Swiss Finance Startups: Die Zukunft des Schweizer Finanzplatzes?

Zürich, Finanzplatz mit aufkommender FinTech Startup-Kultur (Bild: (c) Helmuth Fuchs)

Zürich – Der Schweizer Finanzplatz ist unter Druck: Globalisierung, Betrugs-Skandale, Steuerstreitigkeiten, Regulierungen. Es gibt nur wenige Lichtblicke für die gebeutelten Banken. Abseits von den Negativschlagzeilen um immer noch rekordhohe Boni, Dark Pools, Zins- und anderen Manipulationen machen sich junge Gründer auf, den Finanzplatz für die nächste Generation, die «Digital Natives», zu formen. In unmittelbarer Nähe zum Epizentrum Paradeplatz senden die Jungunternehmer wahrnehmbare Zeichen aus.

Von Helmuth Fuchs

Nicht Champagner-Klirren, sondern «Bratwurst-Pitch» ist angesagt in den ehrwürdigen, stilvollen Räumen an der Schipfe 2. Die Vereinigung der «Swiss Finance Startups» hat eingeladen, sich in lockerer Atmosphäre die neuesten Entwicklungen einiger ambitionierter FinTech Startups anzuschauen. In jeweils 5 Minuten stellen die Unternehmer vor, welchen Beitrag sie zum Finanzplatz der Zukunft leisten wollen, welche Produkte sie entwickeln oder schon anbieten.

Banking für «Digital Natives»
Innovation ist ein Begriff, den nur wenige mit der Bankenwelt in Verbindung bringen. Abgesehen von komplexen Anlagevehikeln (Derivate, Hedge Funds), die scheinbar zum Schluss auch von den Banken-Mitarbeitern selbst nicht mehr verstanden wurden und sich als unkalkulierbare Risiken entpuppten, taten sich Banken eher schwer mit dem Thema. Zwar machten sie zögerlich Gebrauch von externen Innovationen (mobile Geräte, Hochleistungsrechner, Internet), trugen aber selbst kaum etwas bei zur Innovation der eigenen Prozesse oder des eigenen Geschäftsmodells. Dies möchte Swiss Finance Startups ändern und den künftigen Finanzplatz Schweiz für diejenigen mitgestalten, die mit Sozialen Medien, Internet und mobilen Plattformen aufwachsen und die Bankkunden der Zukunft darstellen.

Die Schweiz als traditionell weltweit führender Finanzplatz hat eine ausgezeichnete Ausgangslage, sich auch in der Szene der FinTech Startups, die modernste Technologien nutzen, um Anwendern die Leistungen der Finanzwelt schneller und einfacher zugänglich zu machen, eine Spitzenposition zu sichern. Wissen, Erfahrung, Geld, Ausbildungs-Institute sowohl für IT- als auch Finanz-Berufe, hervorragende Infrastruktur, Rechtssicherheit, alles ist vorhanden. Was fehlt ist die Investitionsbereitschaft in das Entstehende, teilweise Unbekannte und somit Risikobehaftete von Seiten der Investoren und vor allem Erstkunden, welche Neuentwicklungen in ihrem Umfeld auch einsetzen und so zum Marktdurchbruch verhelfen. Das Risiko besteht, dass das Silicon Valley, London und Berlin Zürich schnell in den Schatten stellen, noch besteht aber genau so die Möglichkeit, dass Zürich sich als gestaltende Kraft zum Thema FinTech etabliert. Das ist zumindest das Ziel von Swiss Finance Startups.

Fünf Minuten für eine erste Entscheidung
Die Bandbreite zwischen echter Innovation und minimaler Verbesserung des Bestehenden ist auch bei den Startups gross. Während einzelne Unternehmer schon eine eindrückliche Kundenbasis vorweisen können, stehen andere noch völlig am Anfang. Gerade das aber macht auch den Reiz für die Investoren aus. Sie können in unterschiedlich reife Unternehmen mit dementsprechenden Risiken und Gewinnchancen investieren. Fünf Minuten sind natürlich zu wenig, um eine vertiefte Einsicht zu bekommen, aber genug, um persönlich eine erste Einschätzung vorzunehmen und zu entscheiden, ob man das Unternehmen genauer anschauen und ein Gespräch mit den Unternehmern führen möchte. Dabei hilft, wenn man einen groben Entscheidungsraster im Kopf hat. Nichts wissenschaftlich Ausgeklügeltes, sondern eine grobe Entscheidungshilfe findet sich weiter unten.

Präsentierende Unternehmen am 26. August 2014
Folgende Firmen präsentierten sich und ihre Lösung am Swiss Finance Startup Anlass vom 26. August 2014:

Entscheidungshilfe für eine Schnell-Beurteilung eines Startups
Hier meine persönliche kleine Entscheidungshilfe: Pro Anbieter und Kategorie vergebe ich eine erste «Note» von 1 (schlechte Erfüllung) bis 6 (Begeisterung herrscht), summiere und bekomme so eine erste Gewichtung. Es muss schnell entschieden werden, ob es sich um ein Nischen- oder Massenangebot handelt (nur eine Möglichkeit kommt in die Wertung), wobei beim Nischenangebot ebenfalls eine Internationalisierung möglich ist.

Visualisierung:
Wie präsentiert sich die Lösung? Wie einfach ist Sie zu handhaben? Entspricht sie aktuellen Designvorstellungen? Gibt es innovative Elemente? Wie interagiert die Lösung mit externen Elementen?

Prozess-Innovation:
Bietet die Lösung eine graduelle Verbesserung eines bestehenden Zustandes, bietet sie eine einfache Neuentwicklung oder ist es eine fundamentale Neudefinition mit disruptiven Elementen?

Technische Innovation:
Auf welcher Plattform wird die Lösung erstellt (offen, proprietär), werden eigene Algorithmen entwickelt und eingesetzt, gibt es patentwürdige Elemente?

Nischenpotential:
Welche Spezialisten, Berufsgruppen, Segmente oder Industrien profitieren von der Lösung? Wie gestaltet sich die Monetarisierung innerhalb der Zielgruppe.

Massenpotential:
Welche grossen Benutzerkreise werden angesprochen, wie gut lässt sich das Angebot internationalisieren, welche sprachliche, kulturelle und rechtliche Gegebenheiten gilt es zu beachten und welche Kosten sind damit verbunden?

Köpfe:
Wer steckt hinter der Lösung? Ist es die erste Unternehmung, welche Erfahrungen sind vorhanden, welches Netzwerk hat die Person, wie viel Charisma strahlt sie aus, wie gross ist die visionäre Kraft der Führungspersonen?

 

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