Strauss-Kahn: Frankreich stellt Vorermittlungen ein
Dominique Strauss-Kahn, ehemaliger IWF-Direktor.
Paris – Der frühere IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn muss in Frankreich nicht wegen Vergewaltigungsversuchs vor Gericht. Die Beweise gegen ihn reichten nicht aus, betonte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag in einer Erklärung. Allerdings werde der Vorwurf der sexuellen Aggression, den die Schriftstellerin Tristane Banon erhoben hat, «anerkannt». Die Tat aus dem Jahr 2003 sei aber verjährt.
Die 32-jährige Banon hatte dem früheren Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) vorgehalten, im Februar 2003 bei einem Interview in einer Pariser Wohnung über sie hergefallen zu sein. Banon zeigte Strauss-Kahn aber erst im Juli dieses Jahres wegen versuchter Vergewaltigung an, als dieser wegen ähnlicher Vorwürfe eines Zimmermädchens in New York unter Anklage stand.
«Angst vor der Macht Strauss-Kahns»
Banon gab «Angst vor der Macht» von Strauss-Kahn als Grund für die Verzögerung an. Der 62-jährige Strauss-Kahn zeigte Banon wegen Verleumdung an und warf ihr vor, den Vorfall erfunden zu haben. Die Autorin hatte für den Fall, dass es nicht zu einem Ermittlungsverfahren kommt, eine Zivilklage angekündigt. Dann müsste ein unabhängiger Untersuchungsrichter den Fall noch einmal aufrollen. Banons Anwalt bezeichnete «DSK» nach der Entscheidung der Staatsanwaltschaft am Donnerstag als «nicht verurteilten sexuellen Angreifer». Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft sei ein «erster Sieg» für seine Mandantin, erklärte David Koubbi. Sie zeige, dass die Akte Strauss-Kahn nicht leer sei und die Vorfälle nicht erfunden seien.
Einstiger Hoffnungsträger
Auch in den USA läuft noch ein Zivilverfahren gegen den früheren Hoffnungsträger der französischen Sozialisten. Das Zimmermädchen Nafissatou Diallo wirft Strauss-Kahn vor, sie im Luxushotel Sofitel zum Oralsex gezwungen zu haben. Ein New Yorker Gericht stellte das Strafverfahren Ende August ein, da es Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Opfers hatte. Wegen der Vorwürfe in den USA war Strauss-Kahn im Mai von seinem Posten als Chef des Währungsfonds zurückgetreten. Die Affäre beeinträchtigte auch seine politische Karriere in der Heimat, wo er lange als aussichtsreichster Herausforderer von Präsident Nicolas Sarkozy gegolten hatte.
Annäherung ohne Gewaltanwendung
Strauss-Kahn war im September nach seiner Rückkehr aus den USA von der Polizei zu den Vorwürfen Banons befragt worden. Dabei gab er nach Angaben der Ermittler eine «Annäherung» zu, allerdings ohne Gewaltanwendung. Um den Wahrheitsgehalt der Vorwürfe herauszufinden, hatte die Justiz auch eine Konfrontation der beiden verfügt. Banon hielt ihre Vorwürfe dabei aufrecht, Strauss-Kahn bestritt erneut jegliche Gewaltanwendung. Am Donnerstag war in Frankreich auch Banons neues Buch auf den Markt gekommen, in dem sie ihre Version des Geschehens darlegt. In «Le Bal des hypocrites» (übersetzt: «Der Ball der Heuchler») versucht sie auf 126 Seiten zu erklären, warum sie Strauss-Kahn erst Jahre nach dem Vorfall angezeigt hat. In dem Buch nennt sie ihn jedoch kein einziges Mal beim Namen. (awp/mc/ps)