Unwissenheit als Vermögensrisiko: Erhebliche Lücken in der Finanzkompetenz

Kapitalanlage

(Photo by Jason Briscoe on Unsplash)

Zürich – Im Vergleich zu den deutschsprachigen Nachbarländern zeichnet sich die Schweiz durch eine niedrige Inflationsrate und eine hohe Sparquote aus. Geht es um die gezielte Kapitalanlage oder das Wissen darum, hat die Schweiz laut der Studie «Educational Banking – Mit Finanzbildung gegen die Inflation?» von Zühlke jedoch keineswegs die Nase vorn. So erklären – ähnlich wie in Deutschland und Österreich – 52 Prozent der befragten Bankkundinnen und Kunden im Alter von 18 bis 60 Jahren, dass sie die meisten Geldanlageprodukte nicht verstehen.

Bei der systematischen Vermögensbildung wäre Nachsitzen ebenfalls gefragt. So gibt zwar mehr als die Hälfte der Befragten an, dass sie grundsätzlich einen Teil ihres Geldes risikoreich anlegen wollen. Jedoch besitzen nur 20 Prozent der Befragten Aktien. Bei Fonds/ETFs sind es sogar nur 15 Prozent. Ein grosser Teil des Geldes hingegen liegt auf Sparund Girokonten. Vergleichsweise hoch ist mit 17 Prozent der Anteil der Schweizerinnen und Schweizer, die Kryptowährungen im Depot haben.

Deutliche Unterschiede zwischen Mann und Frau
Als Hauptgrund, sich gegen Aktien, Fonds und ETFs zu entscheiden, nennen die Befragten mangelndes Wissen (40 Prozent). Etwa jeder Dritte scheut das Risiko, Geld zu verlieren. Auch die Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind laut der Umfrage deutlich. So erklären 33 Prozent der Männer, sich nicht gut genug auszukennen, um in Aktien und ETFs zu investieren, aber 46 Prozent der Frauen. Verluste scheuen 25 Prozent der männlichen und 34 Prozent der weiblichen Befragten. Männer legen laut der Studie ihr Geld auch deutlich häufiger in Aktien, Fonds oder auch Kryptowährungen an als Frauen. Während 26 Prozent der Männer in Aktien investieren, sind es bei den Frauen lediglich 15 Prozent. Bitcoin oder Ethereum haben 25 Prozent der Männer und zehn Prozent der Frauen im Portfolio.
Nur 34 Prozent der Befragten schätzen den Effekt der Inflation richtig ein

Grundsätzliche Lücken in der Finanzbildung werden in der Studie deutlich. So kennen sich zwar nach eigener Einschätzung rund 70 Prozent der Befragten sehr gut oder eher gut mit dem Thema Geldanlage aus. Nur knapp jeder Zweite kann jedoch spontan eine Frage zur Verzinsung eines Anlagebetrages richtig beantworten und nur 34 Prozent der Befragten schätzen den Effekt der Inflation korrekt ein.

Die Umfrage zeigt auch: Schweizerinnen und Schweizer sparen für Notfälle, Ferien und Altersvorsorge. Kapitalanlage nennen lediglich 18 Prozent als Sparziel. Ein Viertel legt dafür monatlich mehr als 500 Franken zurück. 30 Prozent allerdings sparen weniger als 100 Franken, 10 monatlich mehr als 500 Franken zurück. 30 Prozent allerdings sparen weniger als 100 Franken, 10 von 100 Schweizerinnen und Schweizer schaffen nicht einmal das. Hauptgrund: «Sparen ist finanziell nicht möglich.»

Ausgaben aus dem Bauch heraus
Dazu passt, dass viele längst die Übersicht verloren haben und ihr Geld nach Bauchgefühl ausgeben – obwohl sie eigentlich langfristig denken, möchten in finanziellen Fragen (79 Prozent). Bei steigenden Preisen und Inflationsdruck wird zudem Sparen und Geldanlegen wieder interessanter: in der Altersklasse 18 bis 29 Jahre mit 77 Prozent der Befragten am stärksten. Sie informieren sich aber eher bei Familie und Freunden (31 Prozent) als beim Bankberater (26 Prozent). Immerhin wird diesem etwas mehr Kompetenz zugesprochen (33 Prozent gegenüber 28 Prozent).

Grosses Interesse an innovativen Bankservices
Über alle Altersgruppen hinweg wünschen sich rund 60 Prozent von ihrer Bank eine aktivere Rolle beim Finanzmanagement. Dies liesse sich mittels automatisierter Services wahrnehmen, die niederschwellig beim Sparen und Geldanlegen unterstützen. So wären für drei Viertel der Befragten zum eigenen Einkaufsverhalten passende Rabattcoupons ein interessantes Angebot. Rund 70 Prozent würden es begrüssen, wenn sie gewarnt werden, wenn sie ein selbstgestecktes Ausgabenlimit erreichen. 62 Prozent würden ihre Ausgaben auf Einsparpotenziale prüfen lassen. 56 Prozent würden einen Service nutzen, bei dem beim Einkaufen die Differenz zu aufgerundeten Rechnungsbeträgen automatisch in Fonds, ETFs oder KryptoAssets investiert wird.

Ein wichtiger Hinweis für Banken: Knapp 60 Prozent der Befragten wären bereit zu einer Bank zu wechseln, die solche sogenannten Educational Banking Services anbietet, die zum bewussteren Umgang mit ihrem Geld und den Einstieg in die Kapitalanlage animieren.

„Unsere Umfrage zeigt eindrücklich, dass Schweizer Banken gut daran täten, das Thema Financial Literacy prioritär zu behandeln. Denn hier besteht tatsächliches Differenzierungspotenzial. Ihre unterschiedlichen Zielgruppen erwarten eine personalisierte Ansprache sowie neue Services und Weiterbildungsangebote –auch in Kombination mit GamifactionAspekten. Auch das Metaverse bietet im Bereich der Finanzbildung neue Möglichkeiten, mit welchen sich Banken bereits heute auseinandersetzen sollten“, kommentiert Stefan Hirzel, Leiter Banking bei Zühlke Schweiz, die Ergebnisse. (Zühlke/mc/pg)

Financial Literacy – wie Banken neuen Mehrwert generieren können

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