Frankfurt – Trotz der Corona-Krise haben in diesem Jahr einer Studie zufolge weltweit mehr Unternehmen den Gang an den Aktienmarkt gewagt als 2019. Die Zahl der Börsengänge stieg um 15 Prozent auf 1’322, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Auswertung des Beratungs- und Prüfungsunternehmens EY hervorgeht. Das weltweite Emissionsvolumen kletterte um 26 Prozent auf 263 Milliarden Dollar und damit auf den höchsten Wert seit 2010. Allerdings trauten sich lediglich 12 deutsche Firmen aufs Börsenparkett.
«Auf den ersten Blick erscheint es widersinnig, dass in einem so schwierigen Jahr wie 2020 Börsengänge derartig boomen», sagte EY-Experte Martin Steinbach. Ein wichtiger Treiber sei aber weiterhin die «enorm hohe Liquidität, die im Markt ist und nach Anlagemöglichkeiten sucht.» Die Pandemie führte zudem zu einem Digitalisierungsschub, von dem gerade Börsengänge von Technologieunternehmen profitiert hätten.
Den Angaben zufolge entfielen 33 Prozent der weltweiten Emissionserlöse auf Börsengänge von Technologieunternehmen, die 24 Prozent aller Transaktionen ausmachten. An zweiter Stelle standen IPOs (Initial Public Offering – Erstangebot von Aktien) von Unternehmen aus dem Gesundheitssektor.
Aufbruchstimmung in USA und China
Aufbruchstimmung herrschte vor allem in den USA und China. Das Emissionsvolumen in den Vereinigten Staaten stieg um 69 Prozent auf 86 Milliarden Dollar. Die Zahl der Transaktionen kletterte um 32 Prozent auf 222. China – einschliesslich Hongkong – verzeichnete ein Wachstum des Emissionsvolumens um 51 Prozent auf 116 Milliarden Dollar, die Zahl der Börsengänge legte um 41 Prozent auf 514 zu. Weltweit grösster Börsengang war demnach der des chinesischen Chip-Herstellers Semiconductor Manufacturing International mit 7,6 Milliarden Dollar.
In Deutschland sieht EY noch Luft nach oben. Den Angaben zufolge fanden zwölf Unternehmen auf verschiedenen Wegen den Weg an den Aktienmarkt. Davon gingen neun in Frankfurt an die Börse und erlösten dabei insgesamt 1,1 Milliarden Euro. Drei Firmen entschieden sich für einen Börsengang in New York. Darunter war das Tübinger Biotechunternehmen Curevac, das an einem Corona-Impfstoff arbeitet.
«Der deutsche IPO-Markt hatte gerade im ersten Halbjahr mit Gegenwind zu kämpfen», erläuterte Steinbach. Wegen der Kursschwankungen zu Beginn der Pandemie hätten einige Unternehmen ihre Börsenpläne vorerst auf Eis gelegt. Im zweiten Halbjahr hätten Aktivitäten wieder angezogen. Börsengänge spielen in Deutschland allerdings seit Jahren kaum eine Rolle. Viele Unternehmen finanzieren sich traditionell lieber über Kredite ihrer Hausbanken oder geben Anleihen heraus. (awp/mc/ps)