Peter Sands, CEO Standard Chartered.
London – Die Skandalserie bei den britischen Grossbanken nimmt kein Ende. Die New Yorker Finanzaufsicht rückte am Montagabend das bisherige Vorzeige-Institut Standard Chartered ins Zwielicht. Ermittlungen der Behörde zufolge soll die Bank über Jahre Geldgeschäfte im Umfang von 250 Milliarden US-Dollar für iranische Banken abgewickelt haben. Das ist wegen der geltenden Sanktion gegen das Land illegal. Standard Chartered wies die Vorwürfe am Dienstag zurück, die Aktie brach bis am Mittag um über 23 Prozent ein.
Standard Chartered verdiente mit den illegalen Geschäften der Behörde zufolge Hunderte Millionen Dollar Gebühren. Insgesamt soll die Bank rund 60.000 einzelne Transaktionen abgewickelt und vor den Behörden verborgen haben. Nun drohen der Bank harte Strafen. Analysten rechnen mit Milliardenbelastungen.
Entzug der Banklizenz angedroht
Die New Yorker Finanzaufsicht drohte bereits mit dem Entzug der Banklizenz in den USA. Dort hat Standard Chartered zwar kein grosses Geschäft, ein Entzug der Zulassung dürfte aber den Zugang zum US-Dollar deutlich erschweren. Die Behörde bestellte die Führungsspitze des Instituts zum Rapport. In einem ersten Schritt muss die Bank nun einen unabhängigen Aufseher einstellen, der die Geschäfte überwacht.
Standard Chartered widersprach den Vorwürfen. Die Darstellung der Behörde gäbe nicht das korrekte Bild der Fakten wider, hiess es in einer Mitteilung. Mehr als 99,9 Prozent der Transaktionen im Zusammenhang mit dem Iran bewegten sich innerhalb der gesetzlichen Regeln und hätten nichts mit Parteien zu tun, die von der US-Regierung als terroristisch eingestuft werden. Lediglich bei Geschäften im Umfang von 14 Millionen Dollar sei das nicht der Fall. Die Bank betonte, Anfang 2010 selbst auf die Behörden zugegangen zu sein und Daten vorgelegt zu haben.
Weitere Geschäfte mit «Schurkenstaaten» im Visier
Standard Chartered hatte eine erste Niederlassung 1993 im Iran eröffnet. Die Vorwürfe betreffen den Zeitraum von 2001 bis 2007. Danach hat die Bank das Neugeschäft im Land eingestellt und sich im Mai dieses Jahr komplett aus dem Iran zurückgezogen. Die New Yorker Finanzaufsicht untersucht nach eigenen Angaben weitere Transaktionen der Bank mit Ländern wie Libyen, Myanmar und Sudan, gegen die ebenfalls Sanktionen gelten.
Die britischen Banken stehen seit Wochen im Zentrum internationaler Kritik. Ende Juni musste Barclays wegen Manipulationen am Referenzzinssatz Libor fast eine halbe Milliarde Dollar Strafe zahlen. Die Führungsspitze des Instituts trat ab. Im Juli bat die britische Grossbank HSBC in den USA für frühes Fehlverhalten um Entschuldigung. Einem Untersuchungsbericht des US-Senats zufolge hatten HSBC-Filialen über Jahre Milliarden aus Ländern wie Mexiko, Iran und Saudi-Arabien in die USA transferiert und Drogenhändlern sowie Finanzierern des Terrorismus in die Hände gespielt.
Von Rekord zu Rekord
Standard Chartered galt bislang als Vorzeige-Institut unter den fünf britischen Grossbanken. In den vergangenen acht Jahren steigerte es sich trotz Finanzkrise von einem Rekord zum nächsten. Sie macht einen Grossteil ihres Geschäfts in Asien, dem Nahen Osten und Afrika. (awp/mc/pg)