Bern – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat im ersten Halbjahr 2023 zwar einen Gewinn geschrieben. Das zweite Quartal war allerdings deutlich negativ, wobei vor allem der stärkere Franken dafür verantwortlich war.
Laut Mitteilung vom Montag beträgt der Gewinn für die Periode von Januar bis Juni 2023 13,7 Milliarden Franken. Nach einem hohen Plus von 26,9 Milliarden im ersten Jahresviertel ergibt sich damit für April bis Juni ein Minus von 13,2 Milliarden.
Im gesamten Halbjahr erzielte die SNB auf den Fremdwährungspositionen ein Plus von 16,2 Milliarden, und auf dem mengenmässig unveränderten Goldbestand gab es einen Bewertungsgewinn von 1,2 Milliarden. Auf den Frankenpositionen resultierte dagegen ein Verlust von 3,4 Mrd Franken.
Im zweiten Quartal waren allerdings alle Positionen negativ. Bei den Fremdwährungspositionen resultierte ein Minus von 8,1 Milliarden Franken, auf dem Goldbestand ein solches von 3,1 Milliarden und bei den Frankenpositionen eines von 1,9 Milliarden Franken.
Frankenstärke vor allem im zweiten Quartal
Dass der Semester-Gewinn der SNB nicht höher ausfiel, hat vor allem mit dem stärker gewordenen Schweizer Franken zu tun. Die wechselkursbedingten Verluste beliefen sich in dieser Periode auf insgesamt 19,6 Milliarden Franken, wobei 90 Prozent davon aus dem zweiten Quartal stammten. Zum Euro legte der Franken per Mitte 2023 auf 0,9767 von 0,9839 Franken Ende 2022 zu, zum Dollar stieg die hiesige Währung auf 0,9011 von 0,9233 Franken.
Diese Veränderungen sind zwar nicht allzu gross, auf dem Devisenportfolio der SNB von zuletzt noch über 740 Milliarden Franken ergaben sich aber dennoch grosse Bewegungen. Das lässt vor allem auch für das Ergebnis im dritten Quartal nicht allzu viel Gutes erhoffen. So stieg der Franken im Juli zum Euro und Dollar weiter deutlich an auf zuletzt 0,9548 bzw. 0,8712 Franken.
Starke Aktienperformance
Die Aktien im Portfolio der SNB zeigten dagegen im ersten Semester eine gute Performance: es resultierten Kursgewinne von 26,2 Milliarden Franken. Dazu kamen noch Kursgewinne auf dem Obligationenportfolio sowie Erträge aus Dividenden und Zinsen.
Im Gegensatz zu den letzten Jahren machte die SNB dafür einen relativ hohen Verlust auf den Frankenpositionen von 3,4 Milliarden Franken, der zu einem guten Teil aus der Verzinsung der Girokontoguthaben der Banken bei der SNB stammt. Da der SNB-Leitzins seit letztem September im Plus liegt, muss die SNB auf den Guthaben der Banken Zinsen bezahlen, während sie in der Phase der Negativzinsen von den Banken Geld erhalten hatte. Erträge von 0,9 Milliarden erzielte die SNB auch noch mit den Darlehen im Zusammenhang mit der CS-Rettung im März.
Ausschüttungen unwahrscheinlich
Die SNB betonte in der Mitteilung wie üblich, dass ihr Ergebnis überwiegend von der Entwicklung der Gold-, Devisen und Kapitalmärkte abhängig sei. Starke Schwankungen seien deshalb die Regel und Rückschlüsse vom Zwischenergebnis auf das Jahresergebnis nur bedingt möglich.
Im vergangenen Jahr 2022 etwa musste die SNB wegen der schwachen Entwicklung an den Finanzmärkten einen massiven Verlust von 132,5 Milliarden Franken ausweisen, wobei bereits das erste Halbjahr mit -95,2 Milliarden tiefrot war. In den Jahren davor hatte sie dagegen jeweils einen relativ hohen Gewinn erzielt.
Wegen des grossen Verlustes der SNB im letzten Jahr gab es auch keine Dividendenzahlungen oder Ausschüttungen an Bund und Kantone. Dass sich dieses Jahr daran etwas ändert, ist nach der Entwicklung im ersten Semester nicht anzunehmen. Entscheidend ist allerdings das Jahresergebnis.
Gemäss den Ökonomen der UBS ist eine Ausschüttung aus heutiger Sicht aber unwahrscheinlich. Für eine Minimal-Ausschüttung müsste die SNB einen Gewinn (vor Zuweisungen an die Rückstellungen) von 45 bis 50 Milliarden Franken erzielen, für eine Maximalausschüttung 85 bis 90 Milliarden.
Ein Gewinn von rund 50 Milliarden in einem halben Jahr sei zwar nicht unmöglich. Es sei aber unwahrscheinlich angesichts der Tatsache, dass das SNB-Portfolio ein Gewinnpotenzial von 10 bis 15 Milliarden Franken pro Jahr besitze, betonten die Ökonomen der Grossbank letzte Woche in einer Vorschau auf das heutige SNB-Ergebnis. (awp/mc/pg)