Tokenisierung von Vermögenswerten treibt digitale Transformation des Finanzsystems voran

Zürich – Die Blockchain-Technologie revolutioniert die Finanzbranche. Eine der jüngsten – und potenziell disruptivsten – Blockchain-basierten Innovationen ist die Tokenisierung von Vermögenswerten. Diese Technologie wird zwar noch nicht im grossen Massstab genutzt, doch es existieren bereits vielversprechende Anwendungsfälle auf der ganzen Welt. Mit zunehmender Verbreitung könnte die Tokenisierung des Aktienhandels ab 2030 zu jährlichen Kosteneinsparungen von 4,6 Mrd. EUR führen. Dies sind die wichtigsten Erkenntnisse der Studie „The Tokenization of the Economy and its Impact on Capital Markets and Banks“ von Roland Berger und Keyrock.

«Die Tokenisierung wird einen starken Einfluss auf die gesamte Finanzbranche haben und zu einem unumkehrbaren Wandel führen. Um nicht ins Hintertreffen zu geraten, müssen sich Vermögensverwalter, Banken, Infrastrukturanbieter sowie Aufsichtsbehörden dringend mit den Herausforderungen und Chancen auseinandersetzen“, sagt Philippe Blaser, Partner bei Roland Berger.

Tokenisierung schafft mehr Effizienz und Transparenz sowie einen leichteren Zugang
Unter Tokenisierung versteht man die Umwandlung eines materiellen oder immateriellen Vermögenswerts in einen digitalen Token, der anschliessend vom Inhaber über die Blockchain gehalten, verwendet oder übertragen werden kann. Dadurch entfällt die Notwendigkeit von Intermediären, wie z. B. Verwahrstellen und von analogen Eigentumsnachweisen.

Die Studienautoren haben drei wesentliche Vorteile der Technologie in der Wertschöpfungskette des Wertpapierhandels identifiziert: erhöhte Effizienz, sowohl bei den Kosten als auch bei den Prozessen; erhöhte Transparenz durch nahtlosen Datenaustausch über ein dezentrales Netzwerk sowie ein einfacherer Zugang dank fraktionierter Vermögenswerte, der es kleineren Akteuren ermöglicht, in den Markt einzutreten.

Aktienhandel wird als erster Bereich Tokenisierung in grossem Umfang einsetzen
„Mit Blick auf die internationalen Märkte glauben wir, dass der Aktienhandel der erste Bereich sein wird, in dem die Tokenisierung einen bedeutenden Einfluss erlangen wird: Zum einen sind hier die meisten bestehenden Proof-of-Concepts zu finden. Zum anderen spielt Technologie im Alltag dieser Märkte bereits eine elementare Rolle, was den Übergang erleichtert. Darüber hinaus ist der Handel mit Wertpapieren ein sehr grosser Markt, der entsprechende Skaleneffekte ermöglicht“, erklärt Blaser.

Aktuell gestaltet sich die Wertschöpfungskette des Aktienhandels sehr komplex und ineffizient. Nach Ansicht der Studienautoren kann die Tokenisierung hier in mehrfacher Hinsicht Abhilfe schaffen: Durch die Eliminierung des Clearing-Prozesses, die Verkürzung der Abwicklungszeiten, die Erhöhung der Transparenz aufgrund des dezentralen Charakters und die Steigerung der Effizienz mit Hilfe von Prozessautomatisierung.

„Die Infrastruktur des Finanzmarktes wurde entwickelt, um möglichst sichere, schnelle und endgültige Werttransfers zu ermöglichen. Die Tokenisierung ermöglicht digitale Transfers, die so nahtlos und einfach sind wie die Übertragung von Informationen über das Internet. Zugleich verbessert sie den derzeitigen Status quo in Bezug auf Geschwindigkeit, Sicherheit und Flexibilität. Und dies ohne die Notwendigkeit vieler der derzeitigen Vermittler. Dies ist ein ebenso tiefgreifender Wandel wie die Entwicklung vom Papier- zum elektronischen Handel. Der Umbruch ist bereits im Gange und die Marktteilnehmer können sich entscheiden, ob sie sich anpassen und mitwachsen oder zurückbleiben und irrelevant werden“, erklärt Kevin de Patoul, CEO und Mitgründer von Keyrock.

Finanzielle und zeitliche Vorteile überwiegen Herausforderungen
Zwar gibt es bereits heute konkrete Beispiele für den Einsatz der Technologie im Aktienhandel, doch die Einführung der Tokenisierung im gesamten Handelsbereich wird wahrscheinlich nicht über Nacht erfolgen. Die grösste Herausforderung der Tokenisierung ist das Fehlen eines regulatorischen Rahmens und gemeinsamer Industriestandards. Auch die Skalierbarkeit und die Festlegung geeigneter Massnahmen zur Cybersicherheit stellen erhebliche Hürden dar.

„Es mag der Eindruck entstehen, dass der Bedarf an Tokenisierung noch auf einem vernachlässigbaren Niveau ist und die Technologie noch ignoriert werden kann. Wir sind der festen Überzeugung, dass es jetzt an der Zeit ist, zu handeln. Da immer mehr attraktive Anwendungsfälle auftauchen und die potenziellen Nutzer vermehrt die finanziellen und zeitlichen Einsparungen der Tokensierung sehen, werden die Aufsichtsbehörden gezwungen sein, die Grenzen des technologischen und regulatorischen Rahmens zu definieren“, sagt Blaser. (awp/mc/pg)

Exit mobile version