Türkische Notenbank senkt erneut Zinsen – Lira auf Rekordtief
Istanbul – Die türkische Zentralbank hat trotz hoher Inflation und Währungskrise erneut ihren Leitzins gesenkt. Er werde von bislang 15,0 auf nunmehr 14,0 Prozent heruntergenommen, wie die Währungshüter am Donnerstag mitteilten.
Ökonomen hatten damit gerechnet, nachdem die Zentralbank seit September bereits mehrfach ihre Geldpolitik gelockert hat. Und das, obwohl die Inflationsrate derzeit bei mehr als 21 Prozent liegt – weit über dem Ziel der Zentralbank von fünf Prozent. Nach nahezu einhelliger Meinung von Ökonomen wären eigentlich höhere Zinsen zum Gegensteuern notwendig.
Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich jedoch wiederholt als «Zinsfeind» bezeichnet. Er will mit billigem Geld die Konjunktur anschieben. Die Lira fiel nach Bekanntgabe der Entscheidung auf das Rekordtief von 15,5 zum US-Dollar. Die Notenbank signalisierte nun, den Lockerungszyklus zu unterbrechen, um die Auswirkungen in den nächsten drei Monaten zu beobachten.
«Ungesunde Preisbildung»
Die Zinssenkungen sind ein Grund für die anhaltende Talfahrt der Lira, die in diesem Jahr rund die Hälfte ihres Wertes zum Dollar eingebüsst hat. Die Zentralbank hat deshalb in den vergangenen Tagen mehrfach am Devisenmarkt interveniert: Wegen «ungesunder Preisbildung» verkaufte sie Dollar, um die eigene Währung zu stützen. Die Lira-Schwäche wiederum heizt die Inflation zusätzlich an, weil dadurch Importe wie Öl oder Medikamente teurer werden.
Die Zentralbank hat rapide an Ansehen bei Investoren verloren. Dazu hat Präsident Erdogan beigetragen, der wiederholt Zinssenkungen gefordert und drei Notenbankchefs binnen zweieinhalb Jahren geschasst hat, was die Unabhängigkeit der Währungshüter infrage stellt. (awp/mc/ps)