Titelkampf
Von Martin Raab und Dieter Haas , Derivative Partners Media AG, www.payoff.ch
Im milliardenschweren Sport- und Outdoorbusiness positionieren sich zunehmend Anleger auf der Suche nach einem neuen Wachstumsfeld. Wie jetzt an der hochmargigen Branche partizipiert werden kann.
Am 12. Juni hat das Warten für Millionen Fussballfans endlich ein Ende. Dann startet die FIFA-Weltmeisterschaft mit dem Eröffnungsspiel in São Paulo zwischen Gastgeber Brasilien und Kroatien. Die Königsklasse des internationalen Fussballs ist nicht nur ein packendes Sportevent, sondern auch ein milliardenschweres Business. Obwohl drei der zwölf Stadien inklusive der Eröffnungsarena in São Paulo weiterhin nicht fertiggestellt sind, herrscht bei den globalen Sponsoren Jubellaune. Sie möchten ihre Produkte und Dienstleistungen verkaufen und im exklusiven Windschatten des Events gekonnt in Szene setzen. Günstig ist das allerdings nicht: Für die letzte WM in Südafrika kassierte die FIFA, immer noch rechtlich ein Verein, rund USD 3.4 Mrd. durch den Verkauf von Marketing-Rechten. Mit der WM in Brasilien dürfte die Schallmauer von vier Milliarden nach oben durchbrochen worden sein.
Klingelnde Kassen in der Money League
Nicht weniger profitabel geht es bei der Vermarktung in den Fussballvereinen der europäischen Spitzenliga UEFA zu. Gemäss aktuellen Zahlen des Wirtschaftsprüfers Deloitte kletterten die Erlöse in der Saison 2012/2013 der Top-20.Clubs um 8% auf das Rekordniveau von EUR 5.4 Milliarden. Die «Money League» wird von Real Madrid, FC Barcelona und dem FC Bayern München angeführt (siehe Grafik). In punkto Rentabilität und Zuschauerzahlen ist in Europa die deutsche Bundesliga führend. Aus Anlegersicht sollte man bei Investments dort aber Sorgfalt walten lassen.
Licht und Schatten bei Fussballclubs
Ein positives Beispiel aus der Szene ist Borussia Dortmund, der einzige börsenkotierte deutsche Club. Dort deuten sich finanziell solide Zeiten an, der Verein von Trainer Jürgen Klopp bezahlt sogar eine Dividende. Der Kurs hat sich innert zwei Jahren verdoppelt. Schmerzliche Eigengoals erlebten dagegen die Inhaber mancher Fussball-Obligation. Ins finanzielle Abseits geflogen sind u.a. die «Tivolio-Anleihe» (EUR 4,2 Mio.) von Alemannia Aachen und Arminia Bielefelds «Fan-Anleihe» (EUR 5 Mio.). Intakte Rückzahlungshoffnung gibt es dagegen für den 6%-Bond des Hamburger SV (EUR 17,5 Mio.), welcher 2019 fällig wird. Börsenkotiert und daher halbwegs liquide ist einzig die Obligation von Schalke 04 (DE000A1ML4T7), welche derzeit immerhin 5,3% p.a. Rendite abwirft.
Milliardenschwere Outdoor-Märkte
Doch es gibt konservativere und lukrativere Möglichkeiten, Sportlichkeit – es muss nicht nur Fussball sein – als Renditebaustein ins Portfolio zu holen. Weil hochmargig und immer noch mit Wachstum gesegnet, rücken Outdoor- und Sportartikelhersteller sowie verbundene Unternehmen bei Finanzanlegern aller Couleur seit einiger Zeit in den Fokus. Die Konsumenten des Sports Business sind heute jünger, kaufkräftiger und tragen Funktionskleidung weniger für Klettertouren oder Fussball-Matches, sondern vielmehr im persönlichen Alltag. Insbesondere die Auguren aus dem Bereich Private Equity und Hedge Funds orten einen neuen Trendsektor, der auch in den nächsten Jahren robuste Umsätze verspricht. Die wachsende Mittelschicht Asiens hat grossen Nachholbedarf und kann mehr und mehr Geld für Freizeit und Sport ausgeben. Umsatzanker bleiben aber Nordamerika und Europa.
«Auguren orten im Sport- und Outdoorbusiness auch weiterhin robuste Umsätze.»
Schweiz in der Hand eines Trios
Entgegen dem Klischee der behäbigen Amerikaner brillieren die USA als nach wie vor grösster Outdoor-Markt der Welt. Dort wird die unglaubliche Summe von USD 120 Mrd. pro Jahr umgesetzt. Gezählt wird vom Branchenverband Outdoor Association allerdings ein breiter Bereich – vom Basketball-Ticket über das Kajak bis hin zum Golfschläger. Dennoch: Der US-Markt ist letztes Jahr um +12% gewachsen. Die Umsätze verteilten sich auf 41% Oberbekleidung, 36% Equipment und 23% Schuhe. In Europa werden pro Jahr rund EUR 10 Mrd. allein in Outdoor- und Sportbekleidung umgesetzt. Grösste Märkte sind Deutschland (23%), nirgendwo auf der Welt wird mehr Funktionsbekleidung verkauft, und Grossbritannien mit Irland (15%), gefolgt von Frankreich (14%). In der Schweiz belaufen sich die Umsätze im Sports- und Outdoor-Business pro Jahr auf rund CHF 2 Mrd. Der heimische Markt wird auf der Vertriebsseite von den Grossflächenplayern Athleticum (Manor), SportXX (Migros) und Ochsner Sport (Deichmann Gruppe) dominiert. Auf das Trio kommt rund die Hälfte des nationalen Outdoor/Sportartikel-Umsatzes.
Unbekannte Cash-Cows
Die neue Lust auf «Sports style» und Aussenaktivitäten spiegelt sich auch in den Börsenkursen der Hersteller wider. Dabei gibt es aber auch Insidertitel des Sportbusiness, welche der breiten Anlegermasse oft unbekannt sind – zumindest als Investmentobjekt. Ein Musterbeispiel hierfür ist die VF Corporation. Die börsenkotierte Holding mit Hauptsitz in North Carolina und u.a. einer Niederlassung in Lugano ist Eigentümerin geläufiger Top-Marken wie The North Face, Timberland, Kipling, JanSport oder Nautica. Die Gewinnmarge von VF beträgt derzeit 49,4%, der Aktienkurs hat sich seit 2010 verdreifacht. Gemäss Firmenchef Eric Wiseman «ist man zuversichtlich, auch 2014 wieder ein Rekordjahr zu erreichen». Die Umsätze in Asien-Pazifik verzeichnen ein Plus von rund 15%, auch Nordamerika und Europa wachsen. Ähnlich positives Zahlenwerk berichtet Jarden Corp., die gelistete Outdoor-Holding mit Marken wie Völkl, K2, Marker oder Baseball-Primus Worth. Die Marge liegt dort aber insgesamt tiefer – bei 29,7%. Der Börsenkurs von Jarden hat sich dennoch innert vier Jahren vervierfacht.
Ungleiches Trio: Adidas, Nike und Puma
Neben den genannten «Inkognito-Playern» laufen auch bei den fokussierten Branchenidolen die Kurse nach oben. Das gilt sowohl für Sportkrösus Nike als auch den Traditionskonzern adidas. Letztgenannter operiert zwar immer noch mit einer Marge von 50,1% bei einem Umsatz von EUR 3,5 Mrd. im Q1/2014, doch die Zahlen sind gegenüber dem Vorjahresquartal ausgebremster. Nike führt aktuell. Schuld daran ist die magere Nachfrage nach adidas-Produkten in Europa und Nordamerika. Dagegen boomt das Asiengeschäft. Durch die WM in Brasilien möchte adidas mit Fussballbekleidung und Ausrüstung einen Rekordumsatz von zwei Milliarden Euro einfahren. Dieses Ziel wird vom Konkurrenten Nike eng verfolgt. Der Leader konnte Umsatz und Ertrag um 13% ggü. Q1/2013 steigern. Die Marge stieg leicht auf 44,9%. An leichtem «Katzenschnupfen» leidet derzeit Puma. Der Sportartikelhersteller mit Hauptquartier in Bayern kämpft in allen Märkten mit rückläufigen Umsätzen. Das wichtige Segment Schuhe verlor 12,9% im Jahresvergleich. Der Aktienkurs hat sich seit 2009 im Branchenvergleich unterdurchschnittlich entwickelt. Die Wachstumsaussichten für Puma sind aktuell eher verhalten.
«In der Schweiz setzt die Sports- und Outdoor-Branche CHF 2 Mrd pro Jahr um, in den USA USD 120 Milliarden jährlich.»
Murdoch bereinigt im Sport-TV
Alles andere als verhalten hingegen ist der ambivalente Medienmogul Rupert Murdoch. Er will seine Pay-TV-Geschäfte in Europa neu ordnen und hat vor drei Wochen für Furore im Sport-Fernsehen gesorgt: Nach Murdochs Willen sollen die beiden Sender Sky Deutschland und Sky Italia vom britischen TV-Konzern BSkyB (Murdoch hält dort rund ein Drittel der Aktien) übernommen werden. Der Pay-TV-Sender BSkyB, welcher wie die Sky-Kanäle überwiegend mit Live-Sport-Übertragungen sein Geld verdient, legt dafür offenbar bis zu zehn Milliarden Euro auf den Tisch. Der Aktienkurs von Sky Deutschland ist aber bereits auf das Niveau des Pflichtangebots von EUR 6,73 gesprungen. Sport im Allgemeinen und Fussball im Besonderen (u.a. Champions League, Serie A) sind die wichtigsten Programminhalte der Sky-Abokanäle. Als Portfolio-Beimischung macht die neue Muttergesellschaft BSkyB (KGV 15, Div. Rendite 3,6%) deutlich mehr Sinn als die bisherige Sky Deutschland AG, welche nach der Übernahme wahrscheinlich sowieso vom Kurszettel verschwindet.
Milliarden für Dagobert Duck
In anderen Sphären bewegt sich der Markt für Live-Sport in den USA. Der Platzhirsch ESPN, eine «TV-Krake» – gesendet wird alles, von Football über Tennis bis Golf – setzte im letzten Jahr rund USD 11 Mrd. um bei einem Gewinn von USD 3,9 Mrd. Partizipieren lässt sich an den sportverrückten US-Kunden durch den Kauf von Produkten auf Walt Disney. Dem Unterhaltungskonzern gehören 80% an ESPN. Längst vorbei sind die Zeiten, wo Mickey Mouse oder Dagobert Duck alleinige Umsatztreiber waren. Allein im Q1/2014 verbuchte man Umsätze von USD 11,6 Mrd., 60% davon wurden dank TV-Kanälen wie ESPN erzielt. Disneys Quartalsgewinn pro Aktie konnte um 30% gesteigert werden. Der Konzern hat volle Geldspeicher und das Potenzial, noch reicher zu werden. Schlüsselprojekt dafür ist das Shanghai Disney Resort. Die neue Anlage soll 2015 seine Pforten öffnen und zielt auf ein Einzugsgebiet von 330 Millionen unterhaltungshungrigen Chinesen. Der geplante Ticketpreis von USD 100 dürfte die Baukosten von USD 4.4 Mrd. in absehbarer Zeit amortisieren. Damit ist Disneys neue Cash-Cow noch vergleichsweise günstig aus dem Boden gestampft worden. Die Bauten anlässlich der FIFA-Fussball-Weltmeisterschaft in Brasilien haben USD 10 Mrd. gekostet – für zwei Wochen Kickerei auf hohem Niveau.
«Walt Disney hat dank der Mehrheit am weltgrössten Live-Sport-Sender ESPN volle Geldspeicher.»
Kostengünstig mit ETFs partizipieren
Der Bereich Sport mit all seinen Facetten zählt zum Supersektor der zyklischen Konsumgüter. Auf dieser Stufe finden sich einige ETFs. Auf globaler Ebene tätig ist der iShares Global Consumer Discretionary ETF. Er wird in den USA an der NYSE Arca gehandelt. Die jährliche Verwaltungsgebühr beträgt 0,48%. Geografisch betrachtet ähnelt die Streuung derjenigen des Weltaktienindex von MSCI. So entfällt mehr als die Hälfte der Titel auf amerikanische Aktien (u.a. Walt Disney, BSkyB, Comcast), gefolgt von japanischen und britischen Werten, die zusammen rund 20% beisteuern. Von den Unternehmen mit einem Bezug zum Sportbusiness belegten die Papiere von Walt Disney Mitte Mai mit einem Indexgewicht von knapp 4% unter den zehn grössten Positionen Platz drei. Im Consumer Discretionary Select SPDR Fund, der sich auf die USA fokussiert, hält Walt Disney mit rund 6,70% derzeit die Ranglistenspitze unter den Einzelwerten. Mit dabei ist auch die BSkyB-Mutter, der Live-Sport-Gigant Twenty First Century/Fox (3.34%), Nike (2.75%) und oben geannte VF Corp. (1.11%). Der ETF ist mit einer Jahresgebühr von 0,16% äusserst preiswert. Er wird ebenfalls an der NYSE Arca gehandelt. Dank der überdurchschnittlich guten Entwicklung der US-Börse seit Spätsommer 2011 wies der ETF von den vorgestellten Anlagen über den Zeitraum ab Oktober 2006 die beste Performance aus.
Spannende Index-Tracker
Spezifischer auf den Sportsektor zugeschnitten sind die zwei Tracker-Zertifikate. Das im April 2006 in Deutschland lancierte Sportwetten-Index-Zertifikat der Deutschen Bank konzentriert sich auf das von britischen Unternehmen dominierte Wettsegment. Im Vergleich zu den beiden ETFs unterliegt die Kursentwicklung des Anlageproduktes grösseren Schwankungen, was im Wesentlichen dem nur neun Werte umfassenden Anlageuniversum geschuldet ist. Auf die drei gewichtigsten Titel (William Hill, Paddy Power und Opap) entfallen bereits rund 50% des Index. Kurshemmend wirken sich die stattlichen jährlichen Kosten von 1,50% aus. Besser geeignet für langfristige Investitionen ist das Tracker-Zertifikat der UniCredit auf den Solactive Sports Performance Index. Sein globaler Basiswert bildet die Kursentwicklung von Unternehmen ab, die in den Bereichen Sportbekleidung und/oder Sportequipment tätig sind. Er enthält maximal 20 Unternehmen. Sie werden an den halbjährlichen Anpassungen jeweils gleich gewichtet. Seit der Handelsaufnahme im Mai vor zwei Jahren verläuft das Partizipationsprodukt praktisch parallel zum Weltaktienindex. Möglicherweise verhilft die WM in Brasilien aber schon bald zu einem Ausbruch nach oben. Anleger sollten sich jetzt schon mal aufwärmen — an guten Investmentmöglichkeiten im Sports Business mangelt es nicht.
«An guten Investmentmöglichkeiten im Sports Business mangelt es nicht.»
Kurz erklärt:
Fussballaktien – nichts für schwache Nerven
Die korrekte Einschätzung der Zukunftschancen von Fussballvereinen ist schwierig. Der sportliche Erfolg hängt von vielen Faktoren ab, das Kommerzielle ist eng mit Titeln und Toren verbunden. Daher sind Fussballaktien nur etwas für Liebhaber mit guten Nerven. So ragte in den letzten Monaten die Aktie von Italo-Champion AS Roma als Gewinnkatapult heraus. Dank eines optimalen Saisonstartes, als die Mannschaft einen Sieg an den anderen reihte und reihenweise Rekorde brach, schoss die Aktie in luftige Höhen. Lazio Rom schnitt dagegen nicht so glorreich ab. Der Turbostart von AS Roma konnte allerdings nicht über die ganze Spielzeit gehalten werden. Weniger Jubel gab es für die Aktie von Manchester United. Dem neuen Trainer waren die Fussstapfen seines legendären Vorgängers wohl zu gross. Der Verein verfehlte die angestrebten Ziele und vermochte sich weder für die Champions League noch für die Europa League zu qualifizieren – mit deutlichen Konsequenzen für den Kurs. Keine Offenbarung waren die Kursentwicklungen von Galatasaray Istanbul und Fenerbahçe sowie Ajax Amsterdam. Die Bosporus-Clubs litten mit dem türkischen Aktienmarkt, ferner fehlte der sportliche Exploit. Ajax Amsterdam reiht sich im Mittelfeld ein. Solide entwickelten sich die Valoren von Borussia Dortmund. Dank der finanziellen Gesundung des Clubs, gepaart mit konstant guten Leistungen, verteuerten sich die Aktien innert vier Jahren um rund 300%. Eine derart nachhaltige Entwicklung zählt leider zu den Ausnahmen. Fussball-Aktien sind letztlich Fan-Artikel.