Stresstest: Europas Aufseher ziehen Schraube für Banken an
(Foto: EBA)
London – Mit dem bislang härtesten Stresstest wollen Bankaufseher die Stabilität der grössten europäischen Kreditinstitute in den kommenden Monaten überprüfen. Die Banken müssen dabei unter Beweis stellen, dass sie auch bei möglichen wirtschaftlichen Schocks noch genug Eigenkapital haben, um nicht in eine Schieflage zu geraten. Die genauen Kriterien für das Stress-Szenario legte die europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA am Dienstag in London vor. Mit der Überprüfung will die EBA Vertrauen in die Banken schaffen. Die Ergebnisse sollen im Oktober vorliegen.
Das Krisenszenario sieht unter anderem vor, dass die europäische Wirtschaft im laufenden Jahr nicht wie eigentlich angenommen wächst, sondern um 0,7 Prozent schrumpft. Für das kommende Jahr wird dann ein Rückgang von 1,5 Prozent simuliert, für 2016 eine minimale Erholung um 0,1 Prozent. Dabei wird zugleich angenommen, dass die Immobilienpreise um gut ein Fünftel fallen. Hinzu kommt der Verfall von Währungen wie dem ungarischen Forint und dem polnischen Zloty von einem Viertel. Auch ein Verfall der Aktienkurse von fast 20 Prozent sowie einknickende Staatsanleihen gehören zu dem Szenario.
Eigenkapitalquote muss auch im worst case 5,5 % betragen
Auch im schlimmsten der simulierten Fälle müssen die Banken noch auf eine harte Eigenkapitalquote von 5,5 Prozent kommen. Das heisst, dass die Risikopositionen der Institute auch bei einem Wirtschaftseinbruch mit genügend eigenen Mitteln abgesichert sind. Die EBA wird pro Bank 7000 Datensätze prüfen. «Volle Transparenz der Prüfung wird entscheidend dafür sein, ob sie glaubwürdig ist», sagte der EBA-Vorsitzende Andrea Enria. Insgesamt prüft die EBA 124 Banken, darunter 23 deutsche.
Eigenkapital gilt als wichtiger Puffer gegen neue Bankenkrisen. Derzeit haben die Institute nach EBA-Angaben im Schnitt eine harte Eigenkapitalquote von 11,7 Prozent. Die bisherigen Stresstests in Europa hatten das Ziel verfehlt, Vertrauen in die Stabilität der Banken zu schaffen. Sie wurden als nicht hart genug kritisiert.
Risiken und Kapitallücken sollen aufgedeckt werden
Der neueste EBA-Stresstest bildet zugleich den Abschluss der dreistufigen intensiven Überprüfung der grössten Banken der Eurozone durch die Europäische Zentralbank (EZB). Mit dem umfassenden Check will die Notenbank Risiken und Kapitallücken in den Bilanzen der Banken aufspüren, ehe sie am 4. November als Teil der europäischen Bankenunion die Oberaufsicht über die Grossbanken der Eurozone übernimmt. Damit soll das Vertrauen in die Finanzinstitute gestärkt werden. Den Stresstest machen EZB und EBA zusammen. Die EBA ist auch für die europäischen Banken ausserhalb der Eurozone zuständig.
Neun Monate Zeit, um mögliche Lücken zu füllen
Die EZB forderte die Banken der Eurozone derweil auf, schnell auf auftretende Kapitallöcher zu reagieren. Institute, die schon bei der laufenden Überprüfung der tatsächlichen Bilanz oder im Basisszenario des Stresstests Löcher aufweisen, sollen diese binnen sechs Monaten schliessen. Wer beim hypothetischen Krisenszenario im anstehenden Stresstest scheitert, soll neun Monate Zeit bekommen, die Lücken zu füllen. Das können die Institute tun, in dem sie etwa Gewinn einbehalten und weniger Dividenden zahlen, ihre Risikopositionen abbauen oder neue Aktien auf den Markt geben. Eigenkapitalähnliche Hybridanleihen will die EZB dagegen nur begrenzt akzeptieren. Zuletzt hatten insbesondere italienische und auch griechische Banken viel getan, um mit Blick auf die EZB-Prüfung ihr Kapital zu verbessern. (awp/mc/pg)