Spaniens Finanzminister Cristóbal Montoro.
Madrid – Die Hiobsbotschaften aus Spanien reissen nicht ab: Das von Schulden geplagte Land hat erstmals Probleme bei der Beschaffung von frischem Geld auf den Finanzmärkten offen eingeräumt. «Die Tür zu den Märkten steht uns derzeit nicht offen», sagte Finanzminister Cristóbal Montoro am Dienstag dem Radiosender Onda Cero. Der Grund liege in den hohen Zinsen, die Spanien für seine Staatsanleihen bieten müsse.
Ministerpräsident Mariano Rajoy sprach sich erstmals öffentlich für eine Einführung von Eurobonds aus. Er hatte sich in dieser Frage bis dahin öffentlich nicht eindeutig festgelegt gehabt. Dies war vor allem darauf zurückgeführt worden, dass Madrid im Zwist zwischen Berlin und Paris sich nicht offen auf die Seite der Franzosen stellen wollte. Frankreichs Staatspräsident François Hollande tritt für eine möglichst rasche Einführung von Eurobonds ein, Bundeskanzlerin Angela Merkel ist dagegen. Die wieder aufgeflammte Schuldenkrise beschäftigte auch die G7-Finanzminister und Notenbankchefs. An den Börsen ging die Achterbahnfahrt weiter.
«EU braucht Bankenunion mit Eurobonds»
«Spanien hat ein Problem der Liquidität, der Finanzierung und der Tragbarkeit seiner Schuldenlast», räumte Rajoy im Senat (Oberhaus des Parlaments) ein. Er forderte die EU auf, eindeutig zu sagen, in welche Richtung sie gehen wird, um den Staaten mit Schuldenproblemen mehr Sicherheit zu geben. Die EU brauche eine Bankenunion mit Eurobonds und einer gemeinsamen Aufsichtsbehörde für die Geldinstitute, sagte der Regierungschef.
In der vergangenen Woche stieg der Satz, den Spanien für seine Zehn-Jahres-Anleihen bieten musste, auf bis zu 6,7 Prozent. Auf die Dauer ist eine Belastung, die nahe 7 Prozent oder darüber liegt, nicht zu tragen. Dies hatte bereits die Entwicklung in anderen Euro-Krisenländer wie Griechenland, Portugal oder Irland gezeigt. Eine internationale Rettungsoperation wie für diese Länder schloss Montoro für Spanien aufgrund der Grösse des Landes allerdings aus.
Banken benötigen insgesamt 40 Milliarden Euro
Das grösste Problem in der spanischen Schuldenkrise sind die Banken, die nach dem abrupten Ende des Immobilienbooms eine Vielzahl von «faulen Krediten» in ihren Bilanzen haben. Nach Ansicht des Präsidenten der Grossbank Santander, Emilio Botín, benötigen die spanischen Geldhäuser eine Kapitalspritze von insgesamt 40 Milliarden Euro.
Spanien will erreichen, dass Gelder aus den EU-Rettungsfonds direkt an kriselnde Banken fliessen. Dies ist jedoch nach den geltenden Verträgen nicht möglich. EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte angedeutet, dass in Zukunft eine entsprechende Möglichkeit geschaffen werden könnte. Deutschland ist allerdings dagegen. Montoro rief die EU zur Eile auf. «Die Zukunft des Euro steht auf dem Spiel», sagte er.
ESM-Gelder direkt an spanischen Bankenrettungsfonds?
Nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» (Mittwochausgabe) wird auf europäischer Ebene darüber verhandelt, ob Geld aus dem Euro-Schutzschirm direkt an den spanischen Bankenrettungsfonds (Frob) gezahlt werden kann. Im Gegenzug müsste die Regierung in Madrid zusagen, die zugrunde liegenden Probleme im Finanzsektor zu beseitigen – notfalls auch durch weitere Fusionen oder die Schliessung einzelner Institute, so die Zeitung. Anders als etwa Griechenland bräuchte sie demnach aber keine umfassenden Auflagen zur Haushaltssanierung und zur Reform der Wirtschaft hinnehmen. Derzeit werde allerdings noch geprüft, ob eine Überweisung von Mitteln an den Frob rechtlich zulässig ist. (awp/mc/ps)