SNB legt Mindestkurs von 1,20 CHF pro Euro fest
SNB-Präsident Philipp Hildebrand.
Zürich – Die Schweizer Nationalbank (SNB) greift zur Abschwächung des Frankens zu starken Mitteln und legt per sofort einen Mindestkurs zum Euro von 1,20 fest. Diesen Kurs will sie unter allen Umständen verteidigen und dazu unbeschränkt Devisen kaufen. Der Franken schwächte sich unmittelbar nach der Ankündigung stark ab und notiert derzeit knapp über dem von der SNB festgelegten Mindestkurs.
Sie toleriere am Devisenmarkt ab sofort keinen Euro-Franken-Kurs unter dem Mindestkurs von 1,20, teilte die SNB am Dienstag mit. Sie werde den Mindestkurs «mit aller Konsequenz durchsetzen» und sei «bereit, unbeschränkt Devisen zu kaufen». Die gegenwärtig massive Überbewertung des Schweizer Frankens stellt laut SNB eine akute Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft dar und berge das Risiko einer deflationären Entwicklung. Die SNB strebt daher eine deutliche und dauerhafte Abschwächung des Frankens an.
Weitere Massnahmen möglich
Der Franken sei auch bei 1,20 pro Euro hoch bewertet und sollte sich über die Zeit weiter abschwächen, heisst es weiter. Falls die Wirtschaftsaussichten und die deflationären Risiken es erforderten, werde die Nationalbank weitere Massnahmen ergreifen.
Kurzzeitig bis auf 1,22 Franken gestiegen
Zumindest kurzfristig scheint die SNB die Märkte mit ihrer Ankündigung überzeugt zu haben. Das Währungspaar EUR/CHF stieg innerhalb von knapp 10 Minuten von rund 1,12 auf über die festgelegte Mindestlimite von 1,20. Derzeit notiert das Paar bei rund 1,2030, im Höchst waren es knapp 1,22. Auch zum US-Dollar fiel der Franken stark zurück, und zwar von rund 0,80 auf derzeit knapp 0,85 CHF pro US-Dollar.
Spekulanten überrascht
Händler zeigten sich zum Teil überrascht vom Schritt der SNB. Die Nationalbank habe mit der Festlegung eines Mindestziels einen mutigen Entscheid getroffen, der wohl viele Spekulanten überrascht habe, meinte ein Marktteilnehmer.
Massnahme von «völlig neuer Qualität»
Der Devisenexperte einer deutschen Bank sprach gar von einer «völlig neuen Qualität». So etwas habe es bisher in diesem Ausmass noch nicht gegeben. Allerdings dürfe die Festlegung des Franken auf einen Mindestkurs zum Euro nicht mit einer Anbindung an die europäische Gemeinschaftswährung verwechselt werden.
Vierter Schritt zur Schwächung des Frankens
Der heutige Schritt der SNB zur Schwächung des Frankens ist bereits der vierte seit Anfang August, als sich die Stärke der hiesigen Währung innert kurzer Zeit massiv verschärft und der Franken kurzfristig gar praktisch die Parität zum Euro erreicht hatte. Die SNB versuchte in ihren ersten Schritten vor allem mit einer massiven Ausdehnung der Frankenliquidität und einer Nullzinspolitik, den Franken abzuschwächen. Nach dem zweiten und dritten Schritt schienen die SNB-Massnahmen relativ erfolgreich, stieg EUR/CHF doch deutlich an und erreichte letzte Woche rund 1,20.
Zum Handeln gezwungen
Mit dem Aufkommen verstärkter Rezessionsängste und neuerlichen Sorgen um die europäische Schuldensituation letzte Woche verstärkte sich der Franken aber innert weniger Tage wieder massiv. Nun sahen sich die hiesigen Notenbanker offenbar zum Handeln gezwungen, zumal sich in den letzten Wochen praktisch die ganze Schweizer Wirtschaft und Politik hinter die SNB gestellt bzw. eine solche Mindestgrenze gefordert hatten.
Nationalbank handelt auf eigene Faust
Die Schweizerische Notenbank hat das Wechselkursziel nicht in Absprache mit der Europäische Zentralbank (EZB) festgelegt. Die EZB teilte am Dienstag mit, sie nehme die Entscheidung der SNB zur Kenntnis. Die Schweizer Notenbank habe diesen Schritt in «eigener Verantwortung» unternommen. (awp/mc/pg)
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