. (awp/mc/ps)