US-Behörden erhalten vorläufig Daten nur einer Bank

SEC

Bern – Die Strafverfolgungsbehörden der USA erhalten von der Schweiz vorläufig die codierten Daten nur einer Bank. Insgesamt laufen derzeit zwei Amtshilfeverfahren gegen zwei Schweizer Banken. «Die Finma führt seit längerem ordentliche Amtshilfeverfahren auf Ersuchen der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Geschäften von zwei Schweizer Banken», sagte Tobias Lux, Sprecher der Finanzmarktaufsicht Finma auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Gegenstand der Untersuchung der SEC seien allfällige Verletzungen von US-Aufsichtsrecht.

Im Rahmen dieser Verfahren hatte die amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC schon im vergangenen Jahr codierte Bankgeschäftsdaten erhalten. Nun wurden im Rahmen des einen Verfahrens Daten an die US-Justiz übermittelt. Den Namen der betroffenen Bank wollten am Mittwoch keine der involvierten Behörden und Banken bekannt geben. Damit sind die anderen Banken, die im Visier der US-Justiz sind, jedoch nicht aus dem Schneider. Daten dürfen im Rahmen von ordentlichen Amtshilfe- und Rechtshilfeverfahren codiert übermittelt werden.

Unübersichtlicher Steuerstreit

Das neue Kapitel im Steuerstreit mit den USA nahm gemäss Bundesamt für Justiz (BJ) am 9. Dezember 2011 seinen Anfang. Damals forderte das US-Justizministerium einzelne Schweizer Banken direkt auf, ihm bis Ende Jahr Unterlagen über ihr USA-Geschäft zu liefern. Die Unterlagen sollten als Beweismittel in Strafuntersuchungen oder zur Erzielung von Vergleichen dienen. Offenbar taten dies einige Banken. Die Basler Kantonalbank (BKB) habe «Ende 2011 gemeinsam mit anderen Instituten gewisse anonymisierte Daten an die zuständigen US-Stellen übergeben», bestätigte BKB-Sprecher Michael Buess auf Anfrage einen Bericht von Schweizer Radio DRS vom Mittwochabend. «Das Bankkundengeheimnis bleibt also gewahrt», sagte Buess zur Nachrichtenagentur sda.

Verstoss gegen Schweizer Recht
Die Auslieferung anonymisierter Informationen durch die BKB sei immer im Rahmen der für die Lösungsfindung erforderlichen Kooperation und im Einklang mit den hierfür geltenden behördlichen Vorgaben erfolgt. «Gemäss unserem Kenntnisstand liegt für die Basler Kantonalbank keine Amtshilfe/Rechtshilfe vor.» Die direkte Herausgabe von Dokumenten mit Namen von Mitarbeitenden oder anderen Dritten verstösst aber gegen schweizerisches Recht. Banken, die Daten direkt an die USA liefern, würden die Gefahr laufen, gegen den Strafgesetz-Tatbestand der Handlung für einen fremden Staat zu verstossen, wie das BJ erklärt.

Dies musste einmal mehr auch den USA klar gemacht werden: Die Schweizer Behörden «haben im Rahmen verschiedener Kontakte die US-Behörden auf diese Rechtslage hingewiesen und Lösungsvorschläge unterbreitet», erklärte BJ-Sprecher Folco Galli. Konkret: «Die Übermittlung der verlangten Geschäftsunterlagen muss über den gesetzlich vorgesehenen Weg der Amts- oder Rechtshilfe gestützt auf ein Ersuchen des US-Justizministeriums erfolgen.»

US-Justiz braucht O.k. der Schweiz
Deshalb ist das US-Justizministerium am 5. Januar in der Schweiz vorstellig geworden. Das Ministerium bat um die Unterlagen einer Bank – Unterlagen, die bereits im Jahr 2011 im Rahmen eines solchen Amtshilfeverfahrens an die US-Börsenaufsichtsbehörde geliefert worden waren, aber wegen der Schweizer Gesetze nicht direkt von der SEC an das Justizministerium weitergegeben werden konnten. Das Ministerium ersuchte also die Finma um die Weiterleitung der Daten. Die Finma wiederum bat das BJ zu prüfen, ob die Daten denn auch weitergeleitet werden dürfen.

Das Bundesamt für Justiz hat laut Galli «rechtshilfefähige Delikte» festgestellt und einem Datentransfer zugestimmt. Daraufhin beschloss die Finma am 30. Januar, «dass für eine Bank codierte Daten an das US-Justizministerium weitergeleitet werden dürfen».

Codiert und decodiert

Somit erhielt die amerikanische Börsenaufsicht grünes Licht, die Unterlagen an das US-Justizministerium weiterzuleiten. In einzelnen Fällen gar decodiert: «Unterlagen zu einzelnen durch das US-Justizministerium bereits angeklagten Mitarbeitern können decodiert durch die SEC dem US-Justizministerium übermittelt werden», erklärte Galli weiter. Decodierte Namen können gemäss Bundesrat nur in Einzelfällen und im Rahmen ordentlicher Amtshilfe- oder Rechtshilfeverfahren übermittelt werden. Die Person muss zudem gemäss amerikanischem und schweizerischem Recht strafbar gehandelt haben – gemäss geltendem Doppelbesteuerungsabkommen muss es um Steuerbetrug gehen.

Den Passepartout zur Decodierung sollen die USA erst erhalten, wenn eine Globallösung für die vergangenen Sünden der Banken verhandelt worden ist. Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf rechnet damit, dass der Streit noch dieses Jahr beigelegt werden kann.

Bundesrat schweigt
Trotz offener Fragen schweigt der Bundesrat zum Thema. Zwar hat er es an seiner Sitzung vom Mittwoch besprochen, aber beschlossen, keine weiteren Informationen zu liefern und Indiskretionen unkommentiert zu lassen. (awp/mc/ps)

Finma

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