Sorgen in Portugal um Grossbank Espirito Santo
Lissabon – Machtkampf in einer Bankerdynastie und finanzielle Schwierigkeiten eines Grossaktionärs: In Portugal wachsen die Sorgen um die Grossbank Banco Espírito Santo (BES). Die Börsenaufsicht CMVM in Lissabon setzte am Donnerstag die Notierung der Aktien der grössten Privatbank des Landes bis auf weiteres aus. Die Lage des Geldhauses, das in Portugal bislang als ein Inbegriff der Seriosität gilt, löste auch auf den internationalen Finanzmärkten Unruhe aus.
Der BES-Grossaktionär ESFG (Espirito Santo Financial Group) hatte am Donnerstagmorgen zuvor die Notierung seiner Aktien in Lissabon und Luxemburg auf eigenen Wunsch aussetzen lassen. Die Aktienkurse der Bank und der Holding ESFG waren in den vergangenen zwei Wochen um mehr als 40 Prozent gesunken.
Machtkampf innerhalb der Gründerfamilie
Dazu dürfte ein Machtkampf innerhalb der Gründerfamilie des alteingesessenen Geldhauses um die Nachfolge des langjährigen Konzernchefs Ricardo Salgado beitragen haben. Die Aktionärsversammlung soll am 31. Juli einen Nachfolger wählen. Die Bank spielt in der Wirtschaft Portugals eine herausragende Rolle. Seit langem kursiert in dem Land der Spruch: «Wenn es Espirito Santo gut geht, geht es auch Portugal gut.» Zu den Werbeträgern gehört der Weltklassefussballer Cristiano Ronaldo.
Portugals Ministerpräsident Pedro Passos Coelho hatte kürzlich davor gewarnt, die – von der Gründerfamilie kontrollierte – Holding mit der Bank zu verwechseln. «Die Holdinggesellschaft hat gewisse Schwierigkeiten, und die Verantwortlichen werden diese Probleme lösen», betonte der Regierungschef. «Aber es gibt keinen Grund zur Annahme, dass es bei der Bank ein Problem gibt.» Die ESFG ist mit 25 Prozent am Aktienkapital beteiligt. «Beide Unternehmen hiessen zwar ‹Espirito Santo›, sind aber zwei völlig verschiedene Dinge», sagte Passos Coelho. Die Lösung der Probleme bei der Holding sei nicht die Aufgabe der Regierung.
Spannungen auf dem Kapitalmarkt
Die Ratingagentur Moody’s hatte die Kreditwürdigkeit der Holding Anfang der Woche auf Ramschniveau herabgestuft. Sie begründete dies damit, dass die Eigentumverhältnisse und die Aufteilung des Aktienkapitals nicht genügend transparent seien. Ausserdem fehle es an Informationen über die finanzielle Lage. Am Dienstag hatten Meldungen die Runde gemacht, dass es bei einem zur Holding gehörenden kleineren Kreditinstitut zu Zahlungsverzögerungen bei einem kurzfristigen Schuldtitel gekommen sei. Portugiesische Medien berichteten, einige Kunden seien aufgefordert worden, die kurzfristigen Papiere gegen Aktien und langfristige Schuldtitel einzutauschen.
Der Wirbel um die Grossbank löste Spannungen auf dem Kapitalmarkt in Portugal und anderen europäischen Ländern aus. Die Staatsanleihen des Landes gerieten unter Druck. Der Zinssatz, den der portugiesische Staat für zehnjährige Anleihen zahlen muss, stieg auf etwa vier Prozent, den höchsten Wert seit drei Monaten. Portugal hatte im Mai den Rettungsschirm der EU verlassen. (awp/mc/pg)