Bern – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) attestiert den Schweizer Grossbanken weitere Verbesserungen bezüglich ihrer Widerstandskraft in Krisensituationen. Allerdings mahnt sie von UBS und CS gleichzeitig weitere Fortschritte bei der ungewichteten Kapitalquote (Leverage Ratio) und bei den Abwicklungsplänen an. Im Schweizer Hypothekar- und Immobilienmarkt haben die Ungleichgewichte 2016 laut SNB leicht abgenommen, bleiben aber hoch. Die inlandorientierten Banken hätten derweil ihr Risikoexposure weiter erhöht, ihre Widerstandskraft bleibe aber «angemessen».
Die Grossbanken seien auf Kurs, um die verschärften Anforderungen der «Too big to fail»-Gesetzgebung (TBTF) zu erfüllen, heisst es in dem am Donnerstag veröffentlichten «Financial Stability Report 2017» der SNB. Bereits jetzt erfüllten sie die risikogewichteten Anforderungen an das «Going concern» – also zur Deckung von Verlusten aus laufender Geschäftstätigkeit. In Bezug auf die Leverage Ratio, also die ungewichteten Kapitalquoten, müssten sich beide Institute aber noch verbessern.
Verlustpotenzial bleibt substanziell
Die vollständige Erfüllung der «Too big to fail»-Anforderungen werde die Verlusttragfähigkeit von UBS und CS weiter stärken, sagte SNB-Direktor Fritz Zurbrügg vor den Medien in Bern: «Das ist notwendig, da das Verlustpotenzial der Grossbanken verglichen mit ihrer Kapitalsituation nach wie vor substanziell ist.»
Auch die Verlusttragfähigkeit im «Gone concern»-Fall – also falls eine Bank in Schieflage geraten sollte – habe sich seit Juni 2016 deutlich verbessert, so die SNB weiter. So hätten die Banken «Bail in»-Instrumente ausgegeben, die bei einer drohenden Insolvenz in Eigenkapital umgewandelt werden. Zudem hätten sie Schweizer Tochtergesellschaften in Betrieb genommen, welche die systemisch wichtigen Funktionen enthielten. Weitere Anstrengungen fordert die SNB aber von den Banken in Bezug auf ihre Abwicklungspläne.
Risikoverhalten im Hypothekenmarkt
Im Inlandgeschäft bleibt für die SNB vor allem das Risikoverhalten der Banken im Hypothekar- und Immobilienmarkt im Fokus. Auch wenn die Ungleichgewichte insgesamt abgenommen hätten, befänden sich diese noch auf ähnlich hohem Niveau wie im Jahr 2014, als die SNB den antizyklischen Puffer bei 2% angesetzt hatte. Ein besonderes Augenmerk richtet die SNB auf das Segment der Wohn-Renditeliegenschaften, wo der Aufwärtsdruck der Preise stark bleiben könnte, sagte Zurbrügg.
Die inlandorientierten Banken wuchsen 2016 im Hypothekarmarkt mit einem Plus von 4,1% über dem Gesamtmarkt. Dabei hätten sie ihr «Risikoexposure» weiter erhöht, heisst es im Stabilitätsbericht. So blieben die Zinsrisiken aus der Fristentransformation auf hohem Niveau. Der Anteil an neu vergebenen Krediten mit «ausgereizter Tragbarkeit» habe derweil «einen neuen Höchststand» erreicht, stellt die SNB fest.
Druck auf das Kerngeschäft
Weiter rückläufig waren die Zinsmargen der Inlandbanken. «Dies verdeutlicht den anhaltend hohen Druck im Kerngeschäft in einem Umfeld ausserordentlich tiefer Zinsen», sagte Zurbrügg. Im Bericht verweist die SNB auch auf eine verschärfte Konkurrenz im Hypothekarmarkt etwa durch rendite-suchende Versicherungsgesellschaften.
Allerdings bleibe die Widerstandskraft der inlandorientierten Banken angemessen, betonte der SNB-Direktor: Die Institute wiesen sowohl risikogewichtet als auch in Bezug auf die Leverage Ratio im historischen Vergleich eine hohe Kapitalausstattung auf. Zudem hielten sie auch Kapitalüberschüsse über den regulatorischen Mindestanforderungen. Die SNB-Stresstest deuteten darauf hin, dass diese Kapitalüberschüsse bei den meisten dieser Banken ausreichen sollten, um die Verluste aus ungünstigen Szenarien zu decken.
Weiterhin werde die Nationalbank die Entwicklungen am Hypothekar- und Immobilienmarkt aufmerksam beobachten, bekräftigte Zurbrügg: «Gleichzeitig wird die Nationalbank wie bis anhin regelmässig prüfen, ob der antizyklische Kapitalpuffer angepasst werden soll.» (awp/mc/upd/ps)