Konrad Hummler, geschäftsführender Partner Bank Wegelin & Co.
New York – Die St. Galler Bank Wegelin & Co. ist auch zu einer zweiten Anhörung vor einem New Yorker Gericht nicht erschienen. Der Staatsanwalt wirft der Bank vor, US-Kunden Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet zu haben. Die Anhörung vor Richter Jed Rakoff verlief in weiten Teilen wie der erste Gerichtstermin im Februar, dem die Wegelin-Partner ebenfalls fern geblieben waren. Auch dieses Mal blieb die Sitzbank der Verteidigung leer, auch kein Rechtsanwalt vertrat die St. Galler Privatbank, die keine Niederlassung in den USA hat.
Rakoff und der Staatsanwalt befanden, die Bank gelte nun als flüchtig vor der US-Justiz. Das zweimalige Fernbleiben zeuge von Respektlosigkeit nicht nur gegenüber dem amerikanischen Recht, sondern auch gegenüber den Schweizer Behörden, die die Vorladung und die Klage korrekt zugestellt hätten, sagte Rakoff. Der zuständige Staatsanwalt Daniel Levy wies darauf hin, dass Wegelin die Korrektheit der Zustellung vor Schweizer Gerichten in Frage stelle. Zwei Gerichte hätten den Antrag aber bereits abgewiesen.
Weitere Schritte unklar
Auf die Frage des Richters, wie die Staatsanwaltschaft weiter vorzugehen gedenke, antwortete Levy, man habe zur Zeit keine weiteren Vorschläge. Würde es sich um eine amerikanische Partnerschaft handeln, die auf zwei Vorladungen nicht reagiert, wäre der nächste Schritt, ein Haftbefehl gegen individuelle Partner zu suchen, sagte der Richter. Dies werde geprüft, sagte der Staatsanwalt. Zum einen sei noch nicht klar, ob das Gericht die Befugnis habe, in diesem Fall einen Haftbefehl auszustellen. Auch sei ungewiss, ob die Schweiz auf ein entsprechendes Gesuch eintreten würde, da das Land seine Bürger nicht ausliefere.
Richter Rakoff schloss die Verhandlung mit der Forderung an die Staatsanwaltschaft, bald konkrete nächste Schritte einzuleiten, sonst sehe er sich gezwungen, die Klage fallen zu lassen. «Ich denke, einen Haftbefehl anzufordern ist zumindest eine Möglichkeit», sagte der Richter.
Wegelin beruft sich auf Schweizer Recht
Wegelin & Co. veröffentlichte nach dem Gerichtstermin eine Medienmitteilung. Den Verzicht auf die Teilnahme an der Anhörung begründet die Bank damit, das sie laut Schweizer Gesetz nicht verpflichtet sei, der Vorladung Folge zu leisten. «Konkret hält Art. 69 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen fest: ‹Wer eine Vorladung zum Erscheinen vor einer ausländischen Behörde entgegennimmt, ist nicht verpflichtet, ihr Folge zu leisten'», heisst es in der Mitteilung. «Wegelin lehnt eine Teilnahme insbesondere deshalb ab, weil die Gefahr besteht, dass das US-Gericht Befehle erlassen könnte, die Wegelin zur Verletzung von schweizerischem Recht verpflichten würden», hiess es weiter.
Die US-Justizbehörden zogen in Zusammenhang mit dem Verfahren bereits 16 Mio USD von Wegelin ein. Das Geld lag auf einem Konto bei der Wegelin-Korrespondenzbank UBS im Bundestaat Connecticut.
Zehn weitere Schweizer Banken im Visier
Neben Wegelin stehen weitere zehn Schweizer Banken im Visier der US-Behörden. Die Aktionen begannen 2007 mit einer Untersuchung gegen die UBS. Das Verfahren, in das sich dann auch der Bundesrat einschalten musste, endete damit, dass die UBS 780 Mio USD Strafe zahlte und mit dem Segen der Schweizer Behörden die Namen von 4’450 US-Kunden herausgab. Andere Schweizer Banken, darunter auch Wegelin, übernahmen dann von UBS amerikanische Kunden.
Die acht Teilhaber der Bank Wegelin, mit Gründungsjahr 1741 die älteste Privatbank der Schweiz, verkauften unterdessen alle ihre Geschäftsbereiche mit Ausnahme jener in den USA an die Raiffeisen-Gruppe. Die neue Privatbank heisst Notenstein. (awp/mc/upd/ps)