US-Notenbank stellt schwächere Zinserhöhungen in Aussicht
Washington – Die US-Notenbank Fed könnte bereits im Dezember ihre Leitzinsen weniger deutlich als zuletzt anheben. «Die Zeit für einen kleineren Zinsschritt könnte bereits auf dem nächsten Treffen kommen», sagte der Vorsitzende der Notenbank Jerome Powell am Mittwoch nach der Zinsentscheidung in Washington. Es werde «wahrscheinlich» eine Diskussion darüber im Dezember geben.
Die Fed hat am Mittwoch den Leitzins zum vierten Mal in Folge um 0,75 Prozentpunkte angehoben. Es sei aber «sehr verfrüht», um über eine Pause bei den Zinserhöhungen nachzudenken, sagte Powell. Man habe noch «einigen Weg» bei den Zinsen zu gehen. Es brauche Zeit und Geduld, um die Inflation zu drücken.
Die Zinsen dürften insgesamt stärker steigen als man dies zuvor erwartet habe, sagte Powell. Schliesslich sei die Inflation weniger gesunken als prognostiziert. «Die Inflation ist nach wie vor hoch», so Powell. Man werde aber bei den künftigen Erhöhungen die bisherigen Schritte und die Wirkungsverzögerungen der Geldpolitik berücksichtigen.
Mit der Erhöhung um 0,75 Punkte liegt der Zins nun in der Spanne von 3,75 bis 4,00 Prozent. In diesem Jahr hat die Fed den Leitzins insgesamt bereits sechs Mal angehoben. Anfang März hatte er noch in einer Spanne von 0,0 bis 0,25 Prozent gelegen. Hintergrund der deutlichen Straffung ist die sehr hohe Inflation. Im September lag die Inflationsrate in den USA bei 8,2 Prozent. Die Fed strebt eine Rate von lediglich zwei Prozent an.
Konsum und Produktion steigen weiterhin moderat
Die jüngsten Konjunkturdaten würden weiterhin auf ein moderates Wachstum bei den Konsumausgaben und der Produktion hindeuten, heisst es in einer Mitteilung der Fed. Der Arbeitsmarkt sei in den letzten Monaten robust geblieben und die Arbeitslosigkeit niedrig. Die Fed schaut genau auf den Arbeitsmarkt, da die Knappheit an Arbeitskräften die Löhne treibt. Dies erschwert die Inflationsbekämpfung. Eine Preis-Lohn-Spirale sieht Powell aber noch nicht. Dies müsse jedoch verhindert werden
«Die Fed sieht angesichts der Wirkungsverzögerungen der Geldpolitik das Risiko, dass sie zu restriktiv wird», schreibt Bernd Weidensteiner, Analyst bei der Commerzbank. «Allerdings hält Powell dieses Risiko für deutlich geringer als die Gefahren, die mit einem zu frühen Nachlassen bei der Inflationsbekämpfung verbunden wären.» Weidensteiner rechnet im Dezember mit einer Zinserhöhung um 0,50 Prozentpunkte und Anfang 2023 nur noch mit kleineren Schritten.
Die Finanzmärkte legten eine Berg- und Talfahrt hin. Der Euro stieg nach der Entscheidung zum Dollar an. Nachdem Powell jedoch klargemacht hatte, dass noch kein Ende der Zinserhöhungen in Aussicht sei, gab der Euro alle Gewinne wieder ab und fiel auf ein Tagestief. Auch die US-Aktienmärkte notierten zuletzt im Minus. Die Renditen von US-Staatsanleihen legten nach zeitweisen Verlusten zu. (awp/mc/ps)