Tiefe Zinsen und eine sich verschärfende Umverteilung zwingen PK’s zum Handeln
Zürich – Die Credit Suisse hat heute die Studie «Schweizer Pensionskassenumfrage – Tiefe Zinsen und Demografie als zentrale Herausforderungen» veröffentlicht. Ausgangspunkt der Studie, die von den Ökonomen und der Strategieberatung für institutionelle Kunden der Credit Suisse erstellt wurde, ist eine Umfrage bei knapp 200 Vorsorgeeinrichtungen. Basierend darauf schätzen die Autoren, dass 2015 in der zweiten Säule rund CHF 5.3 Mrd. von den Aktiven zu den Rentnern umverteilt wurden. In diesem Kontext wird die in der Reform «Altersvorsorge 2020» vorgesehene Senkung des Mindestumwandlungssatzes begrüsst, obschon viele Pensionskassen weitergehenden politischen Handlungsbedarf orten. Gefordert wird insbesondere eine Entpolitisierung des Mindestumwandlungssatzes. Als grösste Herausforderung bezeichnen die meisten Pensionskassen das Tiefzinsumfeld. Viele haben in Reaktion darauf ihre Anlagestrategie zugunsten von Sachwerten und zulasten von Obligationen angepasst. Mittels Modellrechnungen zeigen die Autoren der Studie, dass der technische Referenzzinssatz in den nächsten Jahren kaum ansteigen dürfte.
Die Credit Suisse hat Ende 2016 knapp 200 Schweizer Vorsorgeeinrichtungen zu aktuellen Themen der beruflichen Vorsorge befragt. Als häufigste Herausforderung wurde dabei wie bereits in den letzten Umfragen der Credit Suisse 2011 und 2014 das anhaltende Tiefzinsumfeld genannt. Für 93% der Umfrageteilnehmer stellt dieses eines der drei wichtigsten Probleme dar, mehr als die Hälfte bezeichnen es sogar als ihre grösste Herausforderung. Für jeweils knapp 60% gehören zudem der zu hohe Mindestumwandlungssatz und der demografische Wandel zu den drei Hauptsorgen. «Die steigende Lebenserwartung und der Renditedruck zwingen die Vorsorgeeinrichtungen dazu, sowohl auf der Leistungs- als auch auf der Anlageseite Massnahmen zu treffen», sagt Beat Zeller, Leiter Pension Funds & Corporate Investors der Credit Suisse.
Systemfremde Umverteilung von CHF 5.3 Mrd. zwischen Aktiven und Rentnern im Jahr 2015
Angesichts der demografischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen führen zu hoch angesetzte Umwandlungssätze und technische Zinssätze unter anderem zu einer in der zweiten Säule nicht vorgesehenen Umverteilung von den aktiven Versicherten zu den Rentnern. Basierend auf den Ergebnissen der Pensionskassenumfrage 2016 schätzen die Verfasser der Studie, dass sich diese Umverteilung im Jahr 2015 auf insgesamt rund CHF 5.3 Mrd. belief. Dies deutet auf eine Verschärfung der Umverteilungsproblematik in den letzten Jahren hin. Eine frühere Schätzung der Credit Suisse hatte noch für 2010 eine Umverteilung von CHF 3.5 Mrd. ermittelt.
Pensionskassen senken technischen Zins und Umwandlungssatz weiter
93% der Ende 2016 befragten Pensionskassen gaben an, ihren technischen Zinssatz in den vorangehenden fünf Jahren gesenkt zu haben. 82% der Kassen haben in diesem Zeitraum auch ihre Umwandlungssätze nach unten angepasst. Gemäss der Umfrage lag der durchschnittliche angewandte technische Zinssatz 2015 bei 2.5%, während er 2010 noch 3.5% betragen hatte. Parallel dazu sank der im Mittel angewandte Umwandlungssatz von 6.8% im Jahr 2010 auf 6.2% (Männer) bzw. 6.1% (Frauen) im Jahr 2015.
Bei den meisten Kassen lagen die angewandten Umwandlungssätze 2015 aber weiterhin über den versicherungsmathematisch korrekten, welche sich gemäss Pensionskassenexperten in der Grössenordnung von 5% bewegen. Die Autoren der Studie schätzen, dass im Jahr 2015 dank der getroffenen Massnahmen eine zusätzliche Umverteilung von rund CHF 4 Mrd. vermieden werden konnte. Mit Blick auf die Entwicklung in den nächsten fünf Jahren gaben 92% der befragten Pensionskassen an, eine Senkung des technischen Zinssatzes entweder bereits beschlossen zu haben oder in Erwägung zu ziehen. Bei 87% trifft dies auch auf die Umwandlungssätze zu. Dabei streben die Pensionskassen im Mittel einen technischen Zins von 2% und einen Umwandlungssatz von 5.5% an.
«Altersvorsorge 2020» geht meisten Pensionskassen zu wenig weit
Wenig überraschend befürworten 94% der befragten Vorsorgeeinrichtungen die in der Rentenreform «Altersvorsorge 2020» geplante Senkung des Mindestumwandlungssatzes von 6.8% auf 6.0%. 53% der Umfrageteilnehmer orten allerdings weiteren, über die in der Vorlage «Altersvorsorge 2020» vorgesehenen Massnahmen hinausgehenden Handlungsbedarf in der zweiten Säule. Insbesondere beim Mindestumwandlungssatz werden weitere Anpassungen und dabei vor allem eine Entpolitisierung der Festlegung gewünscht. Auch die Erhöhung des Rentenalters über 65 Jahre, die derzeit fehlende Möglichkeit zur Anpassung der laufenden Renten oder die Abschaffung des Mindestzinssatzes sind Themen, bei denen sich viele Pensionskassen eine Weiterführung der politischen Debatte wünschen.
Rekordhoher Anteil an Immobilien und alternativen Anlagen in den Portfolios
Nach einem schwachen Anlagejahr 2015 (1.0% Rendite) erzielten Schweizer Vorsorgeeinrichtungen gemäss dem Pensionskassen-Index der Credit Suisse 2016 eine durchschnittliche Rendite von 3.9%. Aufgrund der tiefen Zinsen wurde es in den letzten Jahren jedoch zunehmend schwierig, die nötigen Erträge ohne Inkaufnahme höherer Anlagerisiken zu erwirtschaften. 60% der befragten Kassen gaben an, in Reaktion darauf ihre Anlagestrategie angepasst zu haben. Der Anteil an Obligationen wurde zugunsten von Aktien, Immobilien und alternativen Anlagen reduziert. Innerhalb der alternativen Anlagen wurden die Subkategorien Infrastruktur, Insurance Linked Securities, Private Equity und Senior Loans bei vielen Kassen entweder neu eingeführt oder ausgebaut. Obligationen stellten 2016 zwar nach wie vor die wichtigste Anlageklasse der Schweizer Pensionskassen dar, ihr Anteil war mit geschätzten 31% aber so tief wie zuletzt im Jahr 2000. Dagegen erreichten die Anteile an Immobilien (19%) und alternativen Anlagen (9%) Rekordwerte, während die Aktienquote mit 30% so hoch wie zuletzt im Jahr 2000 war.
Technischer Referenzzinssatz dürfte in den nächsten Jahren kaum ansteigen
Mit dem gestiegenen Druck auf die Anlagerenditen rückte auch die Frage nach der korrekten Höhe des technischen Zinses vermehrt in den Vordergrund. Die von der Schweizerischen Kammer der Pensionskassen-Experten (SKPE) in ihrer Fachrichtlinie 4 (FRP 4) festgelegte Formel zur Ermittlung des technischen Referenzzinssatzes wird dabei von weiten Kreisen kritisch hinterfragt. So fordern 29% der von der Credit Suisse befragten Pensionskassen die Abschaffung der Richtlinie und 63% eine Anpassung derselben, damit die Annahmen in der Formel dem aktuellen Marktumfeld besser Rechnung tragen. Der auf Basis der FRP 4 berechnete Referenzzinssatz, welcher derzeit bei 2.25% liegt, dürfte gemäss Simulationen der Credit Suisse in den kommenden Jahren nicht unter 2% sinken und ab 2021 wieder leicht auf 2.5% ansteigen. Modellrechnungen unter Berücksichtigung alternativer Berechnungsformeln zeigen jedoch, dass je nach Annahmen der technische Zins bis 2022 bis auf 1.25% – oder sogar tiefer – sinken könnte.
Abdeckung durch die berufliche Vorsorge hängt in erster Linie vom Einkommensniveau ab
Im Rahmen der Studie wurde zudem untersucht, welche Bedeutung die zweite Säule für die finanzielle Lage der Schweizer Bevölkerung im Alter hat. Die Analyse zeigt, dass die Abdeckung durch die berufliche Vorsorge zwar von Generation zu Generation gestiegen ist, die zweite Säule jedoch erst bei höheren Einkommensklassen eine zentrale Rolle spielt. Die oben beschriebene systemwidrige Umverteilung wird somit in erster Linie von einkommensstarken aktiven Versicherten getragen. Gesellschaftliche Veränderungen, und dabei insbesondere die zunehmende Verbreitung von Teilzeitarbeit, drohen zudem, die Unterschiede zwischen den Einkommensklassen zusätzlich zu verschärfen. Über drei Viertel der befragten Pensionskassen sehen die Teilzeitarbeit und andere flexible Arbeitsformen als eine der drei grössten gesellschaftlichen Herausforderungen für die berufliche Vorsorge. Diese führen im heutigen System der beruflichen Vorsorge zu einer Benachteiligung der betroffenen Versicherten. (CS/mc)
«Schweizer Pensionskassenumfrage – Tiefe Zinsen und Demografie als zentrale Herausforderungen»