Genf – Der Bankensoftwarehersteller Temenos hat mit dem Bezahldienst PayPal einen neuen Kunden gewonnen. Das US-Unternehmen habe sich für die cloudbasierte Kern-Bankenlösung T24 entschieden, hiess es in einer Medienmitteilung von Temenos vom Freitag. An der Börse reagiert die Aktie des Unternehmens mit einem deutlichen Plus auf die Nachrichten.
Auf Anfrage der Finanznachrichtenagentur AWP wollte Temenos keine weiteren Details zur Zusammenarbeit kommunizieren und PayPal war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Derweil ist die Analystengemeinde der Ansicht, dass der neue Auftrag wohl keinen bedeutenderen Einfluss auf die Finanzzahlen des Unternehmens haben dürfte. Doch unterstreichen die Finanzexperten den strategischen Wert der neuen Partnerschaft.
Die Temenos-Plattform wird bei PapyPal dezentral, also via Cloud, betrieben werden und soll die Aktivitäten des US-Unternehmens in verschiedenen Märkten befeuern, darunter im Heimmarkt in den Vereinigten Staaten sowie in Grossbritannien, Deutschland und Australien.
Gegründet von Thiel und Musk
Entstanden ist Paypal 1998 aus der Fusion der Start-ups Confinity des deutsch-amerikanischen Unternehmers Peter Thiel sowie X.com, das vom heutigen Tesla-Chef, dem Südafrikaner Elon Musk gegründet worden war. 2002 wurde das Unternehmen von eBay gekauft, 2015 wagte das Unternehmen den Gang an die US-Technologiebörse Nasdaq.
Heute verfügt Paypal weltweit über mehr als 250 Millionen Benutzerkonten und ist mit seinen Plattformen Paypal, Braintree, Venmo und Xoom in mehr als 200 Märkten und in mehr als 100 verschiedenen Währungen aktiv. Analysten gehen davon aus, dass der Umsatz 2018 fast 15 Milliarden US-Dollar erreichen dürfte, was einer Steigerung von mehr als 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Erst vor zwei Monaten wiederum, bei der Präsentation der Zahlen zum dritten Quartal, hatte Temenos seine jährlichen Ziele aufgrund gestiegener Einnahmen erhöht. Grund für den Optimismus waren neue Parternschaften mit 17 Firmen, darunter renommierte Banken in den USA, Asien und Europa.
In einer Telefonkonferenz betonte CEO David Arnott, dass die Produkte von Temenos in der Lage sind, innovative Newcomer in der Branche zu unterstützen, und verwies auf die Neukunden Varo Money und Judo, zwei Online-Banken.
Keinen substanziellen Einfluss auf die Zahlen
In der Analystengemeinde wird die Ankündigung der Zusammenarbeit mit PayPal begrüsst, obwohl Analysten erwarten, dass sie wenig Einfluss auf die Zahlen von Temenos haben wird.
Die Zürcher Kantonalbank geht davon aus, dass der Auftrag die Marktstellung von Temenos in den USA festigen wird, doch handle es sich umsätzmässig nicht um einen «Game Changer».
«Grössere Aufträge wie diejenigen von Nordea oder Julius Bär werden diesbezüglich einen klar bedeutenderen Einfluss haben», sagte Analyst Andreas Müller, der die Temenos-Aktie für die ZKB beobachtet, zu AWP. Die Grösse des Auftrags wird von ihm im einstelligen Millionenbereich geschätzt.
Das Gleiche gilt für Morgan Stanley. Die Bank schreibt in einem Kommentar, dass vom Auftrag keine «erheblichen Auswirkungen auf die kurzfristigen Gewinne» erwartet werden. Andererseits begrüsst auch die amerikanische Bank die Akquisition von PayPal als Kunde, da sie als «positive Referenz für das Unternehmen in der Region» wahrgenommen werden dürfte.
Avoka-Übernahme abgeschlossen
Wie am Freitag weiter bekannt wurde, hat Temenos ausserdem die Akquisition von Avoka, die am 12. Dezember angekündigt worden war, abgeschlossen. Der Kaufpreis für das gesamte Unternehmen beträgt 245 Millionen US-Dollar und wird durch Barmittel und Schulden finanziert, wie es weiter heisst.
Avoka ist auf die digitale Kundengewinnung spezialisiert und operiert grösstenteils nach dem sogenannten SaaS-Modell (Software as a Service). Dabei wird sowohl die Software als auch die IT-Infrastruktur vom Unternehmen gestellt und vom Kunden als Dienstleistung genutzt.
An der Börse ging es mit den Temenos-Valoren am Freitag aufwärts. Bis Börsenschluss stieg die Aktie um 0,4 Prozent auf 113,10 Franken. (awp/mc/pg)