Solvency II: Vermögensverwalter zu wenig aktiv
Zürich – Eine Befragung von Ernst & Young zeigt, dass zwei Drittel der Vermögensverwalter zusätzliche Mehrerträge durch Solvency II erwarten, aber sich mehr als 90 Prozent von ihnen noch keine klaren Vorstellungen dazu gemacht haben, wie sie die Erträge aus Solvency II erreichen wollen. Anstatt über die unklaren Vorschriften hinwegzusehen und sich aktiv so zu positionieren, dass sie mit Solvency II ihre Erträge steigern können, fehlt vielen ein strategischer Ansatz.
Mehr als die Hälfte der 44 befragten europäischen Vermögensverwalter behauptet, sie würden sich proaktiv auf die Umsetzung vorbereiten, und zwei Drittel glauben, eine Strategie eingeführt zu haben. Die Ergebnisse der Untersuchung «Solvency II for asset management» zeigen aber, dass die meisten bisher nur reaktiv gehandelt haben. «Die Vermögensverwalter erwarten, dass Solvency II ihr Geschäft fördert, aber wir haben kaum Anzeichen dafür gefunden, dass sie die Möglichkeiten und Chancen erkannt haben, wie sie ihre Erträge strategisch ausbauen können. Dabei steht viel auf dem Spiel, denn wer sich richtig positioniert, für den dürften sich neue Ertragsquellen erschliessen. Falls nicht, bringen sie unter Umständen bestehende Versicherungsmandate in Gefahr», so Hans-Jürgen Wolter, Partner im Asset Management Team von Ernst & Young. «Die Branche hat bislang vor allem reagiert und oft die anhaltende Unklarheit der Bestimmungen für fehlende Geschäftsinitiativen vorgeschoben. Solvency II alleine wird aber keine Mehrerträge generieren, wenn die Vermögensverwalter nicht langsam über die Unklarheiten hinweg sehen und sich proaktiv so aufstellen und positionieren, dass sie zusätzliche Erträge erwirtschaften.»
Solvency II kann zur Zeitbombe werden
Die Vorbereitungen der Vermögensverwalter laufen zwar planmässig, jedoch denken viele nicht über den Bereich Compliance hinaus. Ein Viertel der Befragten wird ihr Programm vor Januar 2013 umsetzen. Nur 15 Prozent denken, die Frist nicht einhalten zu können und erst nach Januar 2014 fertig zu werden. «Es bleiben nur noch 18 Monate, Solvency II wird also langsam zu einer Zeitbombe für Vermögensverwalter. Was die reine Compliance betrifft, so nehmen wir an, dass die meisten Akteure die Anforderungen rechtzeitig erfüllen, aber viele noch nicht wissen, wie sie die Solvency II-Programme zu ihrem Vorteil nutzen können», erklärt Hans-Jürgen Wolter. 45 Prozent der Vermögensverwalter geben zu, dass sie nur reaktiv handeln oder ein begrenztes Angebot haben, ein Drittel hat keine klar definierte Strategie und ein Fünftel hat überhaupt noch kein Programm. Nur 5 Prozent der Vermögensverwalter verfügen über Vorgaben in Bezug auf die Erträge aus Solvency II. «Vermögensverwalter, die einen proaktiven Ansatz zu Solvency II haben, bietet sich jetzt die Gelegenheit, ihren Mitbewerbern Marktanteile abzunehmen», so Hans-Jürgen Wolter.
Höhe der Kosten ungewiss
Hans-Jürgen Wolter sagt: «Die Vorbereitung auf Solvency II führt zu hohen Aufwendungen für Vermögensverwalter, das Personal erhält neue Aufgaben und es müssen neue Mitarbeitende in Bereichen eingestellt werden, die mit Solvency II verbunden sind. Da die Einzelheiten der Umsetzung immer noch nicht klar sind, wissen die Unternehmen auch nicht genau, welche Anforderungen an Kommunikation mit Kunden und an das nötige Datenmanagement gestellt werden.» Ein Befragter meinte: «Wir fürchten, zu viel für Solvency II auszugeben, bevor wir genau wissen, was der Gesetzgeber von uns verlangt.»
Lückenhafte Kommunikation zu Solvency II
Nur knapp ein Drittel der teilnehmenden Vermögensverwalter sagt, dass sie mit ihren Kunden, den Versicherungsgesellschaften, über Solvency II diskutiert haben. Trotz der immer knapper werdenden Zeit für die Vorbereitungen zu Solvency II, so hat die Untersuchung ergeben, hat ein beträchtlicher Teil der Vermögensverwalter noch nicht mit den Kunden darüber gesprochen. Während 53 Prozent der Vermögensverwalter angeben, erst mit weniger als der Hälfte ihrer Versicherungskunden über das Thema gesprochen zu haben, sagen 25 Prozent der Befragten, dass mehr als 90 Prozent ihrer Versicherungskunden die Planung und die Anforderungen von Solvency II noch nicht mit ihnen erörtert hätten. 20 Prozent der Befragten sind der Ansicht, die grösste Herausforderung sei der Aufbau eines Dialogs mit den Versicherungsgesellschaften. Hans-Jürgen Wolter: «Entweder warten die Vermögensverwalter, bis die Versicherungsgesellschaften von selbst auf das Thema zu sprechen kommen und ihnen eine Wunschliste vorlegen, oder sie implementieren ihr eigenes Solvency II-Programm, ohne mit ihren Kunden ausführlich darüber zu sprechen. Ein umfassender Dialog mit der Versicherungsbranche ist entscheidend für den Erfolg der Solvency II-Programme der Vermögensverwalter. Die meisten Asset Manager würden davon profitieren, wenn sie sich mehr engagierten.»
Der Survey steht unter www.ey.com/ch zur Verfügung. (Ernst & Young/mc/ps)
Informationen zur Umfrage
Die Untersuchung beruht auf einer Reihe von persönlichen und telefonischen Gesprächen mit Mitarbeitenden von 44 internationalen, nationalen, alternativen oder sonstigen europäischen Vermögensverwaltern. Die Gespräche fanden im Frühjahr 2012 statt. Die Fragen waren hauptsächlich quantitativ, bei einigen wenigen handelte es sich auch um halbstrukturierte Fragen.
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