Union Investment: Marktsaldo des schwarzen Gold bewegt sich im roten Bereich
Frankfurt – Die Schieferöl-Revolution ist nicht vorbei, aber der aktuelle Nachfrageüberhang am Ölmarkt lässt die Preise steigen. Anlegern bieten sich eine ganze Reihe von Chancen.
Lange kannte der Ölpreis nur eine Richtung: gen Süden. Grund war der Siegeszug der Schieferölindustrie („Shale Oil“). Insbesondere in den USA schossen neue Bohrtürme wie Pilze aus dem Boden. Steigende Notierungen galten als unerreichbar, da die flexible und schier unerschöpfliche Shale-Industrie bei anziehenden Preisen sofort die Pumpen anwarf. Der Ölpreis schien durch diese Revolution gedeckelt. Die Welt schwamm im Öl.
Konterrevolution der OPEC
Diese Zeiten sind vorbei. Das „schwarze Gold“ ist so teuer wie seit mehr als drei Jahren nicht mehr. Und das liegt nicht daran, dass kein Schieferöl mehr gefördert würde, im Gegenteil. Die USA produzieren mit täglich fast elf Millionen Fass so viel Rohöl wie nie zuvor. Trotzdem reicht der Schieferboom nicht mehr aus, um die Preise in den Keller zu drücken.
Dafür gibt es Gründe: Erstens hat die Opec, die Organisation erdölexportierender Länder, sich gemeinsam mit Russland Ende 2016 zu einer Begrenzung der Ölproduktion verpflichtet. Zweitens wuchs die Weltwirtschaft kräftig, entsprechend kletterte die Nachfrage nach Benzin, Diesel und petrochemischen Produkten. Und drittens kürzten viele Unternehmen ihre Investitionen.
Im Ergebnis ist die Nachfrage seit 2017 höher als die Angebotsmenge. Die Opec hat ein Interesse daran, dass das so bleibt. Viel deutet darauf hin, dass man die bis Ende 2018 laufenden Beschränkungen ausdehnen wird. Auch die Verschärfung im Streit um das iranische Atomprogramm dürfte die Angebotsseite treffen. Schliesslich ist der Iran mit 3,8 Millionen Barrel pro Tag drittgrösster Erdölproduzent der Opec. Sanktionen würden also das Angebot verknappen. Etwa 400 bis 500 Tausend Fässer iranisches Erdöl pro Tag stehen „im Feuer“.
Ausserdem zeigen die Investitionskürzungen Wirkung. In vielen Ländern geht die Förderung zurück. Denn: Wer nicht kontinuierlich investiert, ist ein paar Jahre später mit weniger Ausstoss konfrontiert. Besonders krass ist der Trend in Venezuela, wo auch politische Turbulenzen eine Rolle spielen. Hinzu kommen Mängel in der Infrastruktur. In den USA reichen beispielsweise die Pipelines nicht mehr aus, um das im Landesinnern geförderte Schieferöl an die Küste zu bringen. Damit dieses Öl dennoch auf den globalen Markt kommt, muss der Transport bspw. per Tanklaster erfolgen. Dadurch erhalten die Produzenten in wichtigen Fördergebieten wie dem Permian Becken derzeit etwa zehn US-Dollar weniger für ihr Öl als in den Häfen am Golf von Mexiko.
Vielfältige Möglichkeiten für Anleger
Der Ölpreis dürfte also vorerst weiter hoch bleiben. Bis Ende 2018 rechnen wir mit 78 US-Dollar je Fass der Sorte Brent, im Sommer halten wir allerdings auch Preise bis zu 85 US-Dollar für möglich. Interessant sind aber nicht nur die eher offensichtlichen Chancen beim Ölpreis am Kassamarkt. Möglichkeiten bieten auch Strategien, die auf die Terminkurve abzielen. Denn: So richtig trauen viele Investoren der neuen Marktlage offenbar nicht. Daher sind Ölkontrakte, die eine Lieferung zu einem späteren Zeitpunkt vorsehen, deutlich günstiger als die Notierungen am aktuellen Rand. Das bietet die Chance auf Rollgewinne. Man kauft also (günstig) einen langlaufenden Terminkontrakt, dessen Kurs sich im Zeitverlauf dem (höheren) Niveau am Kassamarkt annähert. Dieses Vorgehen stellt aktuell eine Jahresrendite von rund acht Prozent in Aussicht. Auch Destillate wie Heizöl oder Diesel bieten Chancen. Nach dem kalten US-Winter und aufgrund der hohen Transportnachfrage, droht hier eine Knappheit.
Fazit
Das spätzyklische Umfeld sollte die Rohstoffe insgesamt stützen, daher gehört die Anlageklasse in jedes gut diversifizierte Depot. Der Öl-Komplex bietet besonders vielfältige Chancen, nicht nur weil sich der Marktsaldo des schwarzen Goldes im roten Bereich bewegt. Besonders attraktiv sind die Möglichkeiten dabei abseits der ausgetreten Pfade. Anleger sollten auch über solche Alternativen nachdenken. (Union Investment/mc/ps)