Kurt Zurbrügg, Mitglied des Nationalbank-Direktoriums. (Copyright: efv.admin.ch)
Aarau – Für die Schweizerische Nationalbank (SNB) bleibt der Mindestkurs des Frankens zum Euro auf «absehbare Zeit das geeignete Instrument zur Gewährleistung der Preisstabilität». Zwar seien die Extremrisiken auf den Finanzmärkten verschwunden, doch habe sich das Umfeld zum Jahresende nochmals verschlechtert, erklärte Fritz Zurbrügg, Mitglied des SNB-Direktoriums, in einem Interview der Aargauer Zeitung (Ausgabe 11.2.). Zudem bestünden weiter Risiken in Europa und damit die Gefahr von grösseren Wechselkursbewegungen.
«Der Mindestkurs bleibt deshalb wichtig», so Zurbrügg weiter. Ob die SNB nach der jüngsten Frankenschwäche die Untergrenze von 1,20 CHF zum Euro anheben will, mochte Zurbrügg nicht direkt beantworten, signalisierte aber, dass eine Anhebung des Mindestkurses eher unwahrscheinlich ist.
«Aussergewöhnliche Massnahme»
«Der Mindestkurs ist eine aussergewöhnliche Massnahme – und nicht ein Instrument zur Feinjustierung der Geldpolitik», sagte er gegenüber der Zeitung. Wenn nötig stehe die SNB aber jederzeit bereit, weitere Massnahmen zu ergreifen. Der Franken ist zudem seiner Ansicht nach auch beim heutigen Kurs gegenüber dem Euro noch überbewertet.
Die Devisentransaktionen, die die SNB tätigte, um den Mindestkurs zu gewährleisten, kommentierte Zurbrügg nicht. Die Ausweitung der Bilanz sei aber eine Folge davon. Von der Idee, die Devisenbestände in einen Staatsfonds auszulagern, halte er nichts. «Für die Umsetzung der Geldpolitik wäre das kontraproduktiv», so Zurbrügg. Die Devisenbestände seien im Rahmen der Umsetzung des Mandats der SNB geschaffen worden. Dieses beziehe sich auf die Gewährleistung der Preisstabilität. Die Devisenbestände seien also durch Geldschöpfung entstanden.
«Wir sind kein Anlagefonds»
«Abgesehen davon diversifizieren auch wir unsere Anlagen sehr wohl, wir investieren beispielsweise bereits 12 Prozent unserer Devisen in Aktien, etwa 50 Milliarden Franken», erklärte Zurbrügg. Es gehe der SNB auch nicht darum, mit den Devisen Gewinn zu erwirtschaften. «Wir sind kein Anlagefonds, bei dem die Rendite im Vordergrund steht.» Oberster Ziel der SNB sei die Preisstabilität, betonte Zurbrügg.
Weiterhin kritisch beurteilt die SNB gemäss Zurbrügg die Lage am Immobilienmarkt. «Wir warnen seit Längerem wegen der hohen Immobilienpreise und der damit verbundenen Risiken bei denjenigen Banken, die stark im Hypothekargeschäft engagiert sind», so Zurbrügg.
Antizyklischer Puffer bislang nicht aktiviert
Dass der antizyklische Puffer, also eine strengeren Kapitalvorschrift für Hypothekarkredite, bisher nicht aktiviert wurde, begründet er mit Anzeichen für eine gewisse Entschärfung der Situation im zweiten Quartal 2012. Zudem hätten die Banken selbstregulierende Massnahmen ergriffen und eine Verschärfung der Eigenmittelanforderungen für Hypothekarkredite angekündigt.
Allerdings habe im dritten Quartal 2012 die Wachstumsdynamik am Immobilien- und Hypothekarmarkt wieder zugenommen. Einen allfälligen Antrag an den Bundesrat zur Aktivierung mochte er jedoch nicht kommentieren. «Erst wenn der Bundesrat einen Entscheid fällen würde, würde dieser bekannt», meinte Zurbrügg.
Verschuldungsgrad der beiden Grossbanken noch recht hoch
Zufrieden zeigt sich der Direktor mit den Fortschritten der Grossbanken bei der Stärkung ihres Kapitals: «Die Grossbanken haben seit unserem Finanzstabilitätsbericht vom vergangenen Juni beachtliche Fortschritte gemacht. Insbesondere die Credit Suisse.» Der Verschuldungsgrad bei den beiden Grossbanken sei trotzdem noch recht hoch, daher begrüsse die SNB die Anstrengungen, die Kapitalsituation weiter zu verbessern, so Zurbrügg. (awp/mc/ps)