UBS-CEO Sergio Ermotti. (Foto: UBS)
Brüssel – Gegen die Schweizer Grossbank UBS ist in Belgien ein Strafverfahren (Inculpation) wegen schweren organisierten Steuerbetrugs eröffnet worden. Das teilte die Staatsanwaltschaft in Brüssel am Freitag in einem Communiqué mit. Das Geldinstitut soll Steuerflüchtigen geholfen haben.
Die Bank werde verdächtigt, Kunden in Belgien direkt und ohne einen Umweg über ihre Niederlassung kontaktiert und diese angestiftet zu haben, sich einem Konstrukt zur Steuerflucht anzuschliessen, hiess es in dem Schreiben.
Ein belgischer Richter habe gegen das Institut ein Verfahren wegen Geldwäscherei und schweren Steuerbetrugs eingeleitet, erklärte die Staatsanwaltschaft. Das Verfahren sei aufgrund eines Rechtshilfeersuchens an Frankreich und in Zusammenarbeit mit den französischen Behörden zustande gekommen.
Man nehme zur Kenntnis, dass im Fall Belgien als nächster Schritt eine offizielle Untersuchung eröffnet wird, kommentierte die UBS den Sachverhalt gegenüber AWP. Und: «UBS wird sich weiterhin gegen unbegründete Anschuldigungen zur Wehr setzen.» Die Grossbank besteht indes darauf, dass es sich bei der sogenannten Inculpation nicht um eine Anklage handele und die UBS nicht vor Gericht stehe.
Die Untersuchung durch den Untersuchungsrichter sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen, sagte die Sprecherin der Brüsseler Justizbehörden, Jennifer Vanderputten, auf Anfrage von AWP. Die «Inculpation» bedeute aber auf Grundlage der bislang gesammelten Beweise, dass der Richter den «Eindruck» habe, dass sich die Bank den vorgeworfenen Taten schuldig gemacht habe.
Die Wahrscheinlichkeit sei hoch, dass die Bank vor das Strafgericht zitiert werde, so Vanderputten weiter. Mit der Eröffnung des Strafverfahrens habe die UBS nun die Möglichkeit, die Akten einzusehen, um ihre Verteidigung vorzubereiten. Laut Staatsanwaltschaft könnten «signifikante» Bussen verhängt werden, da es bereits vier mögliche Präzidenzurteile gebe.
Hausdurchsuchungen bereits 2014
Die belgischen Behörden haben die UBS seit längerem im Visier: Im Juni 2014 war der Chef der UBS Belgien wegen mutmasslicher Beihilfe zur Steuerhinterziehung vor einen Richter vorgeladen worden. Zuvor hatte die Polizei seine Wohnung, die eines Kunden sowie die Bank selbst durchsucht.
Die Bank verkaufte im November 2014 ihr Vermögensverwaltungsgeschäft in Belgien an die Privatbank Puilaetco Dewaay. Der Bereich verwaltete Angaben von damals zufolge Kundenvermögen von mehr als 3 Mrd EUR und beschäftigte 60 Mitarbeiter. Zum Kaufpreis wurden keine Angaben gemacht.
Anklage in Frankreich offen
Frankreich hatte vor Wochenfrist den Abschluss des Steuerverfahrens gegen die UBS bekannt gegeben. Über eine Anklageerhebung müssen nun die zuständigen Untersuchungsrichter entscheiden. Die Parteien haben drei Monate Zeit, Informationen auszutauschen und Zusatzinformationen anzufordern.
Die UBS teilte damals mit, nach Ermittlungen von mehr als fünf Jahren biete sich nun die Möglichkeit, auf unbegründete Vorwürfe zu reagieren.
Das formelle Verfahren gegen die Bank in Frankreich wurde 2014 eröffnet, das gegen ihre französische Tochter 2015. UBS musste die Rekordsumme von 1,1 Mrd EUR Kaution zahlen, der Ableger 10 Mio.
Nach Dokumenten, die von Deutschland an Frankreich übergeben wurden, schätzen die französischen Richter die Summe der überwiesenen Gelder auf rund 13 Milliarden Franken. Betroffen waren davon nach Stand des Jahres 2008 etwa 38’000 Kunden. Von ihnen müssen allerdings nicht unbedingt alle Steuerhinterziehung begangen haben.
Im Zusammenhang mit allen offenen Rechtsfällen nahm die UBS happige Rückstellungen vor. Nach Informationen aus der Bilanzmedienkonferenz von anfangs Februar betrugen diese Ende 2015 rund 3 Milliarden Franken.(awp/mc/upd/ps)