Zürich – Trotz des Ausbleibens von Grossschäden durch Naturkatastrophen hat die Swiss Re im ersten Halbjahr keine Gewinnsteigerung geschafft. Nach dem Gewinnknick im Vorjahr kam das Ergebnis unter dem Strich nicht vom Fleck. Die Aktionäre reagierten enttäuscht.
Insgesamt hat die Swiss Re von Januar bis Juni zwar die Prämien um 8 Prozent auf 19,6 Milliarden Dollar gesteigert. Der Reingewinn schrumpfte aber um 17 Prozent auf 1 Milliarde Dollar. Grund für den Gewinnrückgang sei eine Änderung des US-Rechnungslegungsstandards US-GAAP, gab die Swiss Re am Freitag bekannt. Diese hatte eine Belastung von 265 Millionen Dollar im ersten Halbjahr zur Folge. Ohne die Rechnungslegungsänderung wäre der Gewinn auf Vorjahreshöhe von 1,2 Milliarden Dollar ausgefallen.
Allerdings hatte der zweitgrösste Rückversicherer der Welt bereits damals einen Gewinnknick um über ein Drittel hinnehmen müssen, weil der der Wirbelsturm Debbie in Australien das Ergebnis zerzaust hatte. Insgesamt hatten die Schäden durch Naturkatastrophen das Ergebnis im ersten Halbjahr 2017 mit 343 Millionen Dollar belastetet.
Tiefster Gewinn seit 2012
Dagegen erlitt der Rückversicherer heuer gar keine Schäden durch Naturkatastrophen. Und dennoch verharrte der Gewinn auf dem Vorjahresniveau, was das schlechteste Ergebnis seit 2012 gewesen war. Danach hatte der Konzern stets Halbjahresgewinne in der Grössenordnung von 2 Milliarden Dollar eingefahren.
Mit den Zahlen hat der Konzern die Erwartungen der Finanzgemeinde mehrheitlich verfehlt. Analysten hatten im Durchschnitt mit einem Reingewinn von 1,16 Milliarden Dollar und einem Prämienvolumen von 20,3 Milliarden Dollar gerechnet.
An der Börse war die Reaktion der Marktteilnehmer ungnädig: Die Aktie tauchte bis gegen 15 Uhr um 2,7 Prozent auf 87,54 Franken, erholte sich dann aber etwas und ging 1,3% tiefer bei 88,84 Franken aus dem Handel. Damit gehörte das Papier zu den grössten Verlierern an der Schweizer Börse. Der Gesamtmarkt SMI notierte derweil um 0,2 Prozent tiefer.
Besserung in Sachversicherung
Lediglich die Sach- und Haftpflichtrückversicherung (P&C Re) habe die Erwartungen übertroffen, kritisierten Analysten. Hier profitierte die Swiss Re vom Ausbleiben von teuren Grossschäden durch Naturkatastrophen. Auch die Entwicklung aus vorausgegangenen Schadenjahren sei günstig verlaufen.
Der Gewinn der wichtigsten Sparte kletterte um 38 Prozent auf 752 Millionen Dollar. Der Schaden-Kosten-Satz (sog. Combined Ratio) verbesserte sich um 4,5 Prozentpunkte auf 92,9 Prozent.
Die anderen Sparten Leben- und Krankenrückversicherung (Life & Health Reinsurance), Unternehmensversicherung sowie Life Capital hätten dagegen enttäuscht, urteilten Analysten.
Einbruch bei Life Capital
Den grössten Einbruch musste die Sparte Life Capital hinnehmen, wo die Swiss Re Lebensversicherungsbestände aufnimmt und diese bis zum Ablauf der Verträge betreut oder abwickelt. Der Spartengewinn stürzte von 143 Millionen auf 34 Millionen Dollar ab. Das Vorjahresergebnis habe höhere Gewinne aus Aktienverkäufen beinhaltet.
Das Geschäft sei von der Verfassung der Finanzmärkte abhängig, sagte Konzernchef Christian Mumenthaler im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Und die Investmentperformance in Grossbritannien sei schwach gewesen.
Sorgenkind verfehlt Erwartungen
Die Unternehmensversicherungssparte Corporate Solutions konnte zwar den Gewinn um rund die Hälfte auf 58 Millionen Dollar steigern. Die Combined Ratio verbesserte sich um 2,8 Prozentpunkte auf 101,7 Prozent. Dennoch: Bei Werten über 100 Prozent ist das Geschäft versicherungstechnisch nicht profitabel.
Das Sorgenkind der Swiss Re habe die Erwartungen verfehlt, urteilten Analysten. Die einzige Erstversicherungssparte der Swiss Re sei von grösseren Schäden getroffen worden, die Menschen verursacht hätten. So hat alleine der Einsturz eines Bauwerks in Kolumbien einen Schaden von 51 Millionen Dollar verursacht, hiess es.
Der Lichtblick der Halbjahresergebnispräsentation war in den Augen der Finanzmarktgemeinde allerdings die Ankündigung, einen Börsengang für ReAssure im nächsten Jahr zu prüfen. Für dieses Geschäft mit geschlossenen Lebensversicherungsbeständen in Grossbritannien sei die Swiss Re nicht die ideale Eigentümerin, sagte Mumenthaler. Denn die Risikozuschläge unter dem Kapitalregime des Swiss Solvency Tests (SST) seien signifikant. (awp/mc/pg)