Frankfurt am Main – Griechenland wird heute eine neue fünfjährige Staatsanleihe begeben und sich damit erstmals seit Beendigung des ESM-Programms (Europäischer Stabilitätsmechanismus) wieder selbst am Kapitalmarkt finanzieren. Neun Jahre nach dem Ausbruch der griechischen Finanzkrise ist das ein wichtiger Schritt bei der wirtschaftlichen Erholung des Landes. Unsere Einschätzung zu Griechenland ist unverändert positiv.
Griechenland war zuletzt im Februar 2018 mit einer siebenjährigen Staatsanleihe am Markt. Damals stand die griechische Regierung noch unter der Aufsicht des Europäischen Stabilitätsmechanismus. Heute erfolgt somit die erste Neuemission nach Abschluss des dritten Hilfsprogramms Ende August 2018.
Die griechische Regierung ist aufgrund von Barreserven in Höhe von 26 Milliarden Euro derzeit nicht auf den Emissionserlös angewiesen. Mit der Begebung der Anleihe will der Staat seine Kapitalmarktfähigkeit unter Beweis stellen, wovon auch die griechische Privatwirtschaft profitiert.
Nach ausserordentlich schwierigen Jahren können wir derzeit eine deutliche wirtschaftliche Erholung Griechenlands beobachten. Das Wirtschaftswachstum lag 2018 bei 2,1 Prozent, und für 2019 erwarten wir eine Wachstumsrate von 2,4 Prozent, was deutlich über dem Durchschnitt der Eurozone liegt. Treiber dieser Erholung sind der Tourismus und der private Konsum. Die Arbeitslosenquote ist von rund 25 Prozent im Jahr 2015 auf zuletzt unter 19 Prozent gesunken.
Höchste Haushaltsdisziplin in der Eurozone
Trotz dieser weiterhin sehr hohen Arbeitslosigkeit und des in Folge der Wirtschaftskrise geringen Steueraufkommens hat die griechische Regierung im zurückliegenden Jahr einen Haushaltsüberschuss vor Zinszahlungen (Primärüberschuss) von 7,5 Milliarden Euro erzielt. Das entspricht 4,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Damit zeigt Griechenland die mit Abstand höchste Haushaltsdisziplin in der Eurozone. Zum Vergleich: Deutschland erzielte 2018 trotz Vollbeschäftigung und sprudelnden Steueraufkommens nur einen Primärüberschuss in Höhe von 2,5 Prozent des BIP.
Die Staatsverschuldung Griechenlands ist zwar mit 182 Prozent des BIP sehr hoch, bei einem durchschnittlichen Zinssatz von 2,0 Prozent erscheint sie uns jedoch tragfähig. Der Zinsdienst beläuft sich nur auf 3,5 Prozent des BIP, was im europäischen Durchschnitt liegt. Aufgrund der sehr hohen durchschnittlichen Laufzeit der Kredite und Anleihen des griechischen Staates von 18,5 Jahren sollte die Staatsschuld auch mittelfristig unter Kontrolle bleiben. Wenn der griechische Staat weiterhin Haushaltsdisziplin walten lässt, wird die Schuldenquote in den nächsten Jahren fallen.
Entscheidend für die weitere wirtschaftliche Erholung Griechenland wird es sein, dass die Regierung den gegenwärtigen Kurs der umfassenden Transparenz in ihrem Finanzgebaren, der Haushaltsdisziplin und der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den europäischen Institutionen fortsetzt. Vor diesem Hintergrund werden wir die Wahlkampagnen im Vorfeld der spätestens im Oktober 2019 stattfindenden Parlamentswahlen genau beobachten. (Union Investment/mc/ps)