UBS vs. Frankreich vor der nächsten Runde

UBS vs. Frankreich vor der nächsten Runde

Zürich – Heute beginnt in Paris der Berufungsprozess im Steuerstreit zwischen Frankreich und der UBS. Die Grossbank war vor zwei Jahren in erster Instanz zu einer Zahlung von insgesamt 4,5 Milliarden Euro verurteilt worden. Die zweite Runde hätte eigentlich im Juni über die Bühne gehen sollen, wurde aber wegen Corona verschoben.

Laut den Vorwürfen soll die UBS französische Kunden dazu angestiftet haben, Gelder am Fiskus vorbeizuschmuggeln. Zwischen 2004 und 2012 seien in Frankreich Kunden von Bankern aus der Schweiz angeworben worden, was das französische Recht als illegal taxierte.

«Illegale Bankwerbung» und «durch Steuerbetrug verschlimmerte Geldwäsche» lautete das Verdikt des Pariser Strafgerichts im Februar 2019. Die UBS wurde in der Folge zu einer Rekordstrafe von 3,7 Milliarden Euro verdonnert, hinzu kam ein Schadenersatz von 800 Millionen.

Die erste Runde der Steuerhinterziehungs-Klage also endete mit einem klaren Sieg der französischen Staatsanwälte. Die UBS legte schon am Tag der Verkündung dagegen Berufung ein und verlangt für sich einen Freispruch.

Auf Vergleich verzichtet
Es geht also (auch) um viel Geld, wenn die Anwälte ab kommenden Montag wieder die Klingen kreuzen. Die 4,5 Milliarden Euro stehen zu aktuellen Wechselkursen für rund 80 Prozent des letztjährigen Jahresgewinns von knapp 6,6 Milliarden US-Dollar.

Für den Fall zurückgestellt hat die UBS (seit längerer Zeit unverändert) lediglich 450 Millionen Euro – also einen Zehntel des ersten Verdikts. Nach einer Niederlage vor dem Rekursgericht müsste die Bank wohl deutlich mehr Rückstellungen tätigen.

Die UBS hat übrigens bewusst den Prozess riskiert. Auf einen Vergleich ohne Schuldeingeständnis verzichtete die Bank bewusst. Ein solcher Vergleich wäre «sehr teuer geworden», sagte der frühere UBS-Konzernchef Sergio Ermotti damals in einem Zeitungsinterview.

«Es wäre ein katastrophales Signal gewesen, Milliarden zu zahlen, wenn es keinen Beweis für Fehler gibt», sagte Ermotti nach dem ersten Prozess im Gespräch mit den CH-Medien.

Wichtiges Leiturteil
Die Bank sprach vor zwei Jahren von einer Verurteilung «ohne konkrete Beweise». Die UBS warf den Pariser Richtern auch Fehler und Nachlässigkeiten vor. Widersprüchlich fiel laut der UBS vor allem die Berechnung der Busse aus. Aus dem Urteil werde nicht klar, ob sie auf den Kundenvermögen beruhe oder den nicht bezahlten Steuern.

Seither hat sich insofern Wichtiges getan, als der Kassationshof in Paris im September 2019 ein Leiturteil gefällt hat, wonach französische Gerichte Bussen wegen Steuerbetrug auf Basis der tatsächlich hinterzogenen Steuern berechnen sollen und nicht auf Basis der hinterzogenen Vermögen. Dieses Urteil könnte also für die UBS von grosser Bedeutung sein und den Ausgang des Berufungsprozesses zu ihren Gunsten entscheidend beeinflussen, zumindest was die Höhe der Busse betrifft.

Neue Verteidigungslinie
Zur Verteidigung im Berufungsverfahren will sich die UBS nun offenbar auf einen Vertrag abstützen, den die EU mit der Schweiz abgeschlossen hat. Konkret geht es um das Zinsbesteuerungsabkommen von 2004.

«Dieses Abkommen erlaubte es den Schweizer Banken, ausländische Kundengelder zu verwalten und gleichzeitig das Bankgeheimnis zu wahren», erklärte Rechtsprofessor Peter Nobel, der für die UBS als Berater mitwirkt, vor zwei Wochen gegenüber der «NZZ am Sonntag». Somit sei es für die UBS legal gewesen, Gelder von Kunden aus Frankreich zu verwalten. Die Bank wollte die Aussagen von Nobel auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP nicht kommentieren.

Wie auch immer die zweite Runde, die bis zum 24. März dauert, ausgeht – bis zu einem letztinstanzlichen Urteil dürfte der Fall die UBS noch mehrere Jahre beschäftigen. Sergio Ermotti wollte den Fall eigentlich noch in seiner Amtszeit abschliessen, nun hat er den Stab im letzten Herbst an seinen Nachfolger Ralph Hamers übergeben. (awp/mc/pg)

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