SNB-Präsident Thomas Jordan.
Bern – Der neue Nationalbankpräsident heisst Thomas Jordan. Der Bundesrat hat wenig überraschend den bisherigen Interims-Präsidenten zum Nachfolger des zurückgetretenen Philipp Hildebrand ernannt. Die Wahl Jordans gelte für den Rest der laufenden Amtsperiode, die am 30. Juni 2015 endet, schreibt das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) in einer Mitteilung. Gleichzeitig hat er den vakanten Sitz im dreiköpfigen SNB-Direktorium sowie den neuen Bankratspräsidenten ernannt.
Als neues Direktoriumsmitglied der Schweizerischen Nationalbank (SNB) wählte der Bundesrat den Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung, Fritz Zurbrügg. Der 52-jährige Ökonom, der in seiner Berufskarriere unter anderem die Interessen der Schweiz beim Internationalen Währungsfonds vertreten hatte, war vom SNB-Bankrat vorgeschlagen worden.
Jean Studer neuer Bankratspräsident
Neuer Bankratspräsident wird der Neuenburger Staatsrat Jean Studer. Studer, der bereits dem Bankrat angehört, folgt auf Hansueli Raggenbass. Dieser hatte wegen seiner Rolle in der Affäre Hildebrand angekündigt, dass er sich nach Ende der laufenden Amtsperiode nicht der Wiederwahl stellen werde. Vizepräsident wird Olivier Steimer, VR-Präsident der Banque Cantonale Vaudoise.
Zwei neue Bankräte
Der Bundesrat hat im Hinblick auf die Generalversammlung der Nationalbank vom 27. April im Rahmen der Gesamterneuerungswahlen für die Amtsperiode 2012 bis 2016 auch zwei neue Bankräte bestimmt. Sie heissen Christoph Lengwiler, Professor und Leiter des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) an der Hochschule Luzern, sowie Shelby du Pasquier, Rechtsanwalt bei Lenz & Staehlin in Genf. Als Bankratsmitglieder bestätigt wurden Alfredo Gysi, Laura Sadis sowie Ernst Stocker.
Wahl Jordans erwartet
Die Wahl von Thomas Jordan zum neuen Nationalbankpräsidenten erfolgt nicht überraschend. Der 48-Jährige hatte sein Interesse am Präsidium der Schweizerischen Nationalbank (SNB) bereits am Tag von Hildebrands Rücktritt angemeldet. Wenn ihm der Bundesrat diese Aufgabe zutraue, werde er den Vorsitz des SNB-Direktoriums übernehmen, sagte er damals. Der Experte für Geldpolitik ist schon seit 1997 für die Nationalbank tätig. Seine SNB-Karriere begann er als wissenschaftlicher Berater. Über mehrere Stationen führte sie ihn nun an die Spitze der Schweizer Zentralbank.
Jordan: Als ruhiger Akademiker bereits bisher das «Gehirn der SNB»
Mit Thomas Jordan hat der Bundesrat einen Mann zum neuen Nationalbankpräsidenten ernannt, der als ruhiger Akademiker gilt. Der 49-Jährige hatte seit dem Rücktritt Philipp Hildebrands ad interim den Vorsitz im SNB-Präsidium. Jordan, der seit 2010 Vizepräsident der SNB ist, wurde nach Hildebrands Abgang als Favorit für dessen Nachfolge gehandelt. An seinen Fähigkeiten zweifelt praktisch niemand. Die «Financial Times Deutschland» etwa betitelte Jordan als «das Gehirn der Zentralbank». Im dreiköpfigen SNB-Direktorium sei der grossgewachsene Notenbanker schon unter Hildebrands Führung «der wahre Entscheider» gewesen.
«Ausgewiesener Geldpolitiker»
Für die «Neue Zürcher Zeitung» bringt Jordan «als ausgewiesener Geldpolitiker das notwendige Rüstzeug» mit, wie diese im Januar schrieb. Anders als Hildebrand gilt Jordan nicht als Charismatiker, sondern als Macher. Doch obwohl Jordan des Scheinwerferlicht scheut, ist er kein Unbekannter. Er gehörte beispielsweise der Expertenkommission des Bundes zum «Too big to fail»-Problem an, wo er die SNB vertrat, und trieb die Verschärfung der Regulierung der Grossbanken voran. Beim Stabilisierungsfonds «StabFund», mit welchem die SNB vor rund drei Jahren faule und illiquide Papiere der UBS übernahm, ist Jordan Verwaltungsratspräsident.
Weisse Weste
Der Weg an die Spitze der SNB wurde für Jordan definitiv freigeräumt, als eine Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsfirma KPMG im Auftrag des Bankrats ihm eine weisse Weste bescheinigte, was private Finanztransaktionen angeht. Dies, nachdem sein Vorgänger Philipp Hildebrand wegen umstrittener Devisengeschäfte seiner Frau zurückgetreten war. Bei der SNB ist Jordan schon seit 1997 tätig. Damals trat er als wissenschaftlicher Berater der SNB in Zürich ein. 2002 wurde ihm die Leitung der Organisationseinheit Forschung übertragen.
Per Mitte 2004 ernannte der Bundesrat Jordan zum Stellvertretenden Mitglied des Direktoriums. Er leitete den Bereich Finanzmärkte im III. Departement (Geldmarkt- und Devisenoperationen, Asset Management, Risikomanagement und Finanzmarktanalysen). 2007 wurde Jordan zum Mitglied des SNB-Direktoriums und Vorsteher des III. Departements (Finanzmärkte, operatives Bankgeschäft und Informatik) ernannt. Per Anfang Januar 2010 wählte ihn der Bundesrat zum Vizepräsidenten des Direktoriums und Vorsteher des II. Departements (Finanzstabilität, Bargeld, Finanzen und Risiken) in Bern.
In Bern Wirtschaft studiert
Jordan studierte Volks- und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Bern. 1993 promovierte er mit einer geldpolitischen Dissertation. Jordan soll schon damals die heute aktuellen Probleme der Eurozone vorausgesehen haben. An der Harvard University in den USA verfasste Jordan seine Habilitationsschrift. 1998 folgte die Ernennung zum Privatdozent und 2003 zum Honorarprofessor an der Universität Bern. Zwischen 2002 und 2007 nahm er einen weiteren Lehrauftrag zur Geldpolitik an der Universität Zürich wahr. Jordan ist verheiratet und Vater zweier Söhne.
Beobachter erwarten mit dem neuen Mann an der SNB-Spitze keine Kursänderung der Nationalbank. Jordan selbst betonte nach dem Rücktritt Hildebrands vor den Medien, die SNB werde an ihrer Geldpolitik festhalten. Dazu gehöre, dass die Untergrenze für den Euro-Franken-Wechselkurs bei 1,20 CHF zum Euro bleibe. (awp/mc/upd/ps)