Zürich – Die Hurrikan-Saison in den USA und der Karibik sowie die Erdbeben in Mexiko kommen Swiss Re teuer zu stehen. Der Rückversicherer rechnet für das dritte Quartal mit Gesamtkosten, die klar über den Erwartungen von Analysten liegen. Trotzdem steht die Aktie mit Blick auf eine Trendwende bei den Prämien im Plus.
Die vorläufige Schätzung der Gesamtkosten beläuft sich auf rund 3,6 Mrd USD. Sie sei vor Steuern und nach Abzug von Retrozessionen, also der Weitergabe von Kosten an andere Rückversicherer, berechnet worden, teilte Swiss Re am Freitag mit.
Mit so hohen Kosten war Swiss Re noch selten konfrontiert. Zum Vergleich: Hurrikan Sandy im Jahr 2012 kostete die Rückversicherung rund 900 Mio USD, wie Mediensprecherin Stefanie Weitz am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagte. Das gelte auch für die gesamte Versicherungsbranche. Es sei selten, dass sich gleich fünf grosse Katastrophen in einer so kurzen Zeit ereigneten, so Weitz. Die versicherten Schäden der weltweiten Versicherungsbranche durch die Wirbelstürme «Harvey», «Irma» und «Maria» und der Erdbeben in Mexiko kosten vorläufigen Schätzungen zufolge insgesamt rund 95 Mrd USD.
«Höhere Unsicherheiten als gewöhnlich»
Im Vorjahr habe der wirtschaftliche Gesamtschaden aus Katastrophenereignissen rund 54 Mrd USD betragen – fast die Hälfte weniger, sagte Weitz weiter. Für die eigenen vorläufigen Zahlen von 3,6 Mrd USD gibt es laut Swiss Re noch «höhere Unsicherheiten als gewöhnlich». Sie müssten daher unter Umständen nach den laufenden Schadenermittlungen noch angepasst werden.
Angaben darüber welche Auswirkungen auf die Zahlen des Unternehmens zu erwarten sind, wollte Swiss Re nicht machen. Unklar bleibt auch, ob das von einem schadenarmen Jahr abhängig gemachte Aktienrückkaufprogramm über 1 Mrd CHF umgesetzt wird oder nicht. Details dazu dürfte Swiss Re im Rahmen der Quartalsergebnispublikation vom 2. November kommunizieren.
Im Gegensatz zur Swiss Re zeigten sich die beiden deutschen Branchengrössen Münchener Rück sowie Hannover Rück offener. Munich Re hatte wegen der Schäden ein Fragezeichen hinter die Gewinnprognosen gesetzt. Im dritten Quartal sei sogar ein Verlust zu erwarten, hiess es im September. Die Hannover Rück wiederum erklärte, der 2017 angestrebte Reingewinn von mehr als einer Milliarde Euro werde «möglicherweise nicht erreicht».
Keine einheitliche Meinung bei Analysten
Bei den Analysten gehen die Meinungen zu Swiss Re auseinander. Diskutiert wird beispielsweise das Aktienrückkaufprogramm. Angesichts der starken Kapitalposition der Swiss Re halte man an der Annahme eines Rückkaufs fest, heisst es bei Baader Helvea. Ähnlich sieht dies die Deutsche Bank, die in einem Kommentar davon ausgeht, dass der Rückkauf wie in den vergangenen Jahren im November beginnt und spätestens bis zur nächsten Hauptversammlung im April 2018 vollzogen wird.
Kritischer sehen dies die Analysten der Bank Vontobel. Sie gehen von einer sinkenden Wahrscheinlichkeit einer Umsetzung des Rückkaufprogamms aus. Und die ZKB schreibt sogar, dass das Programm wohl nicht durchgeführt werde.
Insgesamt fallen einige Kommentare trotz der höheren Kosten tendenziell positiv aus. So geht man bei Baader Helvea davon aus, dass die hohen versicherten Schäden in den Aktien von Swiss Re bereits eingepreist seien. Fehlen würde hingegen noch die sich möglicherweise verbessernde Preisdynamik bis zur Vertragserneuerungsrunde im Januar 2018. Das Ausmass der versicherten Schäden könnte sogar den Druck von der rückläufigen Prämienentwicklung nehmen und wieder zu steigenden Prämien führen, wovon Swiss Re profitiere.
An der Börse schlossen Swiss Re 1,7% höher bei 92,05 CHF. (awp/mc/pg)