US-Notenbank verschiebt Zinswende
Fed-Chefin Janet Yellen. (© US Government Work)
Washington – Die amerikanische Notenbank Fed spielt bei ihrer lang erwarteten Zinswende weiter auf Zeit. Wie die Federal Reserve am Donnerstag in Washington mitteilte, bleibt der Leitzins vorerst an der Nulllinie. Die Fed Funds Rate liegt damit in einer Spanne zwischen 0 und 0,25 Prozent. Auf diesem Niveau liegt der Zentralbankzins bereits seit Ende 2008, also seit der Finanzkrise vor sieben Jahren. Letztmalig hatte die Fed ihren Leitzins vor gut neun Jahren im Juni 2006 angehoben.
Die Erwartungen an die Geldpolitik der Fed waren im Vorfeld sehr unklar. Notenbankexperten waren gespalten, nur eine knappe Mehrheit hatte unveränderte Zinsen erwartet. Die Finanzmärkte lagen richtiger, dort wurde mit einer Verschiebung der Zinswende gerechnet. Dennoch gaben der Dollar und die Renditen am US-Anleihemarkt nach der Entscheidung spürbar nach.
Aussenwirtschaft bereitet Sorgen
In ihrer Erklärung zum Zinsentscheid hebt die Fed zwar hervor, dass die Binnenwirtschaft weiter wachse und die Lage am Arbeitsmarkt sich bessere. Allerdings bereitet der Notenbank das aussenwirtschaftliche Umfeld Sorgen: «Jüngste globale wirtschaftliche und finanzielle Entwicklungen könnten die wirtschaftliche Aktivität bremsen und Abwärtsdruck auf die Inflation ausüben.»
Fed-Chefin Janet Yellen sagte vor der Presse, diese Risiken bedürften der genauen Beobachtung. Konkret nannte sie die von China ausgehenden Finanzmarktturbulenzen und die Wachstumsschwäche in den Schwellenländern. Zudem habe sich der Ausblick für die Teuerung eingetrübt. Die zuletzt gefallenen marktbasierten Inflationserwartungen müssten ebenfalls genau beobachtet werden. Die schwache Inflation, auch eine Folge des Ölpreiseinbruchs, gilt als grosses Hindernis für rasche Zinsanhebungen.
Langsamer Straffungskurs
Die Fed versicherte abermals, die erste Zinsanhebung nach der Finanzkrise werde kommen, wenn sich der Arbeitsmarkt weiter bessere und man zuversichtlich sein könne, dass die Inflation in Richtung des Fed-Ziels von zwei Prozent steige. Notenbankchefin Yellen hob hervor, dass die Zinswende auf jeder geldpolitischen Sitzung eingeleitet werden könnte – also auch auf solchen ohne anschliessende Pressekonferenz. Die Fed könne auch kurzfristig eine ausserplanmässige Pressekonferenz einberufen, um die Zinswende zu erläutern, sagte Yellen. In diesem Jahr tagt die Fed noch zweimal, im Oktober und im Dezember.
Wie neue Zinsprognosen der Fed zeigen, rechnet immer noch eine klare Mehrheit im geldpolitischen Ausschuss mit der Zinswende in diesem Jahr. Allerdings spricht die Prognose für 2015 für nur noch eine Zinsanhebung in diesem Jahr. Zudem wurden die Zinsprognosen für 2016 und 2017 gesenkt. Das spricht für eine moderatere Zinsstraffung im Laufe der Zeit. Ihre Wachstumsprognose hob die Fed für dieses Jahr an und senkte sie für 2016. Die Inflationsprojektionen wurden etwas gesenkt.
Ein Abweichler im FOMC
Die Fed-Vorsitzende versuchte mehrfach, die Bedeutung der Zinswende herunterzuspielen. Viel wichtiger als der Zeitpunkt einer ersten Zinsanhebung nach der Krise sei der daran anschliessende Zinspfad, also das Straffungstempo in den kommenden Jahren. Yellen bekräftigte, dass der Straffungskurs wohl moderat ausfallen werde.
Die Entscheidung, die Zinswende aufzuschieben, fiel im geldpolitischen Ausschuss FOMC nicht einstimmig. Jeffrey Lacker, Fed-Chef aus Richmond, sprach sich für eine Zinsanhebung um 0,25 Punkte aus. Er wurde allerdings von den restlichen neun stimmberechtigten Notenbankern überstimmt. Lacker gilt als Vertreter einer eher strafferen Geldpolitik, er ist Zinsanhebungen also eher zugeneigt. (awp/mc/upd/ps)