SNB lässt dank nachlassendem Inflationsdruck Leitzins unverändert
Zürich – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat ihren Leitzins zum zweiten Mal in Folge unverändert belassen. Dank Fortschritten an der Teuerungsfront konnte sie sich das erlauben. Über Zinssenkungen will sie aber noch nicht spekulieren.
Der Leitzins bleibt bei 1,75 Prozent, wie das Gremium um Präsident Thomas Jordan am Donnerstag anlässlich der vierteljährlich stattfindenden geldpolitischen Lagebeurteilung mitteilte. Gleichzeitig tritt die Nationalbank auch kommunikativ auf die Bremse. Sie sieht unmittelbar keinen Anlass mehr, öffentlich über eine weitere Straffung der Geldpolitik bzw. weitere Zinserhöhungen nachzudenken.
Hintergrund ist vor allem die positive Entwicklung an der Teuerungsfront. Nachdem die Inflation im Nachgang zur Pandemie und wegen der höheren Energiepreise nach Beginn des russischen Angriffskrieges rasant in die Höhe geschossen war, kam sie zuletzt überraschend schnell zurück. Mit 1,4 Prozent im November war sie schon wieder klar im von der SNB angestrebten Bereich von 0 bis 2 Prozent.
Inflation deutlich gesunken
Der Inflationsdruck habe über das letzte Quartal leicht abgenommen, konstatierte denn auch die SNB. Die Unsicherheit bleibe allerdings hoch, sagte Jordan, so dass man die Inflationsentwicklung weiter genau beobachten wolle und die Geldpolitik wieder anpassen werde, sollte dies nötig werden.
Aus heutiger Sicht ist die SNB allerdings zuversichtlich, dass dies nicht der Fall sein wird. Sie hat denn auch ihre Prognosen für die Inflation in den nächsten beiden Jahren relativ deutlich zurück genommen und erwartet für die beiden Jahre Durchschnittswerte von klar unter 2 Prozent – 1,9 Prozent 2024 und 1,6 Prozent im Jahr darauf.
Dass die Inflation zunächst wegen der höheren Strompreise und Mieten und der Anhebung der Mehrwertsteuer im kommenden Jahr vermutlich nochmals auf 2 Prozent ansteigen wird, haben die Währungshüter dabei im Hinterkopf.
Keine Devisenverkäufe mehr
Mit ein Grund für die positive Entwicklung bei der Inflation war auch der Franken. Mit Verkäufen von ausländischen Devisen, die die SNB in den letzten Jahren angehäuft hatte, konnte die importierte Inflation tief gehalten werden. Nun hat die SNB etwas überraschend auch hier ihre Kommunikation angepasst. Zwar will sie bei Bedarf am Devisenmarkt weiter aktiv sein.
«Wir stellen Devisenverkäufe aber nicht mehr in den Vordergrund», sagte Thomas Jordan an der Medienkonferenz zum geldpolitischen Entscheid. Die zuletzt deutliche nominelle Aufwertung des Franken habe weitere Interventionen überflüssig gemacht. Ein bestimmtes Währungs-Ziel habe die SNB dabei aber nicht im Kopf.
Ob die SNB im kommenden Jahr bereits zu Zinssenkungen schreiten wird – wie es etwa bei der US-Notenbank Fed oder bei der Europäischen Zentralbank EZB der Fall sein dürfte -, liess Jordan hingegen offen. Bei der aktuellen Beurteilung hätten Zinssenkungen nicht zur Diskussion gestanden, sagte er lediglich.
Unter Analysten und Ökonominnen gehen die Meinungen diesbezüglich auseinander. Bei der UBS zum Beispiel erwartet man eine erste Senkung im kommenden Juni, wenn die Inflationsrisiken gebannt seien und andere Zentralbanken erste Senkungen vornähmen.
Gar das ganze kommende Jahr unveränderte Zinsen erwarten hingegen die Spezialisten der VP Bank. Das aktuelle Zinsniveau von 1,75 Prozent sei in absoluter Betrachtung gering und vertrage sich gut mit der aktuellen Inflationsrate bzw. mit dem zu erwartenden Anstieg in den kommenden Monaten. Die SNB könne insgesamt aber «entspannt bleiben». Die SNB habe den Leitzins nicht so deutlich erhöhen müssen wie etwa das Fed oder die EZB, dafür bestehe nun auch nicht die Notwendigkeit, sofort die Seite wechseln zu müssen.
Schwaches Wachstum im kommenden Jahr
Dass sich die Inflation zuletzt wieder in die von den Notenbanken gewünschte Richtung entwickelt hat, dürfte unter anderem auch mit der eher schleppenden Konjunktur zusammenhängen. Und hier ist die SNB – vor allem im Vergleich zu andern Prognoseinstituten – relativ pessimistisch, was das Wachstum im kommenden Jahr angeht. Sie erwartet eine Zunahme des realen Bruttoinlandproduktes (BIP) von lediglich 0,5 bis 1,0 Prozent, während die meisten anderen professionellen Beobachter Werte von zum Teil deutlich über 1 Prozent erwarten.
Dämpfend auf die hiesige Wirtschaft wirken dürften laut SNB in den nächsten Quartalen vor allem die verhaltene Nachfrage aus dem Ausland und die strafferen Finanzierungsbedingungen. Die Prognose für die Schweiz unterliege allerdings grosser Unsicherheit, betonte die SNB auch hier. «Hauptrisiko ist eine ausgeprägtere konjunkturelle Abschwächung im Ausland», sagte Jordan. (awp/mc/ps)