Bern – Die Gewerkschaft Unia hat zuletzt ein mit über 800 Millionen Franken bewertetes Vermögen besessen. Die grösste Arbeitnehmerorganisation der Schweiz hat am Freitag erstmals öffentlich detailliert über ihre finanziellen Verhältnisse Auskunft gegeben.
Die Unia publizierte Konzernrechnungen sowie Rechnungen der als Verein organisierten Gewerkschaft aus den Jahren 2016 bis 2020 auf ihrer Internetseite. Als Grund nannte sie das «mediale Interesse». Zuvor waren in Tamedia-Zeitungen und im «Blick» Details zu den Finanzen publik geworden. Der Gewerkschaft war dabei auch mangelnde Transparenz vorgeworfen worden. Sie hatte der Allgemeinheit bislang lediglich auf einem A4-Blatt Einblick in ihre Geschäftszahlen gewährt.
Die Unia zählte gemäss den nun publizierten Zahlen im letzten Jahr zu den finanzkräftigsten politischen Organisationen des Landes. Sie ist weit mehr als ein Gewerkschaftsverein, nämlich ein Konzern mit Tochtergesellschaften wie Immobilienfirmen und Beteiligungen etwa an Hotels und einer Druckerei. Auch die Unia-Stiftung gehört zum Konglomerat.
Geld verdiente der Unia-Konzern vor allem mit seinem Vermögen aus Finanzanlagen und Immobilien. Im letzten Jahr sprangen bei Einnahmen von insgesamt 225 Millionen rund 20 Millionen Franken Gewinn heraus.
Unia-Chefin: Starke Gewerkschaft wichtig
«Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass unsere Finanzen in Ordnung sind», sagte Unia-Präsidentin Vania Alleva am Freitag in einer Webkonferenz mit Journalisten. Eine starke und unabhängige Gewerkschaftsbewegung sei wichtig für das politische Gleichgewicht in der Schweiz.
Das Unia-Vermögen sei historisch gewachsen, sagte Alleva. Die Immobilienwerte hätten in den letzten Jahren aufgrund der Marktentwicklung stark zugenommen, hiess es. Teile des Vermögens der Unia seien auch Streikkasse, hatte die Gewerkschaft im Vorfeld verlauten lassen.
Alleva erklärte zur Transparenz, die Unia habe die Vorschriften zur Rechnungslegung stets eingehalten. Die Gewerkschaftsdelegierten und Behörden hätten immer volle Einsicht gehabt. Die Unia habe zudem öffentlich detaillierter informiert als andere Organisationen etwa auf Arbeitgeberseite. Die Unia will die Rechnungen künftig jährlich in detaillierter Form veröffentlichen.
Den Angaben zufolge belief sich das Vermögen der Unia Ende 2020 im Konzern auf total 836 Millionen Franken. Allein die Sachanlagen – darunter das Immobilienportfolio mit 2860 Wohnungen und 151 Liegenschaften wie Hotels – waren 444 Millionen Franken wert. Hinzu kam ein Finanzvermögen unter anderem dank Obligationen und Aktien im Umfang von 329 Millionen Franken.
Weniger Mitglieder
Der klassische Gewerkschaftsbetrieb ist kaum rentabel. Die wichtigste Finanzierungsquelle spülte weniger Geld in die Kasse. Wegen eines Rückgangs bei den Mitgliedern sanken da die Einnahmen um rund 1,5 Millionen auf 58,1 Millionen Franken. Gemäss eigenen Angaben hatte die Gewerkschaft eigentlich zum Ziel gehabt, zusätzliche Mitglieder zu gewinnen.
Unia verfügt gemäss den offenbarten Zahlen auch über einen beachtlichen Verwaltungsapparat, bei dem im letzten Jahr die Personalkosten um 4,5 auf 115,3 Millionen Franken stiegen, vor allem wegen zusätzlicher Anstellungen bei der Arbeitslosenkasse. Die Zahl der Beschäftigten nahm um 25 auf 1213 zu. Die sieben Geschäftsleitungsmitglieder bezogen im Schnitt rund 151’000 Franken. Das höchste Salär betrug 163’000 Franken.
Die Unia ist die grösste Gewerkschaft der Schweiz. Sie organisiert Arbeitnehmende aus den Sektoren Industrie, Gewerbe, Bau und private Dienstleistungen. Ihr gehören über 180’000 Mitglieder an, und sie führt die grösste Arbeitslosenkasse der Schweiz. (awp/mc/ps)