SocGen-Chef Frédéric Oudéa.
Paris – Die Griechenland-Krise hat bei der zweitgrössten französischen Bank Société Générale tiefe Spuren in der Bilanz hinterlassen. Der Überschuss brach im vergangenen Jahr um fast 40 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro ein, wie das Institut am Donnerstag in Paris mitteilte. Im Schlussquartal vermied die Bank mit einem Gewinn von 100 Millionen Euro nur knapp rote Zahlen. Allerdings verfehlte sie die Erwartungen der Analysten.
Belastet wurden die Ergebnisse von neuen Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen sowie dem schmerzhaften Abbau von Geschäften in US-Dollar. Damit die Bank die künftig strengeren Kapitalvorschriften erfüllen kann, müssen die Aktionäre auf eine Dividende verzichten. Am Vormittag büsste die Aktie an der Pariser Börse fast drei Prozent an Wert ein.
Griechenland-Drama trifft SocGen doppelt
Das Schuldendrama in Griechenland trifft die Société Générale gleich doppelt. So wertete sie wie Konkurrent BNP Paribas ihren Bestand an griechischen Staatsanleihen inzwischen um 75 Prozent ab. Ende Januar standen sie nur noch mit 307 Millionen Euro im Bankbuch. Die Abschreibungen kosteten die Bank im Gesamtjahr 890 Millionen Euro. Hinzu kam ein Verlust von fast 350 Millionen Euro bei der griechischen Tochter Geniki. Zumindest gelang es den Franzosen nach eigenen Angaben, ihr Risiko dort zu senken. Inzwischen seien 75 Prozent der als problematisch eingestuften Kredite gedeckt – ein Jahr zuvor waren es 68 Prozent, im September 2009 nur 40 Prozent.
Dollar-Geschäft radikal eingedampft
Insgesamt fuhr die Société Générale ihre Investitionen in Staatsanleihen der angeschlagenen Euro-Staaten Irland, Portugal, Griechenland, Italien und Spanien um 60 Prozent auf zuletzt 2,7 Milliarden Euro zurück. Wegen des lange Zeit hohen Engagements in den Krisen-Ländern der Eurozone war das Misstrauen der Finanzmärkte gegen die Bank im vergangenen Jahr extrem gestiegen. Geldmarktfonds gaben dem Institut kaum noch US-Dollar. Daher dampfte die Bank ihr Geschäft in Dollar radikal ein, was die Ergebnisse weiter belastete. Der Dollar-Bedarf sei so um 55 Milliarden gesunken und die Bank damit nicht mehr von Geldmarktfonds abhängig, hiess es.
Investmentbanking mit Quartalsverlust von 482 Mio Euro
Die Stärkung der Kapitalstruktur habe absolute Priorität gehabt, begründete Vorstandschef Frederic Oudea den oft verlustreichen Abbau von Geschäften, der vor allem das Investmentbanking traf. Die Sparte schrieb im Schlussquartal einen Verlust von 482 Millionen Euro, das Budget für Boni wird deshalb um 44 Prozent verkleinert. Die beim europäischen Banken-Stresstest ermittelte Kapitallücke von 2,1 Milliarden Euro hat das Institut nach eigenen Angaben inzwischen geschlossen.
Griff in die Trickkiste
Ohne den Griff in die Trickkiste der Bilanzierung wäre das Jahresergebnis noch schlechter ausgefallen. Wie viele US-Banken bewertete auch die Société Générale ihre eigenen Schulden sowie Kreditausfallversicherungen neu und verbuchte dafür einen Gewinn von 815 Millionen Euro. Möglich wird dies ausgerechnet, weil die Banken wegen ihrer schlechteren Lage für aufgenommenes Geld inzwischen höhere Risikoaufschläge bezahlen müssen. Theoretisch könnten sie die bisherigen Schulden daher günstig zurückkaufen. Diesen Vorteil der alten Kreditkonditionen gegenüber den neuen verbuchen viele nun als Gewinn. In einem positiven Kapitalumfeld wirkt sich dieser Effekt andersherum aus und wird dann zu einer Belastung. Die Deutsche Bank macht von der Neubewertung der eigenen Schulden kaum Gebrauch.
Privatkundengeschäft stabil
Als weitgehend stabil erwies sich das Privatkundengeschäft. In Frankreich legte der Gewinn der Sparte um fast 16 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro zu. Im internationalen Geschäft gab es zwar einen Einbruch um ein Drittel auf 325 Millionen Euro. Das lag vor allem an dem Verlust der Griechenland-Tochter. Bereinigt um diesen Effekt wäre der Gewinn trotz der Belastungen des Geschäfts Anfang 2011 durch die Revolutionen in Nordafrika nur um 2,9 Prozent gesunken. (awp/mc/upd/ps)