Uneinheitliche Börsenentwicklungen zum Jahresabschluss
Damoklesschwert Fiskalklippe: Der Streit um den US-Haushalt ist nach wie vor ungelöst.
Zürich – Die beiden grössten Volkswirtschaften der Welt – die USA und China – haben im letzten Quartal ihre politischen Führungen für die nächsten Jahre bestimmt, wobei Überraschungen ausblieben. Es zeigte sich, dass die US-Aktienmärkte schon vor dem Wahltermin mit der Wiederwahl Obamas rechneten, denn bereits im Vorfeld dazu bekundeten die Leitindizes Mühe, ihre Jahreshöchststände zu halten. Hurricane «Sandy» sowie durchzogene Unternehmens- und Makrodaten spielten dabei auch eine Rolle. Nach der Wahl richtete sich das Augenmerk der Anleger sofort wieder auf die ungelöste US-Haushaltsdebatte.
Die Angst vor einer scharfen US-Rezession wegen der drohenden automatischen Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen schickte die Börsen darauf auf Talfahrt. Sie erholten sich jedoch rasch wieder, als sich eine mögliche Annäherung zwischen Republikanern und Demokraten abzeichnete. Das FED konnte aber von der geldpolitischen Seite her keine weiteren Impulse setzen, trotz Fortsetzung der Nullzinspolitik. Für die Berichtsperiode (1.10.–17.12.) resultierte deshalb per saldo ein leichtes Minus für die USA. In Europa schlossen die meisten Börsen hingegen trotz ausbleibender Zinssenkung der EZB positiv (z. B. CH, D). Ein günstiges Momentum generierten hier unter anderem die Reformfortschritte in Griechenland und die Verständigung der Eurostaaten auf eine gemeinsame Bankenaufsicht. Ferner zeigte auch das jüngst von der EZB initiierte Anleihenskaufprogramm Wirkung bei der Stabilisierung der langfristigen Zinsen der «PIIGS-Staaten».
Eindrucksvolles Comeback Japans
Zuletzt wieder ermutigende Konjunkturdaten aus China schafften dort Ende November die Wende, während Japan ein eindrucksvolles Comeback aufs Parkett legte (Nikkei +11%). In den Bondmärkten bewegten sich die Renditen zehnjähriger Referenzanleihen seitwärts oder sinkend. So sanken sie in der Schweiz kurz auf ein Rekordtief von unter 0.4%, bevor sie wieder auf 0.5% stiegen. Die US-Renditen notierten marginal höher bei 1.7%. In Europa sanken die Zinsen von 3% auf 2.7%. Die positiven geld- und staatspolitischen Signale aus Europa spielten dem Euro in die Hände, der abermals gegenüber dem Dollar zulegen konnte (+2.3%), wovon auch der Franken profitierte. Das Gold musste einen Teil seines Jahresgewinns abgeben (–4% im Quartal, +8% fürs Gesamtjahr). Zur Schwäche neigte auch der Öl-Preis (–6%).
2013: Raum für weitere Kursavancen
Die Freude über ein insgesamt ansprechendes Börsenjahr dürfte bald der bangen Frage weichen, wie es im neuen Jahr weitergehen wird. Vorausgesetzt, dass sich Republikaner und Demokraten bis Ende 2012 (nach Redaktionsschluss) zu einem Kompromiss im Hinblick auf den Haushaltsstreit durchringen können – wovon wir ausgehen – glauben wir, dass noch Raum für weitere Kursavancen besteht. In diesem Fall sollte die US-Wirtschaft weiter mit ca. 2% wachsen können, unterstützt durch tiefere Energiekosten und einen robusten Immobilienmarkt. Die gute Verfassung der meisten Unternehmungen und die Nullzinspolitik des FED («ZIRP») sollten unterstützend wirken, selbst wenn sich die Gewinnerwartungen fürs nächste Jahr als zu optimistisch erweisen sollten.
Verhaltenes Wachstum in Europa erwartet
In Europa verlief die Krise seit ihrem Ausbruch bisher in immer höheren Wellen. Dieser Trend scheint nun gebrochen zu sein. Die Eurozone wird sicher nicht von Turbulenzen verschont bleiben, ja selbst ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone scheint immer noch möglich, aber die Sparanstrengungen dürften 2012 ihren Höhepunkt erreicht haben. Ein leichtes Wachstum v.a. in der zweiten Jahreshälfte sollte deshalb möglich sein. Vergessen wir nicht, dass die EZB mit den «Outright Monetary Transactions» (Bondkäufe) über ein mächtiges Instrument verfügt. Zudem besteht Spielraum für weitere Zinssenkungen. Unter diesen Voraussetzungen sind wir verhalten optimistisch für europäische Aktien.
Vorsicht bei langfristigen Staatsanleihen
In China muss sich weisen, ob es Xi Jinping tatsächlich gelingt, die Wirtschaftsordnung nachhaltig zu transformieren. Die Herausforderungen sind gross, aber der neuen Führung ist die Wende zuzutrauen. Mit dem Entschluss des FED, weiter längerfristige Bonds aufzukaufen, bis die Arbeitslosenquote unter 6.5% fällt, dürften die Zinsen am langen Ende tief bleiben. Da die Zinswende letztlich aber früher als erwartet erfolgen könnte und die Realzinsen weiterhin negativ sind, raten wir zur Vorsicht bei langfristigen Staatsanleihen. Wir bleiben in diesem Umfeld dem Gold als Anlageinstrument treu und rechnen auch mit einem weiteren Anstieg des Euro gegenüber dem Dollar. (IHAG/mc/ps)