Standard Chartered will 15’000 Stellen streichen
Bill Winters, CEO Standard Chartered. (Foto: Standard Chartered)
London – Mit Standard Chartered plant die nächste europäische Grossbank massive Einschnitte. Das vor allem auf Asien ausgerichtete britische Institut kündigte am Dienstag in London den Abbau von rund 15’000 ihrer zuletzt etwa 90’000 Stellen an. Damit will der neue Vorstandschef Bill Winters die Kosten bis 2018 um 2,9 Milliarden Dollar drücken. Zudem will sich die Bank rund 3,3 Milliarden Pfund über die Ausgabe neuer Aktien besorgen, um Luft für Investitionen zu bekommen. Die Aktionäre müssen Abstriche bei der Dividende hinnehmen: Für die zweite Jahreshälfte gibt es nichts mehr, so dass die Ausschüttung für 2015 stark sinkt.
Im dritten Quartal rutschte die Bank wegen steigender Kreditausfälle überraschend in die roten Zahlen. Vor Steuern stand ein Verlust von 139 Millionen US-Dollar. Vor einem Jahr hatte der Hauptsponsor des FC Liverpool noch 1,5 Milliarden Pfund vor Steuern verdient. Analysten hatten keinen Verlust erwartet, Aktien des Konzerns rutschten nach Veröffentlichung der Zahlen an der Börse Hongkong um gut sechs Prozent ins Minus. Damit haben sie in diesem Jahr schon fast ein Drittel verloren.
«StanChart» war lange vom Erfolg verwöhnt und hatte auch in der Finanzkrise immer seinen Gewinn gesteigert. Doch seit gut zwei Jahren geht es abwärts. Die Bank macht einen Grossteil ihrer Geschäfte in Asien und leidet unter der sich dort abschwächenden Wirtschaft. Das lässt die Kosten für faule Kredite steigen. Allein im vergangenen Quartal musste die Bank die Risikovorsorge auf gut 1,2 Milliarden Dollar mehr als verdoppeln. Vor allem in Indien musste das Institut nun vorsorgen.
«Umfeld schwierig – Leistung enttäuschend»
Im Frühsommer musste der langjährige Vorstandschef Peter Sands gehen. Nun soll mit Winters der frühere Chefinvestmentbanker der US-Grossbank JPMorgan das Ruder herumreissen. «Das Umfeld in unseren Märkten bleibt schwierig und unsere Leistung ist enttäuschend», erklärte der Manager.
Neben den Konjunktur-Sorgen beschäftigen das Institut auch Auseinandersetzungen mit Aufsehern. So rügen etwa US-Behörden mangelhafte Computersysteme als Schutz gegen Geldwäsche. In diesem Bereich muss die Bank daher dringend investieren.
Erst in der vergangenen Woche hatte auch die Deutsche Bank eine Modernisierung ihrer IT neben einem harten Sparpogramm angekündigt. Auch beim britischen Standchart-Konkurrenten Barclays und bei der Schweizer Credit Suisse stehen tiefe Einschnitte bevor. Diese Institute wähnten sich allesamt als Sieger der Finanzkrise, allerdings verpassten sie es danach, diesen Vorteil auszuspielen. Zudem unterschätzten die Konzerne Folgen der immer strengeren Vorgaben der Aufsichtsbehörden.
Die angekündigten Einschnitte bei Standard Chartered kommen nicht überraschend. Eine Kapitalerhöhung sei nur eine Frage der Zeit gewesen, sagte ein Analyst in Hongkong. Zuletzt war darüber spekuliert worden, dass die Bank sogar doppelt so viel Geld einsammeln müsse, als nun angekündigt. (awp/mc/upd/ps)