SNB-Vize Jean-Pierre Danthine. (Copyright: SNB)
Bern – Für Jean-Pierre Danthine, Vizedirektor der Schweizerischen Nationalbank (SNB), wirkt der momentane leichte Zugang zu Hypothekarkrediten wie eine Falle. Das führe dazu, dass viele neu abgeschlossenen Hypotheken bei höheren Zinsen nicht mehr getragen werden könnten. «Bei 40 Prozent der neu gesprochenen Hypothekarkredite wird die Vorsichtsregel nicht eingehalten», sagt Danthine in einem in der «Sonntagszeitung» und «Le Matin Dimanche» veröffentlichten Interview. Die Vorsichtsregel besagt, dass ein Haushalt in der Lage sein muss, die Hypothekarzinsen auch noch bei einem Zinssatz von gegen 5 Prozent begleichen zu können, wobei höchsten ein Drittel des Einkommens dafür verwendet werden darf.
Damit die Banken die bei einem Zinsanstieg drohenden Kreditausfälle verkraften können, hält die SNB sie dazu an, ihre Eigenkapitalbasis zu stärken – etwa durch den vergangenen Sommer eingeführten antizyklischen Kapitalpuffer. Laut Danthine kann aber noch nicht beurteilt werden, ob die Bremswirkung reicht, um «eine harte Landung zu verhindern. Wir sind aber überzeugt davon, dass es sinnvoller ist, früh und sanft einzugreifen als spät und hart», sagt der SNB-Vizedirektor weiter. Gefahr droht nach seinen Aussagen aber nicht nur durch Kreditausfälle wegen der von höheren Zinsen überforderten Privathaushalte. Auch die Refinanzierung der Kredite durch die Banken wird bei einem Zinsanstieg schwieriger.
Banken könnten Risiken unterschätzen
Die SNB erarbeite Szenarios, um zu verstehen, wie gross die Auswirkungen eines schnellen und steilen Anstiegs des Zinsniveaus auf die Refinanzierung von Krediten wäre. Im Mittel wären die negativen Folgen signifikant, so Danthine. Von höheren Zinsen schnell betroffen wären nicht nur Banken, welche zur Finanzierung der Kredite stark auf den Kapital- und Interbankenmarkt zurückgreifen. Auch jene Banken, welche Hypotheken hauptsächlich mit Spareinlagen finanzieren, könnten Schwierigkeiten kriegen. «Falls die Zinsen allgemein steigen, wird es teurer, die Spareinlagen zu halten, als die Banken heute allgemein glauben», sagt Danthine. Die SNB mache die Banken darauf aufmerksam, dass sie die Risiken unterschätzen könnten.
Mindestkurs hat absolute Priorität
Ausserdem bekräftigte der SNB-Vertreter einmal mehr die Wechselkurspolitik der SNB. «Im Moment hat der Mindestkurs, den wir mit aller Konsequenz durchsetzen, absolute Priorität für unsere Geldpolitik», sagte er. Es stimme allerdings, dass die SNB-Wechselkurspolitik die Handlungsmöglichkeiten bei den Zinsen einschränke. «Handkehrum betreiben wir nur deswegen eine Wechselkurspolitik, weil das Zinsniveau praktisch bei null liegt.» Sollte die SNB jedenfalls eines Tages beschliessen, die kurzfristigen Zinsen anzuheben, so könnte sie das nur tun, wenn der Wechselkurs vom Mindestkurs losgelöst sei.
«Too big to fail»
Zum Thema UBS und CS meine Dantine, dass ein Staat wie die Schweiz das Problem des «Too big to fail» in den Griff kriegen müsse, dann vertrage die Schweiz auch die beiden Grossbanken. «Es ist unsere Hoffnung und unsere Überzeugung, dass wir eine Lösung für dieses Problem finden.» Man sei noch nicht da, wo man sein wolle, doch man arbeite hart daran, sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene. «Am Ende des Prozesses werden die Banken genügend kapitalisiert sein, um ihre Risiken tragen zu können», ist der SNB-Direktor überzeugt. Und die Steuerzahler wiederum würden selbst im Falle, dass es wirklich schlimm kommen sollte, geschützt sein. (awp/mc/ps)