Versicherer haben erst einen Teil der Coronaschäden verbucht
Zürich – Die Coronapandemie wird noch tiefe Spuren in den Bilanzen der Versicherer hinterlassen. Die Branche muss schätzungsweise Coronaschäden von 50 bis 80 Milliarden Dollar schultern.
Davon hätten die Erst- und Rückversicherer bis Ende Juni lediglich 20 Milliarden Dollar verbucht, sagte Swiss Re-Underwritingchef Thierry Léger am Dienstag in einer Onlinekonferenz zum ausgefallenen Branchentreffen in Monte Carlo. «Es scheint, dass noch mehr kommt», sagte Léger.
Die Coronaschäden fielen beispielsweise durch die Absage von Veranstaltungen, in der Reiseversicherung oder durch Betriebsunterbrüche an. Auf der anderen Seite seien die Schäden in der Autoversicherung gesunken, weil die Leute während des Lockdowns weniger gefahren und damit weniger Unfälle gebaut hätten.
Allerdings dürfte das kein anhaltender Trend sein. Denn mit der Erholung der Wirtschaft, würden die Menschen auch wieder mehr fahren. Zudem könne die Pandemie gar einen langfristigen Effekt haben, weil die Menschen den öffentlichen Verkehr meiden würden.
Vielleicht würden sie sogar mehr hinters Steuer setzen als vorher, sagte Léger. Zudem hätten die Autos immer mehr Sonderausstattung an Bord, die bei einem Unfall teurer zu reparieren sei. Und die Menschen würden zunehmend ihr Smartphone am Steuer bedienen, was zu mehr Unfällen führe.
Mehr Haftpflichtklagen
Gleichzeitig gebe es immer mehr Haftpflichtklagen, weil das Misstrauen gegenüber Unternehmen und Institutionen steige. Die Prozessfreudigkeit habe zugenommen. Es sei unwahrscheinlich, dass die allgemeine Empörung und Polarisierung der Gesellschaft nach der Pandemie zurückgehen werde, erklärte Léger.
Und die versicherten Schäden aus Naturkatastrophen würden zunehmen. Dabei richten nicht nur die Grossereignisse wie Hurrikane Verwüstungen an, sondern auch die so genannten sekundären Gefahren wie Hagelzüge, Brände oder Schneefälle. Die Schäden von sekundären Gefahren würden grösser, weil immer mehr Risikogebiete besiedelt würden, sagte Léger. Ausserdem sei der Klimawandel ein treibender Faktor.
Angesichts der zunehmenden Schäden sei eine weitere Preiserhöhung nötig. Die bisherigen Preiserhöhungen seien alleine von den sinkenden Zinsen wieder aufgefressen worden. Nach einer Phase von sinkenden Preisen in den Jahren 2013 bis 2017 hätten die Preise für Naturkatastrophenversicherungen erst im 2019 und 2020 wieder angezogen, hiess es weiter.
Weitere Treiber für höhere Preise sei die höhere Nachfrage nach Versicherungen als Folge der Konjunkturerholung. Zudem habe die Coronakrise das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Versicherungsdeckungen geschärft, sagte Léger. Denn die Deckungslücke bei Naturkatastrophen-, Todesfall- und Krankenversicherungen habe sich dieses Jahr auf 1,2 Billionen Dollar ausgeweitet, sagte Rückversicherungschef Moses Ojeisekhoba. Gesamthaft rechnet die Swiss Re für 2021 mit einem Wachstum in der Schadenversicherung von 3,3 Prozent.
Schäden von Beirut noch unklar
Zu den Schäden der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut wollte die Swiss Re noch keine Schätzungen abgeben. Man sei daran, die Schäden mit Spezialisten vor Ort zu ermitteln. Das werde noch Monate dauern, bis da Klarheit über die Exposition der Swiss Re herrsche, sagte Ojeisekhoba. Es wäre zu früh, jetzt schon eine Schadenschätzung zu machen. Das gleiche gelte für die Feuersbrünste in Kalifornien sowie die Hurrikane «Hanna», «Isaias» und «Laura», die im Juli und August wüteten. (awp/mc/ps)