Von Martin Raab, Derivative Partners Media AG, www.payoff.ch
Börsengehandelte Fonds – kurz ETFs genannt – sind zur festen Grösse in der Vermögensanlage geworden. Die ETFs mit der besten Wertentwicklung seit Jahresbeginn unterstreichen die Vielfältigkeit dieser Produkte. Wir haben die Sieger analysiert und stellen die auch künftig aussichtsreichsten ETFs vor.
Passend zum abgelaufenen ersten Halbjahr 2012 kommt jetzt bei vielen Anlegern ein «Quo vadis?» in Bezug auf die Vermögensanlage als Frage auf. Interessant ist vor allem: Welche Anlagen liefen bisher gut und wie sind die Aussichten? Ein wichtiger Aspekt sind mehr und mehr auch die Kosten und die Transparenz des jeweiligen Finanzprodukts. Börsengehandelte Fonds – im Fachjargon ETF als Kurzform für «Exchange Traded Fund» genannt – überzeugen hier immer mehr Anleger durch ihren transparenten und kostengünstigen Charakter. Mithilfe eines ETF kann bequem an der Wertentwicklung eines Index partizipiert werden, ohne dass mühsam alle einzelnen Bestandteile in das Depot eingekauft werden müssen.
Transparenter Charakter
Konkretes Beispiel ist der Schweizer Leitindex SMI, welcher aus den 20 grössten Aktiengesellschaften besteht. Durch den Kauf eines ETF auf den SMI-Index nimmt man indirekt die 20 Aktien anteilig in sein Portfolio auf. Der ETF vollzieht die gleiche Wertentwicklung wie der SMI selbst. Die eigentliche Bewegung macht der Index – hier im Beispiel der SMI –, der ETF folgt ihm wie ein Schatten. Daher werden ETFs auch «passive Investments» genannt. Die Konstruktion und insbesondere das Management eines ETF sind im Vergleich zu einem klassischen Investmentfonds deutlich einfacher und oft wesentlich kostengünstiger, denn es gibt bei ETFs grundsätzlich keinen aktiven Fondsmanager, der Anlageentscheide fällt und bestimmt, was gekauft oder aus dem Fondsvermögen verkauft wird. Das sorgt auf Anlegerseite für extrem tiefe Gebühren im Vergleich zu konventionellen Anlagefonds mit gleicher Ausrichtung (hier: Schweizer Standardaktien).
Die besten ETFs unter der Lupe
Als Faustregel gilt daher bei den passiven Investments: Nur der Index zählt. Bei Indexanlagen ist echter Purismus gefragt. Umso interessanter ist eine Analyse der besten Indizes bzw. Indexstrategien und die entsprechenden ETFs darauf. Die währungsbereinigte Rangliste, d.h. wie viel hat ein in Schweizer Franken rechnender Anleger verdient, basiert auf der besten Wertentwicklung seit Ende 2012. Alle hier genannten ETFs sind über die jeweilige Hausbank oder PostFinance an der Schweizer Börse täglich handelbar. Die Umsätze in ETFs an der Schweizer Börse haben sich in den letzten drei Jahren verdoppelt auf zuletzt CHF 102 Mrd. Derzeit sind 780 ETFs in der Schweiz börslich handelbar. In Sachen Marktanteil halten die Credit Suisse, ZKB und BlackRock/iShares sowie die UBS aktuell Spitzenpositionen. Bislang noch den kleinsten Teil am börslichen ETF-Kuchen in der Schweiz halten die Newcomer Ossiam (Teil der französischen Raiffeisengruppe) und SPDR ETF, eine Marke des US-Finanzkonzerns State Street, welcher einer der bekanntesten ETF-Anbieter in den Vereinigten Staaten ist.
Als Faustregel gilt: Nur der Index zählt.
Asien bleibt ein Renditebringer
Als Resultat unserer Auswertung ging es mit einem ETF der Deutschen Bank bezogen auf den vietnamesischen Aktienindex FTSE Vietnam (Symbol XFVI) am steilsten nach oben (+34,1%). Die dort investierten Gelder haben in sechs Monaten mehr als ein Drittel an Wert zugelegt. Eine volatile aber aufstrebende Bewegung der lokalen Wirtschaftsentwicklung, gepaart mit Wechselkursgewinnen im US-Dollar, haben diesem ETF an die Spitze verholfen. Vietnam konnte sein Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den letzten zehn Jahren verdoppeln, wurde aber 2008 im Zuge der globalen Finanzkrise sehr hart getroffen. Inzwischen brummt die Wirtschaft aber wieder. Für das Jahr 2013 wird ein BIP-Wachtsum von 6,2% erwartet. Für risikobewusste Anleger, die eine Ausrichtung auf Südost-Asien suchen, ist der ETF auch weiterhin gut geeignet.
Weiche Landung im Reich der Mitte
Beim grossen Nachbarn China möchte man in Sachen Wachstum kein unnötiges Abschwungrisiko eingeben. Daher hat Chinas Notenbank jetzt konsequent gehandelt und Anfang Juni den Leitzins überraschend um einen viertel Prozentpunkt auf 6,31% gesenkt. In der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt hatten sich zuletzt die Anzeichen für eine spürbare Konjunkturabkühlung verstärkt. Dennoch: Für 2012 ist ein Wirtschaftswachstum von 8,2% prognostiziert. Von derartigen Zahlen können die Volkswirtschaften im Westen derzeit nur träumen. Der CS ETF auf den CSI 300 Index (Ticker CSCSI3), der die 300 grössten festlandchinesischen Aktien (Shanghai und Shenzhen) umfasst, erzielte mit +13,3% eine sehr ansehnliche Wertentwicklung. Wichtig zu wissen: Der chinesische CSI 300 Index wird zu einem Drittel von chinesischen Finanztiteln dominiert. Das ist Segen und Fluch zugleich. Gegenwärtig läuft Binnenkonjunktur noch zufriedenstellend, aber Finanzwerte sind bei Konjunktursorgen die ersten Aktien, die zu schwanken beginnen.
Volles Potenzial in Japan
Aussenseiter auf der Anlegerlandkarte ist Japan. Die Kursentwicklung des Börsenleitindex Nikkei ist seit wenigen Tagen auf einem 22-Jahres-Tief angekommen. Aufgrund ungelöster Schuldenprobleme der öffentlichen Hand und negativer Schlagzeilen im Rahmen des Ökodesasters in Fukushima haben viele Anleger dem Markt den Rücken gekehrt. Völlig ausgeblendet wird dabei die zurückeroberte Technologiestärke der japanischen Unternehmen, gesunde Bilanzen und eine bedeutend wachsende Handelsverflechtung mit China sowie wichtigen Anrainerstaaten in Südost- und Zentralasien. Wer chancenorientiert und mit einer guten Portion Risiko einen Teil seines Vermögens in Turnaround-Kandiaten setzten möchte, findet im ComStage ETF Nikkei 225, einem ETF der Commerzbank (Symbol CBNKY), hierfür ein perfektes Instrument. Zum Einstieg ist es nicht zu spät. Seit Jahresbeginn gewann der Nikkei-ETF gerade mal um +2,5% an Wert und war damit alles andere als in der Spitzenklasse.
Japans Börsenleitindex Nikkei ist jetzt auf einem 22-Jahres-Tief.
Fragezeichen am Bosporus
Genau zwischen Asien und Europa steht – nicht nur geografisch – die Türkei. Der Kursaufschwung des dortigen Aktienmarkts sorgte beim HSBC MSCI Turkey ETF (Symbol HTRY) für einen Wertzuwachs von +14,5%. Das entspricht der viertbesten Entwicklung aller an der Schweizer Börse gelisteten ETFs. Natürlich sorgte auch hier der gegenüber dem CHF angestiegene US-Dollar-Kurs für zusätzlichen Rückenwind. Die Aussichten für die Wirtschaft am Bosporus haben sich in letzter Zeit aber eingetrübt. Primär drückte die Syrienkrise den MSCI Turkey Index zuletzt arg nach unten. Eine Lösung des Konflikts vor der Haustüre (und eine Grenzöffnung zu einem «neuen» Syrien) würde den türkischen Aktienmarkt sehr schnell in Ekstase versetzen und Anlegern attraktive Gewinne versprechen. Noch sind derartige Investorengedanken aber nicht mehr als eine Fata Morgana – daher Vorsicht!
Willkommene Katerstimmung in Mailand
Das krasse Gegenteil von aufstrebend klassifiziert die verwendete Strategie des RBS Market Access Short FTSE MIB Monthly Index ETF (Symbol RITS). Dieser bildet die inverse Wertentwicklung des italienischen Aktienindex MIB ab. Herausgeber des Produkts ist die Royal Bank of Scotland. Der FTSE MIB Index umfasst die 40 wichtigsten italienischen Unternehmen und deckt fast 80% der Marktkapitalisierung Italiens ab. Der Index setzt allerdings ganz bewusst auf fallende Kurse – angezeigt durch den Begriff «Short» oder «Inverse». Fällt der italienische Aktienindex MIB um 1%, steigt der Wert des ETF um 1% an. Der turbulente Rückgang des MIB in den letzten Monaten bescherte Besitzern des ETF ein sattes Plus von 19,8%. Alternativ ist dieser ETF natürlich auch zur Absicherung von Beständen von italienischen Aktien geeignet. Mit Blick auf die nächste Zeit ist fraglich, ob und wie tief in Mailand die Börsenkurse noch weiter abrutschen. Daher: Jetzt aussteigen und Gewinne mitnehmen. Chancenorientierte Trader dürfen den erfolgreichen ETF aber beruhigt auf ihrer Watchlist belassen – so lässt sich im Falle eines Falles schnell an neuerlich fallenden Kursen profitieren. Für konservative Investoren oder Börsenjünglinge hingegen ist das Produkt nicht geeignet.
Trotz verpatztem Börsengang von Facebook herrscht in den USA eine sehr positive Grundstimmung für Technologiewerte.
Doppelt von Schweizer Aktien partizipieren
Drittbeste Wertentwicklung (+18,9%) erreichte der Lyxor Daily Leveraged SMI ETF (Symbol LYSLE). Dieses Produkt reproduziert die Entwicklung des Schweizer Aktienleitindex SMI mit einem Hebel von zwei. Das heisst, verändert sich der SMI um z.B. 1%, reagiert der ETF um 2% im Kurs. Somit können risikobewusste Investoren überproportional an Marktbewegungen teilhaben. Dieses Finanzprodukt eignet sich für kurz- bis mittelfristige Engagements. Beste Einstiegszeitpunkte sind Phasen, in denen der Markt seit geraumer Zeit konsolidiert ist und der Anleger von einer Gegenbewegung ausgeht. Wie im November 2011 – damals lag der Schweizer Aktienmarkt am Boden. Jeder Aufschwung wird dank dieses ETF doppelt belohnt. Bei Kursrückgängen geht es mal zwei tiefer. Aktuell gelten Kurse um die neun Franken für mittelfristige Anlagen als kaufenswert. Der Tradingkunde sollte auch dieses Finanzprodukt unbedingt in sein taktisches Arsenal aufnehmen.
Mehr als nur Apple, Google & Co.
Der in US-Dollar verfügbare Credit Suisse ETF auf den NASDAQ100 Index (Symbol CSNDX) glänzte mit einer (in CHF umgerechneten) Wertentwicklung von +12,8% seit Jahresbeginn. Im NASDAQ 100 Index sind entgegen der landläufigen Meinung nicht nur reine Technologieaktien enthalten. Zwar sind bekannte IT-Gesellschaften wie Apple, Microsoft oder Google zwar stark im Index gewichtet, doch auch andere trendige Branchenvertreter aus dem Bereich Lebensmittel (Starbucks, Wholefoods) oder TV-Streaming (Netflix) bestimmen den Kursverlauf mit. Trotz verpatztem «Jahrhundert-Börsengang» von Facebook herrscht in den USA eine sehr positive Grundstimmung für Technologiewerte. Einzelstars wie Wholefoods befeuern das Potenzial des NASDAQ 100 zusätzlich. Auch dieser ETF ist daher für Anleger nach wie vor erstklassig zur Beimischung geeignet.
Gewinner im Auge behalten
Abschliessend, aber nicht weniger wichtig ist für Anleger der Hinweis, auch bei passiven Investments die Kursverläufe regelmässig – bei den hier vorgestellten ETFs mindestens einmal wöchentlich – zu überprüfen. Je nach Risikotoleranz sollte jeder Anleger für sich vorab klar definiert haben, ab welchem Negativertrag man sich vom Produkt trennt und es an der Schweizer Börse verkauft. Die immer noch relevante Faustregel aus der Praxis lautet «Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen». Somit bleibt man in guter Gesellschaft der renditebringenden Anlagen und hält Verlustbringer an der kurzen Leine.
KURZ ERKLÄRT
Exchange Traded Fund (ETF)
ETFs können – wie jedes Strukturierte Produkt – täglich an der Schweizer Derivatbörse Scoach gehandelt werden. Die in diesen Finanzprodukten investierte Gelder sind konkurssicher (wie ein klassischer Anlagefonds) sprich ohne Emittentenrisiko. Es gibt keine Mindesthaltedauer oder Kündigungsfristen.
Aktienindex
Ein Aktienindex ist eine festgelegte Sammlung ausgewählter Aktien. Deren Kursentwicklung dient als Kennzahl für die Entwicklung eines bestimmten Markts. Aktienindizes eignen sich im Allgemeinen als ein einfaches, aber dennoch nützliches Stimmungsbarometer für einzelne Volkswirtschaften bzw. bestimmte Wirtschaftsbereiche.
Indexunterschiede
Er unterscheidet sich von einem Preisindex (oder auch Kursindex) dadurch, dass auch sämtliche Erträge (Dividendenzahlungen u.a.), die aus den enthaltenen Aktienanlagen resultieren, mit berücksichtigt werden. Ein Kursindex (wie etwa der Swiss Market Index SMI) widerspiegelt lediglich die erzielten Kursgewinne/-verluste der Indexglieder, während ein Performanceindex (wie etwa der Swiss Performance Index SPI) den Gesamtertrag abbildet.
Informationsquellen
Um sich zur aktuellen Börsenlage informiert zu halten, finden Sie auf www.payoff.ch und www.etf-info.com relevante Kurse und wertvolle Informationen zur erfolgreichen Geld- und Vermögensanlage mit modernen Finanzprodukten.