Zürich – Nur zwei Wochen nach der Credit Suisse hat nun auch die UBS einen neuen Konzernchef gefunden. Und es ist ein Mann, den wohl kaum jemand auf seiner persönlichen Liste möglicher Nachfolger hatte: Der Chef des niederländischen Geldhauses ING, Ralph Hamers, wird Sergio Ermotti als Konzernleiter im Herbst ablösen.
Da die (internationale) Presse von der Personalie offenbar Wind bekommen und schon am Mittwochabend über die Ernennung berichtet hatte, informierte die UBS dann zu einem ungewohnten Zeitpunkt, nämlich kurz vor Mitternacht. Gemäss einer dann verschickten Mitteilung wird Hamers den CEO-Job UBS am 1. November übernehmen, aber bereits zwei Monate früher zur UBS stossen, um einen «reibungslosen Übergang in der Führung sicherzustellen».
Der Zeitpunkt der Information war zwar einigermassen überraschend, dass es mittelfristig aber zu einem Wechsel kommen würde, wurde weitherum erwartet. Gerüchte über eine bevorstehende Nachfolgelösung gab es schon lange und hatten sich zuletzt verdichtet. Schon vor zwei Jahren hatte es geheissen, Ermotti wolle in den Verwaltungsrat wechseln und dort Präsident Axel Weber ersetzen, dieser mache aber noch keine Anstalten abzutreten.
Kein direkter Wechsel auf VRP-Posten
Ein direkter Wechsel vom CEO- auf den VRP-Posten wäre in der Schweiz im Gegensatz zu Ländern wie Deutschland oder Grossbritannien möglich, dort hingegen gilt eine sogenannte Cooling-off-Periode von zwei Jahren – also ein Zeitraum, während dessen es eine Unvereinbarkeit bestimmter Aufgaben gibt. Und offenbar fühlt sich UBS-Präsident Axel Weber diesem Modell verpflichtet, so dass ein direkter Sprung von Ermotti an die Spitze des Verwaltungsrates für ihn kein Thema war.
Ob Ermotti dann in zwei Jahren, wenn Weber – wie heute bestätigt – zurücktreten will, zum Thema wird, muss sich zeigen. Der knapp 60-jährige Tessiner jedenfalls liess sich diesbezüglich nicht in die Karten blicken. Er sei eigentlich nicht bekannt dafür, dass es für etwas kandidiere, meinte er etwas ausweichend. Er habe jetzt einen wichtigen Job für die nächsten acht Monate und wolle eigentlich nicht über seine Zukunft spekulieren.
Digitalisierung im Fokus
Dass der 53-jährige Hamers, der seit 1991 für den niederländischen Allfinanz-Dienstleister und seit 2013 als dessen Chef tätig ist, zu wenig mit dem UBS-Kerngeschäft Vermögensverwaltung vertraut ist, wollte VR-Präsident Weber auf eine entsprechende Frage so nicht stehen lassen. «Der CEO ist vor allem für die Strategie zuständig», so Weber. Und es gebe durchaus Gemeinsamkeiten; so seien sowohl die UBS wie auch ING systemrelevante Institute. Zudem habe die UBS mit Tom Naratil und Iqbal Khan zwei Führungskräfte, die das Wealth-Management-Business bestens führten.
Hamers gilt vor allem als Crack in Sachen Digitalisierung, was für die UBS im sich stark wandelnden Umfeld für die Bankbranche sicher ein Vorteil sein kann. Für UBS-Präsident Weber ist er denn auch der «richtige CEO, um unsere Bank durch die nächste Phase ihrer Entwicklung zu führen». Unter Hamers Führung habe sich ING Group einem fundamentalen Wandel ihres Betriebsmodells unterzogen und gelte heute als eines der besten Beispiele für digitale Innovation im Bankensektor, meinte Weber.
Bei seinen öffentlichen Auftritten wies Hamers immer wieder auf die Notwendigkeit hin, dass sich die Branche den neuen digitalen Gegebenheiten anzupassen habe. So verwies er vor zwei Jahren in einem Gespräch mit der Online-Publikation «Finews» auf die Notwendigkeit, sich auch an Tech-Giganten wie Facebook, Apple oder Amazon zu orientieren.
Finanzmarkt zufrieden
Auch Bankanalysten äusserten sich positiv zur Ernennung von Hamers. Heute sei ING eine der «besten Beispiele für die digitale Innovation» im Bankensektor, kommentierte etwa Vontobel-Analyst Andreas Venditti. Ähnlich tönte es auch beim US-Broker Jefferies: Hamers habe sich bei der ING vor allem als «Vorreiter des digitalen Bankings» profiliert.
Der Finanzmarkt allgemein scheint von der Ernennung Hamers angetan. Die UBS-Aktie büsste gegen Schluss zwar an Terrain ein, war mit einem Plus von 0,9 Prozent auf 13,025 Franken aber der beste Schweizer Blue Chip. (awp/mc/ps)