Stefan Schulthess, Vorsitzender Gruppenleitung SGV AG, im Interview

Stefan Schulthess, Vorsitzender Gruppenleitung SGV AG, im Interview
Stefan Schulthess, Vorsitzender Gruppenleitung SGV AG. (Foto: SGV)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Schulthess, Ende Jahr konnte Shiptec, eine Tochtergesellschaft der SGV Holding AG, den Grossauftrag für den Bau zweier Fähren im Umfang von 57 Millionen Franken gewinnen. Kann Shiptec auch riesige Hochseejachten bauen?

Stefan Schulthess: Na ja, die zwei geplanten Personenfähren für die Compagnie Générale de Navigation sur le lac Léman (CGN) fallen ja nicht in die Kategorie Hochseeyachten. Technisch betrachtet würden wir schon auch eine Hochseeyacht bauen können, aber auf diesem Markt ist Shiptec bewusst nicht tätig. Um unternehmerisch erfolgreich sein zu können muss man ja nicht nur ein Produkt technisch herstellen können, sondern den entsprechend Markt auch richtig verstehen und bearbeiten, was wir uns im Fall von Hochseeyachten nicht zutrauen.

Die beiden Fähren wurden von der CGN bestellt und werden die Verbindungen Lausanne-Thonon und Lausanne-Evian zeitlich um fast die Hälfte verkürzen. Was ist der Grund für diesen Geschwindigkeitsrekord?

Ob es sich um einen Geschwindigkeitsrekord handelt, weiss ich nicht. Aber eine hohe Geschwindigkeit ist tatsächlich wichtig, da die CGN in diesem Fall nicht im touristischen Freizeitverkehr, sondern im öffentlichen Verkehr operiert, wo kurze Fahrzeiten für die Pendler zwischen Frankreich und der Schweiz nicht nur erwünscht, sondern verlangt werden.

«Neben der relativ hohen Geschwindigkeit sollen die neuen Personenfähren auch möglichst schadstoffarm unterwegs sein.»
Stefan Schulthess, Vorsitzender Gruppenleitung SGV AG

Ich dachte bei meiner Frage eher an die technische Seite…

Der Antrieb wird mittels Hybridkonzept realisiert, welches in ähnlicher Konfiguration durch Shiptec bereits in früheren Projekten umgesetzt wurde, unter anderem auf dem MS Diamant auf dem Vierwaldstättersee. Neben der relativ hohen Geschwindigkeit sollen die neuen Personenfähren auch möglichst schadstoffarm unterwegs sein. Deshalb wurde ein Schiff in Aluminium-Leichtbauweise entworfen, welches speziell für diese Anwendung optimiert wurde.

Durch die über mehrere Jahre gestreckte Verbuchung des Grossauftrags wird Shiptec ab 2020 umsatzmässig in etwa auf Höhe des Schifffahrtsbetriebs der SGV AG und der Gastronomie- und Hotellerietochter Tavolago liegen. Wie geht es dann weiter in vier Jahren?

Shiptec ist seit jeher im klassischen Projektgeschäft mit schwankenden Umsätzen tätig. Darum ist eine aussagekräftige Prognose für «was ist in vier Jahren» nur bedingt möglich. Aber wichtiger als Umsatz und Wachstum ist meines Erachtens die Profitabilität und eine rasche Anpassung an sich ändernde Rahmenbedingungen. Welche Aufträge Shiptec in vier Jahren genau ausführen wird, weiss ich nicht aber ich bin optimistisch, dass Shiptec unternehmerisch so agil aufgestellt ist, um auch nach diesem Grossauftrag erfolgreich auf dem Markt tätig sein zu können.

«Ob sich der Kanton Luzern als Seegrundbesitzer an den Kosten fürs Ausbaggern des Seegrunds im Luzerner Werftbecken beteiligen wird, dürfte schlussendlich gerichtlich beurteilt werden.»

Die Erfolgsrechnung 2019 wird mit Sonderkosten für die Ausbaggerung des Seegrunds im Luzerner Werftbecken belastet sein. Wird sich der Kanton Luzern beteiligen?

Die Jahresrechnung 2019 wird glücklicherweise nur noch mit knapp einer halben Million Franken belastet, weil wir in den Vorjahren bereits Rückstellungen von 2,5 Millionen Franken getätigt hatten. Ob sich der Kanton Luzern als Seegrundbesitzer an den Kosten beteiligen wird, ist immer noch Gegenstand von Diskussionen. Ich gehe davon aus, dass wir dies schlussendlich gerichtlich beurteilen lassen wollen.

Wie geht es an der sanierungsbedürftigen historischen Anlegestelle Tellsplatte weiter?

Da sind wir im Zeitplan. Momentan laufen das Bewilligungsverfahren beim Bundesamt für Verkehr BAV und unsere Ausschreibungen für die Baumeisterarbeiten. Wenn alles klappt, erhalten wir bis im Sommer 2020 vom BAV die Baubewilligung, und ab Herbst 2020 sollte die Station wieder fahrplanmässig angefahren werden können.

Bald wird mit dem Dampfschiff Stadt Luzern das zweite Schiff Ihrer Flotte unter Denkmalschutz gestellt. Schlägt sich so eine Auszeichnung in den Benutzerzahlen nieder?

Leider nein.

Nachdem die SGV im Gegensatz zu anderen Gesellschaften im Dezember 2016 auf eine Preiserhöhung verzichtet hatte, hat sie die Fahrpreise nun auf 2020 um durchschnittlich 5,7 Prozent angehoben. Wie elastisch werden die Kunden reagieren?

Wir gehen von einer unelastischen Nachfrage aus. Das heisst unsere Kunden haben Verständnis für die höheren Fahrpreise und schränken ihre Fahrten nicht ein. Zwei Sachen sind wichtig zu wissen: Erstens stammt ein Grossteil unserer Einnahmen aus sogenannt pauschalisierten Angeboten wie GA, HATA oder ÖV-Tageskarten, und diese Produkte wurden nicht verteuert. Der erwartete Mehrumsatz liegt also deutlich tiefer als bei +5.7 Prozent, und zweitens liegt bei der SGV der durchschnittliche Ertrag pro Passagier lediglich bei rund 13 Franken. Da ist es nicht erstaunlich, dass eine Preiserhöhung von durchschnittlich 5.7 Prozent oder knapp 75 Rappen keine grosse Auswirkung auf die Nachfrage hat.

«Der free cashflow bei den einzelnen Unternehmen ist für uns die wichtigere Grösse als ein Vergleich der unterschiedlichen Margen. »

Wo sitzt jetzt die beste Marge, in der Schifffahrt, dem Catering oder bei der Shiptec?

Die Marge ist bei der SGV am höchsten und bei der Tavolago in der Gastronomie/Hotellerie am geringsten. Shiptec liegt dazwischen. Da aber bei der SGV die Investitionen um ein mehrfaches grösser sind als bei Tavolago und Shiptec ist der free cashflow bei den einzelnen Unternehmen die für uns wichtigere Grösse als ein Vergleich der unterschiedlichen Margen.

Im vergangenen Jahrzehnt konnte die SVG Gruppe Umsatz und EBITDA um jeweils über die Hälfte steigern. Ist das auch Ihr Ziel fürs neue Jahrzehnt?

Eine Prognose hinsichtlich Umsatzwachstum im nächsten Jahrzehnt wage ich nicht, und beim EBITDA dürfte eine massive prozentuale Verbesserung kaum möglich sein, solange wir in den drei bisherigen Märkten touristischer Verkehr, Gastronomie und Industrie tätig sind. Ziele für eine ähnlich starke Steigerung von Umsatz und EBITDA im neuen Jahrzehnt haben wir uns darum nicht gesetzt.

Letztes Jahr verhalfen einige Grossanlässe wie das Eidgenössische Schwingfest in Zug der Gastronomie von Tavolago zu stolzen Umsätzen. Gibt es in absehbarer Zeit ähnliche Grossfeste?

Im Januar 2021 ist die Winter Universiade in Luzern geplant. Tavolago spielt im Catering dabei eine wichtige Rolle.

Verdienen Sie eigentlich mit dem Urbräu, dem Bier der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees, Geld?

Hah! Unser eigenes Bier Urbräu ist ein gutes Bier und eine sympathische Geschichte in der Kundenkommunikation. Der Umsatzanteil und damit auch der Gewinnanteil sind aber unbedeutend im Vergleich zum Gesamtumsatz.

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