Als wir vor fünf Jahren unsere Aktienstrategie für Frontier Markets am Markt lancierten, haben wir festgestellt, dass dieses Universum eine auffällige Ähnlichkeit mit den Schwellenländern der späten 90er Jahre hatte. Es war uns stets bewusst, dass dies keine einheitliche Anlageklasse ist. In den vergangenen fünf Jahren haben wir erhebliche Unterschiede in Bezug auf politische Stabilität, Wirtschaftsleistung, Zugang ausländischer Investoren, Corporate Governance-Praktiken und Wechselkursrisiken festgestellt.
Aktives Management hat sich als wesentliches Erfolgskriterium für dieses Universum erwiesen. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass in diesen Märkten langfristig Alpha zu erschliessen ist, das vom Grossteil der Investoren in globalen oder Schwellenländern nicht genutzt wird.
Im Folgenden stellen wir die sechs Märkte vor, die für die Generierung von Alpha seit Beginn unserer Strategie am stärksten waren.
Vietnam
Wir haben in Vietnam mehr Alpha generiert als in jedem anderen Markt. Während wir das Land seit langem übergewichten, war dies vor fünf Jahren eine sehr konträre Position. Bereits 2014 interessierten sich nicht viele ausländische Investoren für Vietnam, aber vor etwa zwei oder drei Jahren änderte sich alles, als die Regierung die Beschränkungen für ausländische Beteiligungen lockerte und bedeutende Investitionen in das Land flossen.
Für dieses Jahr wird für Vietnam mit 6,5% eines der höchsten BIP-Wachstumsraten der Welt erwartet. Das Land entwickelt sich immer mehr zu einem Hotspot für multinationale Unternehmen, die eine kostengünstige Fertigung aufbauen wollen und insbesondere für Unternehmen, die versuchen, Lieferketten von China wegzuleiten.
Die Gründe liegen auf der Hand. Die Lohnkosten liegen durchschnittlich unter 250 US-Dollar pro Monat, während Vietnam über ein starkes Netzwerk von Freihandelsabkommen und eine strategische geografische Lage verfügt. Da immer mehr globale Unternehmen ausserhalb Chinas agieren, sehen wir Vietnam von der damit verbundenen Schaffung von Arbeitsplätzen, dem Lohnwachstum und der gestiegenen Nachfrage nach Wohnraum profitieren. Viel versprechend erscheinen vor allem die Bereiche Banken, IT, Konsumgüter und Immobilien.
Argentinien
Die Wende setzte für Argentinien im Jahr 2015 ein, als die marktfreundliche Verwaltung von Mauricio Macri das Land übernahm. Eine ehrgeizige Reformagenda war ein Schritt in die richtige Richtung.
Trotz einiger Turbulenzen war die Aktienauswahl in Argentinien ein Lichtblick. Als die Kollegen aus dem Bereich Fixed Income Ende 2017 vor einem steigenden Risiko rund um den Peso warnten, veranlasste uns dies, inländisch orientierte Unternehmen zugunsten geografisch diversifizierterer globaler Aktien mit US-Dollar-Gewinnen zu reduzieren. Unsere Beteiligungen an einer Fintech-orientierten Handelsplattform und einem digitalen Dienstleistungsgeschäft trugen dazu bei, den 50%igen Einbruch des Aktienmarktes teilweise abzumildern.
Der Weg Argentiniens scheint in Zukunft viel unsicherer zu sein. Präsident Macri musste bei den letzten Vorwahlen einen schweren Verlust hinnehmen, so dass er nur noch geringe Chancen hat, die Präsidentschaftswahlen im Oktober zu gewinnen. Mit Ex-Präsidentin Christina Kirchner an der Seite von Spitzenkandidat Alberto Fernandez dürften die Märkte volatil bleiben, da die Befürchtung einer Rückkehr zu einer populistischen Politik besteht. Argentinien wurde kürzlich wieder in den MSCI Emerging Markets Index aufgenommen, aber der Übergang wird möglicherweise nicht reibungslos verlaufen.
Nigeria
Nigeria kehrte im vergangenen Jahr auf die Landkarte der investierbaren Märkte zurück, nachdem es sich von einer zweijährigen Rezession erholt hatte. Dieser Rückgang war in erster Linie auf die Zurückhaltung der Zentralbank zurückzuführen, die es der Währung Naira erlaubte, die sich verschlechternden wirtschaftlichen Bedingungen widerzuspiegeln. Wir haben den nigerianischen Markt in den vergangenen fünf Jahren meist untergewichtet, was sich positiv ausgewirkt hat.
Die Ölpreisstabilität war neben den Verbraucherdaten der Impulsgeber für die Rückkehr Nigerias auf den Wachstumspfad. Wir haben diese zyklische Erholung über die nigerianischen Banken begleitet. Im Jahr 2017 handelten die Kreditinstitute zu Bewertungen, die nahelegten, dass die meisten Institute kurz vor dem Bankrott standen. Doch dies erwies sich als zu pessimistisch.
Auch wenn das gesamtwirtschaftliche Umfeld heute besser aussieht, bleiben Unsicherheiten bestehen. Obwohl wir zuversichtlich sind, ist unsicher, ob die zweite Amtszeit von Präsident Muhammadu Buhari den notwendigen Fokus auf den wirtschaftlichen Fortschritt legen wird. Wir haben unsere Positionsgrössen heruntergefahren.
Bangladesch
Bangladesch ist ein Land, das sich in einem tiefgreifenden Umbruch befindet. In den vergangenen zehn Jahren hat sich das Pro-Kopf-BIP auf über 1.500 $ fast verdoppelt und die ausländischen Direktinvestitionen haben sich verdreifacht. Ferner stieg die Alphabetisierungsrate bei Erwachsenen von 47% auf 73% und die Stromerzeugung verdreifachte sich und erreicht nun 90% der Bevölkerung.
Die Wirtschaftsreformen bergen das Potenzial, Bangladesch bei der Entwicklung seines Exportmarktes zu unterstützen, da die kostengünstige Produktion von China in Länder wie Bangladesch, Kambodscha, Myanmar und Vietnam verlagert wird.
Zudem hat Bangladesch eine aufstrebende Mittelschicht von fast 19 Millionen Menschen, die jährlich um mehr als 10% wächst. Dies hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Wachstumsaussichten der meisten Verbraucherunternehmen. So hat sich beispielsweise der Markt für verpackte Lebensmittel in den letzten zehn Jahren auf fast 4 Milliarden Dollar verdreifacht.
Saudi-Arabien
Wie Argentinien wurde auch Saudi-Arabien kürzlich aus seiner eigenständigen Klassifizierung in den MSCI Emerging Market Index aufgenommen. Angesichts der schieren Grösse und Liquidität des Aktienmarktes wird das Land eine Gewichtung von 3% haben. Wir sind seit einiger Zeit optimistisch in Bezug auf saudi-arabische Aktien, was vor allem auf die fortgesetzten Reformen und den ehrgeizigen Plan der Vision 2030 zurückzuführen ist.
Mit Blick auf die Positionierung stachen Finanzinstitute heraus, die sich seit 2017 teils in einer stetigen Rallye befinden. Die Banken profitierten von einer Reihe von Zinserhöhungen des lokalen «SAIBOR»-Zinssatzes, die den Weg der US-Notenbank angesichts der saudischen Dollar-Abhängigkeit praktisch widerspiegeln. Zusammen mit einem höheren Niveau der Staatsausgaben ermöglichte dies ein schnelleres Kreditwachstum.
Kuwait
Bis vor kurzem hatten wir Kuwait untergewichtet. Der Bankensektor litt unter den Folgen des Jahres 2008, und trotz der relativ stabilen Wirtschaft sahen wir die Chancen im Vergleich zu den viel versprechenden Chancen- und Risikoprofilen im asiatischen Grenzraum sowie in Argentinien als weniger überzeugend an.
Früher zahlte es sich aus, einige Large Caps zu meiden. Doch das wirkte sich im vergangenen Jahr negativ aus, als die Einführung einer progressiven Kapitalreform die Aufmerksamkeit der Indexanbieter von FTSE Russell erregte und viele Aktien neu bewertet wurden. Seit diesem Jahr sehen wir die Chancen Kuwaits positiver – insbesondere bei den Banken – bei denen wir unser Gewicht deutlich erhöht haben. Die Fundamentaldaten haben sich verbessert, und wir haben Franchiseunternehmen mit einem Vorteil im Islamic Banking und Fintech identifiziert. Unterdessen sind Infrastrukturprojekte sichtbar im Gange und ein beträchtlicher Staatshaushalt ebnet den Weg für erhebliche Ausgaben.
Unterrepräsentiert und unterkapitalisiert
Wie ein Grossteil der Schwellenländer in den letzten Jahrzehnten, haben viele Grenzmärkte im Zuge der Liberalisierung der Volkswirtschaften und Kapitalmärkte enorme wirtschaftliche Fortschritte gemacht. Dennoch bleibt diese Anlageklasse gleichermassen unterrepräsentiert wie unterkapitalisiert. Während sich die Wachstumschancen nicht in der aktuellen Börsenkapitalisierung widerspiegeln, gehen wir davon aus, dass sich dies in den kommenden Jahren ändern wird. Darüber hinaus weisen die Frontier Markets nach wie vor eine geringe Korrelation sowohl mit den Schwellen- als auch mit den Industrieländern auf. Wir glauben, dass dies auf den speziellen Charakter der Volkswirtschaften zurückzuführen ist – ebenso wie auf die Tatsache, dass die meisten nicht in den globalen Konsum-/Handelszyklus einbezogen werden und stärker vom Wachstum in einer früheren Phase abhängig sind. (T. Rowe Price/mc)